Bei allen aktuellen Unsicherheiten und Unmöglichkeiten bin ich heilfroh über alles, das verlässlich wunderbar und möglich bleibt. Zu diesen guten Dingen gehören Wälder. Sie schwingen sich ja nun gerade zur Höchstform auf. Sind also prädestiniert, uns in den nächsten Wochen Trost zu spenden, Atempausen zu schenken oder wenigstens für einen Moment vollkommen zu bezaubern.
10 Walderlebnisse in Norddeutschland
Das Beste: einen Wald – oder wenigstens ein Wäldchen, einen Park, eine Grünanlage – hat jede/r in der Nähe. Das kann man also trotz aller Einschränkungen genießen. Zu meiner persönlichen Top Ten besonderer Waldmomente hat mich Lenny Löwenstern inspiriert. Er sammelt schöne Worte, wie andere Leute Pilze und hat »99 Waldwörter – zwischen Waldseligkeit und Wälderfinsternis« längst überschritten. So wie auch ich längst mehr als zehn empfehlenswerte Wälder kenne. Aber mehr schafft man in einem Herbst ja sowieso nicht.
1) Waldbaden bei Ratzeburg
Keine Ahnung, wie Shinrin-yoku funktioniert, dieses bewusste Eintauchen in den Wald, das die Japaner zu Vervollkommnung gebracht haben. Ich bin kein Typ, der Bäume umarmt. Und ich friere schnell. Darum muss ich im Wald recht zügig gehen, um mich wohlzufühlen. Bis ein Waldsee ins Spiel kommt. Dann werde selbst ich langsam. Nicht, dass ich mich auch nur einziges Mal in diesem Sommer in einen See getraut hätte. Aber ich habe in den Bildern gebadet. Seit ich in Mölln den versteckten Pinnsee fand, spaziere ich zu und zu gern mit einem Waldsee als Ziel. Mein schönster Waldsee war der Garrensee bei Ratzeburg.
2) Waldfrieden am Schaalsee
Ratzeburg und Mölln liegen im Herzogtum Lauenburg. Es der waldreichste Kreis in Schleswig-Holstein und ein wahres Seenparadies. Wie auch der Garrensee, punktet der Schaalsee mit kristallklarem Wasser. Für kleinere Wanderungen bieten sich die bewaldeten Werder an, Halbinseln auf denen schon vor Urzeiten Siedlungen entstanden, als noch niemand von Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sprach und schon gar nicht von Ost und West. Darum ist der Schaalsee für mich auch ein Symbol für Zusammengehörigkeit. Ich bin das Trennende nämlich leid, der Polasierung müde. Als hätten wir keine anderen Sorgen.
3) Waldmärchen in der Heide
Dass die Heidjer ein Händchen für Kulturlandschaften haben, sollte nicht weiter überraschen. Und doch macht mich die Schönheit der Wälder im nördlichen Niedersachsen immer wieder sprachlos. Vielleicht lebt ein Großteil der Schöner-Wohnen-Redaktion in der Gegend und staffiert die Wälder dementsprechend aus. Zum Beispiel den supertollen Märchenwald in Jesteburg. Ganz große Sache für kleinere Kinder.
4) Waldgeister in der Lüneburger Heide
Waldgeister sind total scheu. Am ehesten trifft man sie ganz früh morgens, wenn der Tau in den Netzen der kleinen Heidradspinne funkelt. Günstig stehen dann die Chancen, den verrückten Hutmacher aus Alice im Wunderland zu treffen. Er scheint in Ehrhorn regelmäßig den Tisch zu decken. Kommt man wie das weiße Kaninchen zu spät, kann man immerhin Wiesentapas und Gänseblümchen Limonade in der Wildkräuterey probieren. (Wer etwas für schöne Blüten und köstliche Speisen übrig hat, unbedingt Klick)
5) Waldmeistergeschmack im Naturpark Aukrug
Waldmeisterbrause klingt für mich schöner als dass mir das Getränk schmeckt. Mit den Waffeln im Olen Hus ist es hingegen anders herum. Sie munden weitaus himmlischer als die Tischdecken aussehen. Das Heimatmuseum in Aukrug-Innien bei Neumünster lockt ganzjährig am Wochenende mit Sahne, heißen Kirschen, Waffeln und Kaffee satt.
