Für unsere viertägige Wanderung auf dem Fördesteig hätten wir gar keinen besseren Tag wählen können als genau diesen Sonnabend im Mai. Das wird uns schon auf dem ersten Kilometer vom Flensburger Bahnhof bis zur Hafenspitze klar. Das Glück potenziert sich (ist ab sofort eigentlich gar nicht mehr zu fassen), als wir den westlichsten Punkt der deutschen Ostseeküste erreichen. Der wolkenlose Frühlingshimmel in RAL 5012 Lichtblau spannt sich über die dunkle, seidige Flensburger Förde. Meine Wanderpartnerin und ich müssen uns erst einmal innerlich zwicken. Obwohl man beim Wandern natürlich immer das Beste hofft, wagt man (als gebürtige Schleswig-Holsteinerin) niemals, das Allerbeste zu erwarten. Man wills ja nicht beschreien.
Eigentlich beginnt der vom NABU konzipierte Langstreckenwanderweg bereits 5,5 km zuvor an der deutschen-dänischen Grenze. Doch dafür hätten wir vom Bahnhof noch einen Bus zum Strand von Wassersleben nehmen müssen – was im Prinzip auch absolut empfehlenswert ist – aber eben nicht nach einer zweistündigen Zugfahrt von Hamburg durch den norddeutschen Frühling. Dann will man nur noch raus in die Herrlichkeit.
Der Fördesteig – 95 km Herrlichkeit
Die ganze Welt ist heute himmelblau, maigrün, gesprenkelt mit knallgelben Tupfen von Löwenzahn und erstem Raps. Und außerdem haben wir ja auch von der Hafenspitze aus noch genügend Kilometer vor uns. 90 um genau zu sein. Also dann: los jetzt.
Der Fördesteig begleitet die Flensburger Innen- und Außenförde, führt weiter an der Geltinger Bucht zur offenen Ostsee und knickt bei Maasholm zur Schlei ab, wo er in Kappeln endet. Der gesamte Weg ist unheimlich gut beschildert. Auf der Strecke gibt es eigentlich nur 3 – 4 knifflige Stellen. Die erste befindet sich gleich wenige hundert Meter hinter der Hafenspitze. Dort ist man noch so gefangen vom Zauber der Wasserkante, dass einem leicht der kleine blaue Pfeil nebst Förde-Silhouette entgehen kann, der Fördersteigwanderer am Lautrupsbach in den Volkspark hinaufschickt.
Was ist das Wunderbarste auf diesen ersten 7 städtischen Kilometern auf dem Fördesteig? Das perfekte Wanderwetter, das uns selbst bei teilweise ordentlichen Auf- und Abstiegen nicht ins Schwitzen bringt? Die prächtigen Ausblicke auf Stadt und Förde, von der die Flensburger (zu Recht!!!) behaupten, sie sei die schönste Förde der Welt? Oder die Ruhe in den Seglerhäfen, an versteckten kleinen Stränden und in den leuchtenden Buchenwäldern? Das hier so wenig los ist, hatten wir nicht erwartet.
Wir tippen, dass die Flensburger erst einmal ihre Wochenendeinkäufe erledigen. Später wird es sicher pickepacke voll werden. Umso mehr genießen wir, dass jenseits der Badeanstalt von Solitüde noch weniger Menschen unterwegs sind als zuvor. So haben wir den wunderbaren Forst Wille beinahe für uns allein. Frühlingswälder sind ja ohnehin eine Wucht, aber Buchenwälder toppen das Ganze noch einmal. Und wenn sie steil an die Ostsee abfallen, ist maximale Ästhetik erreicht.
Wandern auf dem Fördesteig, Tag 1: Halbzeit in Glücksburg
Glücksburg erreichen wir pünktlich zum Mittagessen. Tatsächlich herrscht in dem Seebad schon ein wenig Urlaubsstimmung. Hunde tollen am Strand. Segler tüdeln an ihren Booten. Kinder buddeln im Sand. Spaziergänger flanieren auf dem Fördeboulevard. Der ein oder andere Strandkorb ist vermietet. Doch alles recht entspannti-manti. Mein letzter Besuch ist noch gar nicht so lange her. Im Herbst logierten wir im Glücksburger Strandhotel – und wie immer würde ich auch heute gern länger bleiben. Ich mag die nördlichste Stadt Deutschlands einfach (obwohl sie sich gar nicht so nördlich anfühlt).
