Eine Zwergenbastion für einen Kleinststaat inmitten eines Mini-Meeres: Das ist der Wihelmstein, die künstliche Festungsinsel im Steinhuder Meer und erklärtes Lieblingsausflugsziel für Leute, die nicht gern stundenlang spazieren gehen. Denn der Wilhelmstein misst nur 100 mal 100 Meter.
Die klassische Passage zum Wilhelmstein erfolgt mit Auswanderern, stabilen Segelbooten, die angeblich niemals umkippen und bis zu 30 Passagiere transportieren können. Die Holzjollen haben keinen festen Fahrplan. Sie starten, sobald sich 8 Fahrgäste gefunden haben. Doch das will heute nicht so recht klappen.
„Seit 2 Stunden ist es wie abgerissen“, teilt uns die Kartenverkäuferin beim Anleger Ratskeller bedauernd mit. Und dann ruft sie ihre Kollegin „drüben“ an; am anderen Ende der Promenade. Die hat auch schon zwei Ausreisewillige eingesammelt. So schlendern wir geschätzte 500 Meter weiter zum zweiten Anleger von Steinhude, um mit den anderen zwei Passagieren auf weitere vier Ausflügler zu warten.
Aber die kommen nicht. Vielleicht liegts am Wetter? Zwar ist es warm; doch bedeckt. Und da traut sich vielleicht nicht jeder auf die offene See hinaus.
Die Einheimischen sprechen mit einer Selbstverständlichkeit von ihrem Meer, die einen schnell vergessen lässt, dass es sich beim Steinhuder Meer „nur“ um einen See handelt. Er ist allerdings der größte See von Niedersachsen. Etwa 8 km lang und 4,5 km breit. Da kann man natürlich schon Respekt haben.
Und bevor wir gar nicht mehr rüberkommen, entscheiden wir uns nach einer Dreiviertelstunde Wartezeit für den offiziellen Ausflugsdampfer.
Der Ausflugsdampfer ist auch irgendwie historisch. 50er Jahre oder so. Jedenfalls dröhnen die Schiffsmotoren ganz gehörig. Und wie das am Meer eben so ist: Kurz bevor wir den Wilhelmstein erreichen, reisst der Himmel auf und alles ist in Sommerlicht getaucht.
Eine wunderbare Stille tritt ein, als der Dampferkapitän die Motoren abstellt. Die Ausflugsdampfer sind die einzigen Fahrzeuge, die auf dem Steinhuder Meer Krach machen dürfen. Hier gibts keine Jet Skis oder Motoryachten. Hier gibts nur Segler. Und die haben es ja bekanntlich selber gern ruhig.
Einst thronte die sternförmige Schanze mit vier Bastionen und einer Zitadelle inmitten von 16 Nebeninseln, auf denen sich Magazine, Werkstätten, ein Lazarett, eine Mühle und Unterkünfte befanden. Heute sind die insgesamt 17 Inseln zu einer zusammengefügt.
Jahrelang verpflichtete Graf Wilhelm zu Schaumburg-Lippe seine 17.000 Untertanen, täglich 30 qm Sand, Steine und Kies herbeizuschaffen, um eine Inselfestung im Nichts zu errichten. 1761 begannen sie damit. 5 Jahre später waren sie fertig. Auf so was muss man auch erst mal kommen.
Heute ist der Wihelmstein ein beliebtes Ausflugsziel. Von 2005 bis 2009 wurden die historischen Inselgebäude renoviert. Und zwar ganz wunderbar und liebevoll. Von den ehemals 16 Gebäuden existieren noch 9. Sie beherbergen u.a. ein Restaurant, einen Inselladen, ein Seminarhaus und verschiedene Ausstellungsgebäude
Auf dem Wilhelmstein kann man heiraten, Feste feiern, übernachten oder einfach nur so im Quaree rumschlendern. Absperrungen und Verbote gibts nicht. Im Gegenteil. Zwischen den Gebäuden warten die Exponate einer Freiluft-Ausstellung des Kunstvereins Meerkunstraum e.V..
Bei Fassbrause unter der uralte Eiche beim Inselimbiss ist es schwer zu glauben, dass der Aufenthalt auf dem Wilhelmstein einst als gesundheitlich bedenklich galt. Maximal 10 Tage am Stück versahen die Soldaten hier ihren Dienst.