Fördesteigwanderer, die nicht ständig im äußersten Norden Nordeutschlands unterwegs sind und deshalb alles noch ein bisschen intensiver betrachten möchten als ich, könnten in Glücksburg übrigens ganz gut ihr Nachtlager aufschlagen. 1.) wären hier vom tatsächlichen Startpunkt in Wassersleben aus etwa 16 km geschafft – eine prima Distanz für einen Anreisetag – selbst wenn man erst gegen Mittag loslegen kann. 2) Bietet Glücksburg genügend reizvolle Spaziergänge, die man zusätzlich noch absolvieren könnte, wenn einem 16 km zu wenig erscheinen. Und 3.) findet man in Glücksburg garantiert ein Zimmer für 1 Nacht. Das ist längst nicht überall entlang des Fördesteigs der Fall.
Das Schwierigste am Fördesteig sind die Unterkünfte
Richtige, echte Fernwanderer – also solche mit Zelten auf dem Rücken – geraten auf dem Fördesteig nie in Schwierigkeiten. Sie müssen nicht einmal vorher die Tour abstecken. Campingplätze finden sich hier alle naselang. Hotels gibt es hingegen nur wenige. Und genau wie die zahlreichen Vermieter von Ferienhäusern und -wohnungen mögen die Hoteliers ihre Betten zwischen Mai und Oktober nicht gern für eine Nacht hergeben. Frühzeitig planen ist also Pflicht (ein Puzzlespiel wird´s trotzdem).
Wir haben das Übernachtungsdilemma mit einem Ferienhaus gelöst und einer weiteren Teilzeitwanderin, die uns manchmal begleiten, manchmal abends einsammeln und manchmal morgens zur richtigen Stelle kutschieren wird – je nachdem. Es fühlt sich zwar ein bisschen wie Schummeln an. Aber wer hat eigentlich gesagt, dass Fernwanderungen spartanisch sein müssen? Ich schon mal nicht. Außerdem liegt das Ferienhaus (das einen eigenen Beitrag verdient, der hier zu finden ist) strategisch perfekt; ziemlich genau auf der Mitte des Fördesteigs, so dass sich die Autofahrerei in Grenzen halten wird.
Die beste aller Notlösungen: 3 Frauen und ein Ferienhaus
Jedenfalls. Die Teilzeitwanderin stößt mit ihrem Hund (♥) in Glücksburg dazu. Die Stimmung ist prächtig. Die Kartoffelsuppe im Bistro Sandwig enttäuschend. (Sie schmeckt nach Kürbis & Kokos, weiß der Geier, warum. Da man im Sandwig aber am allerschönsten sitzt, mag ich´s trotzdem empfehlen. Mit den Burgern kann man nichts verkehrt machen.) Gemeinsam machen wir uns Richtung Holnis auf. Der Weg verläuft noch eine Weile weiter am Fördeufer, knickt dann für zwei knappe Kilometer ins Landesinnere, bevor er in Schausende wieder das Wasser erreicht.
Seit ich das letzte Mal über Holnis streifte, habe ich sehr häufig gelesen, auf der Halbinsel sei viel zu viel los. Ich hatte schon befürchtet, man dürfte einen Ausflug auf die nördlichste Spitze des deutschen Festlandes gar nicht mehr empfehlen. Aber ich finde, es könnte durchaus voller sein, als auf der Halbinsel Holnis an einem Sonnabendnachmittag im Mai bei Kaiserwetter.
Keine Ahnung, ob die Flensburger und Glücksburger alle noch beim Einkaufen sind. Oder sich auf ihren Segelbooten rumtreiben. Oder sich in ihre riesigen, riesigen Gärten mit Fördeblick zurückgezogen haben. Und überhaupt die Grundstücke! Addiere ich jedes Mal, an dem ich in meinem Leben „oh, guck mal das Haus da“ gesagt habe, komme ich zusammengenommen vermutlich nicht auf die Frequenz des heutigen Tages. Die Leute leben an der Flensburger Förde geradezu kitischig schön. So was kann es gar nicht geben, denkt man. Tut es aber eben doch.
Holnis streckt sich wie ein Finger weit in die Förde hinein. Fast tippt die Halbinsel dabei die dänische Südküste an. So verlaufen hier gleich zwei Grenzen; die zu unseren Nachbarn und die Grenze zwischen Flensburger Innen- und Außenförde. Man spürt es ganz deutlich, wenn man das (von außen) zauberhafte Fährhaus in Holnis Spitze erreicht hat. Der Wind wird aufeinmal frischer, die Förde schlägt jetzt Wellen und das „echte“ Ostseefeeling setzt ein.
Auf den letzten Kilometern denke ich sogar darüber nach, meine Jacke rauszuholen. Da ich mich mittlerweile in dem Zustand befinde, wo jede zusätzliche Aktivität gut überlegt sein will, bin ich gerade erst soweit, den Rucksack abzunehmen, als unser Tagesziel auftaucht. Das Strandcafé von Holnis Drei. Dort erwarten uns Strandkörbe – und wenn man sich da hineinkuschelt, braucht man eh keine weitere Klamotten. Es ist überhaupt ein herrliches Gefühl nach 22 Kilometern in einem Strandkorb zu sitzen. Da darf sich das Taxi, das uns zurück zum Auto in Glücksburg bringen soll, ruhig Zeit lassen.
Morgen früh wird die Teilzeitwanderin uns genau hier wieder absetzen, wo jetzt einige Ponys ihren jugendlichen Reiterinnen durchgehen. Ich bin so angenehm erschöpft. Das mag ich besonders am Wandern. Und ich freue mich schon auf die nächste Etappe. Obwohl es schöner ja gar nicht werden kann. Sagt meine Wanderpartnerin. Aber das wollen wir erst einmal sehen. Wenn wir weiter auf dem Fördesteig wandern; an Tag 2 von Holnis nach Norgaardholz.
Ich hatte ganz vergessen, wie herrlich Holnis ist. Danke fürs Erinnern!!
Ja, gern geschehen. Ging mir seltsamerweise genau wie Dir. Dabei ist es ja eigetnlich viel zu schön dort, um es überhaupt zu vergessen.
Ja, schön ist das hier 🙂 Und immer wieder nehmen wir so eine Teilzeittour. Und solltet Ihr mal wieder wandern wollen, geginnt Eure Fördetour auf der Insel Als. Denn die Flensburger Förde zieht sich ja noch recht weit nach Dänemark. Der Gendarmstien ist so etwas wie die nördliche Verlängerung des Fördestiegs und ebenso ein ziemlich abwechslunsgreicher Traum. Und zur nördlichsten Spitze des Fördestiegs hätte ich euch gern gefahren, da darf man ruhig mal Netzwerke missbrauchen 🙂
Liebe Grüße Kai
Oh, das ist ja nett, Kai. Du hast Dir schon wirklich eine ganz tolle Ecke zum Leben ausgesucht. Auf dem Gendarmstien sind wir auch schon mal ein bisschen gewandert. Dabei habe ich festgestellt, dass ich in dieser Region die deutsche Seite wirklich hübscher (lieblicher) als Dänemark finde. Das will bei mir total was heißen, weil die Dänen so einen dicken Stein bei mir Brett haben. Allerdings kenne ich wirklich gut nur das Stück bis Sonderborg. Als muss ich mir echt irgendwann mal näher ansehen. Liebe Grüße nach Angeln, Stefanie
Wie schöööön, liebe Stefanie! Und dass Ihr auch noch so ein Glück Ihr mit dem Wetter hattet, einfach klasse. Besonders Deine Beschreibung von Holnis klingt interessant. Ich freue mich schon sehr auf die Fortsetzung. ?
Lieben Gruß, Martina
Jaaaa 🙂 (Es war fast unverschämt, welches Glück wir hatten. Bei der Forsetzung ähneln die Fotos beinahe Deinen vom letzten Sommer. Oder war´s der vorletzte? Na, Du wirst ja sehen.) Schönen Feiertag, Stefanie
Jetzt bin ich erst recht gespannt!?
Schön geschrieben und die Fotos sprechen für sich! 🙂
Werde ich mir auf jeden Fall für meinen nächsten Besuch in Norddeutschland vormerken 🙂
Liebe Grüße,
Andy
Vielen Dank, Andy – hoffentlich steht Dein nächster Besuch im Frühling oder Herbst an. Ich finde, das sind die schönsten Jahreszeiten da ganz oben. Liebe Grüße, Stefanie
Holnis ist für uns ja immer wieder Ausflugsziel, aber von FL nach GL wandern – das haben wir noch nie gemacht.
Überlege grad, ob das (mit Übernachtung in GL) nicht mal ein nettes Geburtstagsgeschenk wäre….. hmmmm…..