Um die Härte des Insellebens zu erfassen, muss man in die Festung hinein. 3,50 kostet die Eintrittskarte in die ehemalige Kriegsschule nebst Gefängnis, die heute im Wesentlichen von Schwalben bewohnt wird.
Für Hamburger Pfeffersäcke ist die Vorstellung ziemlich witzig, dass die Festung Wilhelmstein einem Fürsten gehört. Glanz und Gloria kennen wir ja gar nicht, höchstens Fürsten der Unterwelt. Der Wilhelmstein gehört zum Haus Schaumburg-Lippe, die auf Schloss Bückeburg residiert. (Alles Wissenswerte über den Wilhelmstein findet man unter dem Menue-Punkt „BESUCHER“.)
Eins muss ich sagen: Alexander von Schaumburg-Lippe kümmert sich wirklich hervorragend um den Wilhelmstein oder hat einen ziemlich guten Geschmack. Es gibt nichts Hässliches oder Störendes auf der kleinen Insel, so dass man gar nicht wieder weg möchte. Wir jedenfalls sind bis zum letzten Boot geblieben.
Auf dem Rückweg sind wir dann doch noch auf einem Auswanderer gelandet, was definitiv die schönere Art ist, das Steinhuder Meer zu überqueren. Und überhaupt, solltet Ihr mal in der Nähe sein (zum Beispiel auf der A2 zwischen Dortmund und Hannover), ist der Wilhemstein einen Besuch wert.
Falls man nicht in der Nähe ist, sondern extra anreist, hier noch ein paar Tipps für´s Steinhuder Meer
Schlafen: Vom selbstgebackenen Rosinenbrötchen bis zum Schweizer Wurstsalat gibt es nichts, was es am Frühstücksbuffet im Hotel Ingrid nicht gäbe. Ingrid Seidlitz, die gute Seele des einzigen 4-Sterne Hauses am Steinhuder Meer, sorgt persönlich dafür, dass jeder Gast ordentlich isst, ruhig schläft und für ein W-Lan, dass die Küstenbewohner anderer deutscher Meere vor Neid erblassen lässt.
Speisen: Das Restaurant Alter Winkel an der Seepromande ist eines der ältesten Gasthäuser am Steinhuder Meer. Gepunktet wird mit tagesfrischem Fisch, Bratkartoffeln und derzeit Spargel, Spargel, Spargel.
Einkaufen: Aale, Aale, Aale. Makrele. Lachs. Forelle. Seit 1801 fischt und räuchert Familie Schweers am Steinhuder Meer. Die Aalräucherei mit Hofladen, Restaurant und Sommerterasse duftet weit über die Winkelgasse hinaus.
Erleben: Das Meer in jeder Form. Segeln, Baden, Kiten, SUP. Wer sich einen umfassenden Eindruck über die Möglichkeiten machen möchte, startet am besten mit der klassischen Radtour rund um das Steinhuder Meer. Die ist sowas von vielfältig, dass sie einen eigenen Beitrag verdient. Davon also demnächst mehr…
Das Team vom Tourismus Marketing Niedersachsen hat uns eingeladen, das Steinhuder Meer zu erkunden. Wir bedanken uns ganz herzlich für Kost, Logis und die allerbeste Reiseorganisation durch Mandy.
Och, das ist ja schön! Da müssen wir hin! Gefällt mir!
Das gefällt mir nun wiederum 🙂
Von so einer Insel habe ich noch nie gehört – klingt mal wieder total vielversprechend!!!
Ja, also wenn Du das nächste Mal zur Igedo fährst… kleine Rast … 🙂
Wie oft bin ich da auf der Autobahn schon dran vorbeigefahren, aber dass es da eine Insel gibt, wusste ich auch nicht.
Das mit dem Fahrrad wäre ja sicherlich auch was für uns?!