Liebe Fjonka, ich wäre begeistert über so ein Geburtstagsgeschenk. Zumal die Möglichkeit besteht, falls das Wetter nun so gar nicht passt, den Dampfer zu nehmen. Liebe Grüße, Stefanie
Tolle Eindrücke von diesem wunderschönen Teil der Ostseeküste. Und was für ein Glück hattet ihr mit dem Wetter! Wir bleiben ja in letzter Zeit immer weiter südlich in der Lübecker Bucht hängen (einfach wegen der Anreise). Ich denke, die Flensburger Förde ist unbedingt mal wieder fällig 🙂 Ich bin gespannt, wie es weiter geht. Liebe Grüße von Andrea
Liebe Andrea, ich kann mich noch gut an Eure Winterbilder von der Lübecker Bucht erinnern. Die waren wirklich wunderschön – im Sommerhalbjahr sind alle anderen Regionen aber deutlich entspannter. (Und gerade in Angeln gibt es auch mehr Möglichkeiten zum Baden für Hunde!). Schönes Wochenende, Stefanie
[…] wir richtig sind. Die Beschilderung ist heute nicht ganz so üppig gestreut wie auf der gestrigen Etappe von Flensburg nach Holnis. Und es gibt nun auch gar keinen Weg mehr. Erst als wir den Wald erreichen, ist beides wieder da. […]
[…] Fördesteig Tag 1 von Flensburg nach Holnis […]
Liebe Stefanie, sagt man nicht, wenn Engel Wandern gehen …? Fantastische Fotos – strahlender kann Wetter ja gar nicht sein.
Und als Ferienwohnungsvermieterin muss Dir leider Recht geben, so eine Nacht wird immer ungern angenommen. Vor allem an langen Wochenenden. Da hat man vielleicht eher kurzfristig Glück, aber das ist natürlich auch riskant. Auf Euer Ferienhaus bin ich schon sehr gespannt. Liebe Grüße, Ulrike
Liebe Ulrike, bei Ferienwohnungen verstehe ich das total. Der Aufwand wäre einfach zu groß. Wir hatten es zuerst bei Hotels versucht – auch dort sollte es nur auf standby-Basis gehen. Das war uns dann aber zu unsicher. War unterm Strich sowieso perfekt mit dem Ferienhaus. Liebe Grüße zurück, Stefanie
Ja, auf der kleinen Halbinsel Holnis gibt es wirklich eine Menge zu erleben. Ich war dort mit meinem Freund Mikka unterwegs und habe ähnliche Erlebnisse wie Du gehabt …
Viele Grüße vom Urlaubär
[…] Eine mehrtägige Wanderung unternehmen (erledigt) […]
[…] Fördesteig: Sollte ich den einen Lieblingsplatz an der Flensburger Förde nennen, näme ich den Fördesteig. Der Langstreckenwanderweg von Flensburg nach Kappeln ist ein einziges Vergnügen – genau wie […]
Moin Stefanie, was für schöne Fotos, da möchte ich auch gleich los wandern oder los radeln.
Ist der Fördesteig ein eigenständiger Wanderweg, oder gibt es Überschneidungen mit dem Ostsee-Radweg? Ist ja die gleiche Strecke.
vg, kv
Lieber kokkinos vrachos, der Fördesteig wurde vom NABU konzipiert. Er hat einige Überschneidungen mit dem Ostsee-Radweg, aber auch einige exklusive Abschnitte. Die sind meist wunderschön und nur für Wanderer machbar. Unwegsame Strandabschnitte, Moore, schmale Pfade usw. LG, Stefanie
[…] in all den Suchergebnissen für Fischfang untergeht? Wer weiß! Jedenfalls war unsere viertägige Wanderung auf dem Fördesteig von Flensburg nach Kappeln oft ein exklusives Vergnügen. Lebendige Strände wechseln hier im Mai […]
Moin Stefanie, danke für die Info, hatte ich mir schon so gedacht.
wünsche dir ne schöne Woche, kv
[…] sei Angeln im Mai (gemeint ist die Landschaft Angeln) und mein Lieblingsplatz in Angeln wäre der Fernwanderweg Fördesteig. Doch das muss ich um die wenigen Kilometer ergänzen, auf denen der Fördesteig die Küstenlinie […]
[…] Stippvisite in Dänemark verbinden. Und auf dem herrlichsten Fernwanderweg Norddeutschlands, dem Fördesteig, sind es von der Hafenspitze bis ins wunderbare, wunderbare Glücksburg 16 […]