Liebe Grüße vom “ Seele baumeln lassen am Meer “ (Kroatien)
Eva
Hallo Eva, Ihr seid im Urlaub! Wie schön. Und die Radtour kommt demnächst ausführlich. Dann kannst Du Dir Dein eigenes Bild machen. Liebe Grüße, schönes Wetter und eine schöne Zeit im Süden, Stefanie
Ja, Wilhelmstein und sowieso das Steinhuder Meer sind immer einen Besuch wert. Ein Meer mit Insel kurz vor Hannover! Zwar keine Nord- oder Ostsee, aber schön! Ich war als Kind dort früher mit Freundinnen oft segeln und hab so manchen alten versunkenen Hammer vom schlickigen Boden hochgeholt. Das war kein Problem, denn das Steinhuder Meer ist sehr flach und irgendwie waren meine Füße scheinbar magnetisch 🙂 LG Simone
Hammer? Wieso Hammer? Ist ja witzig. Wie flach das Steinhuder Meer ist, hat uns total gewundert. Deswegen fühlen sich die Kiter vermutlich auch so wohl. Liebe Grüße, Stefanie
Ja, Hammer 🙂 Anscheinend sind die beim Stegbau ständig reingeplumpst. 🙂
Ich wollte ja schon immer einmal auswandern! Danke für den Tipp : ) Wenn ich ans Steinhuder Meer denke, dreht sich mir allerdings immer der Magen um: Ich hab dort mal zu viel Aal gegessen und den mit noch mehr Schnapps hinuntergespült … Am nächsten Tag kam das Malheur … Aber ich würde riskieren, noch einmal hinzufahren, um auf die schöne kleine Insel überzusetzen. Sieht ganz zauberhaft aus! Liebe Grüße, Jutta
Oh, oh, oh, zu viel Aal klingt noch schlimmer als zu viel Schnaps. Offenbar ist das Auswandern zum Wilhelmstein risikoreicher als ich dachte. Liebe Grüße zurück, Stefanie
Danke für den schönen Bericht. Von der Insel wusste ich bisher nichts. Ich fahre im August mit Mann und Sohn zum Kurzurlaub an das Steinhuder Meer. Wir wollen den Dinopark anschauen.
Hallo Kerstin – mit Mann und Sohn ist der Dinopark bestimmt das Richtige. (Im Kurpark von Steinhuder steht auch einer – und die Kinder mit großen Augen davor). Die Insel lohnt sich auf alle Fälle – unbedingt einplanen. Und ganz viel Spaß auf Eurem Kurztrip, Stefanie
[…] jetzt noch nicht vom Meer lösen mag, setzt sich in einen Biergarten mit Meerblick, erobert den Wilhelmstein oder springt einfach […]
Gerade bin ich zufällig über diesen blog gestolpert – wie schön!
Vor ein paar Wochen musste ich mal ein Wochenende raus und wollte nicht zu weit weg.Jedenfalls ist es das Steinhuder Meer geworden, und ich habe ein grossartiges und entspanntes Wochenende nur eine Stunde von zu Hause verbracht.
Und nun werde ich von Euren Erfahrungen profitieren und bald die nächste Auszeit planen….
Dann mal herzlich Willkommen auf dem Blog, liebe Hasira. Schön, dass Du hergefunden hast. Ich find ja, kleine Auszeiten in der Nähe tun ungemein gut. Sie fühlen sich „viel länger und weiter weg“ an. Liebe Grüße, Stefanie
wer hat denn schon mal auf der Insel geschlafen und zwei nächte dort verbracht? ist das auszuhalten oder will man nach der ersten nacht doch wieder an Land weil die ruhe zu bedrückend???
Gute Frage, Elfriede – das würde mich auch interessieren 🙂
Vielen Dank für diesen Artikel, den ich schon vor einer ganzen Weile gelesen und abgespeichert habe. Mittlerweile waren wir sogar schon zwei Mal am Steinhuder Meer und einmal davon auf der Festungsinsel. Am Steinhuder Meer gibt es so viele schöne Orte, wir werden bestimmt noch oft hinfahren. 🙂
Hallo Windmeer – das freut mich aber. Gerade vorgestern habe ich im Radio gehört, dass die Buchungszahlen am Steinhuder Meer diese s Jahr sensationell waren. Dazu hast Du dann ja Deinen Teil mit gleich 2 Besuchen beigetragen. Vielen Dank für Deinen Kommentar und liebe Grüße, Stefanie