6) Waldnebel
Mich faszinieren Bergblicke auf weite, weit entfernte, vernebelte Wälder. Aber so etwas gibt es in Norddeutschland ja nicht. Als Ersatz muss der Nord-Ostsee-Kanal herhalten. Er verhüllt sich gern mal in den Morgenstunden und bietet rund um den Luftkurort Burg in Dithmarschen ungewöhnlich viel Wald. Sogar ein Waldmuseum gibt es hier. Sandra und Thomas von Up´n Swutsch im Norden geben noch zehn weitere Tipps für einen Besuch in Burg.
7. Wälder bis ans Meer
Wenn wir hier oben nun schon keine Berge haben, so haben wir doch immerhin Meer. Und entlang der Flensburger Förde sogar Wälder, die bis ans Wasser wachsen. Den schönsten hat Flensburg leider in einem Anfall von Schildbürgerunschlauheit an Dänemark verkauft. Aber nützt ja nix und die Wälder von Flensburg, Glücksburg, Langballigau, Wester- bzw. Osterholz reichen gerade noch aus, um einen ganzen Herbst zu spazieren. Falls nicht, nimmt man noch den Fischerwald in der Geltinger Bucht dazu.
8 Waldeinsamkeit in der Göhrde
Mit dem Staatsforst Göhrde hat Niedersachsen das größte Mischwaldgebiet in Norddeutschland zu bieten. Wenn man also überhaupt irgendwo echte Waldeinsamkeit im Norden findet, dann im Wendland. Und das trotz Anschluss an den Hamburger Verkehrs Verbund. Die Gegend ist außerdem topographisch top. Hier findet Hügel, wer Hügel will und wem das zu anstrengend ist, bleibt die Elbe zum Flachlandwandern.
9 Waldanhöhen in der Holsteinischen Schweiz
Das schönste Relief von allen norddeutschen Regionen zeigt für mich die Holsteinische Schweiz. Wer vom Gut Panker zum Pilsberg aufsteigt, merkt zwar kaum, dass es aufwärts geht. Aber ein schöner Spaziergang ist es dennoch und der Ausblick vom Aussichtsturm Hessenstein das Sahnehäubchen.
10 Waldabenteuerchen Malente
Meinen schönsten Waldmoment in diesem Sommer erlebte ich einmal mehr in Malente. Der kleine Kurort zwischen Dieksee und Kellersee besteht quasi aus kleinen Waldwundern, so schüchternen, aus der Zeit gefallenen Dingen. Während wir dort an einem ultraheißen Augusttag die Seelenruhe genoßen, krachten in 25 Kilometer Entfernung sämtliche Strände aus allen Nähten. Bei uns kam bloß ab und zu mal eine Familie des Weges, um durch das eiskalte Kneippbecken zu staksen. Aber nicht sehr oft.
Wälder stehen im Norden erstaunlicherweise nicht besonders hoch im Kurs, habe ich diesen Sommer festgestellt. Umso besser für diejenigen, die es anders sehen. Gerade jetzt im Herbst. Denn da kann man das Laub unter den Füßen rascheln hören und in Gedanken Rielke rezitieren: Die Blätter fallen, fallen wie von weit, als welkten in den Himmeln ferne Gärten…
Herzlichen Dank für die wunderbare Auswahl. Werde ich in Ruhe studieren…
Kommt gerade richtig! ??
Das freut mich, Irene. Ist also mehr als gern geschehen! Schönen Sonntag, Stefanie
Ein wunderschöner Beitrag. Meine alte Heimat.
Wie poetisch. Bin ganz begeistert, liebe Stefanie.
Liebe Grüße
Liane
Hallo und lieber Gruß nach Hamburg.
Kaum vorstellbar, dass Schleswig-Holstein noch im Mittelalter überwiegend moorig und bewaldet war.
Und ja, auch bei uns ist der Wald wenig und dadurch an den Wochenenden völlig überlaufen.
Außerhalb der Küste gibt es unvorstellbarer Weise im schönen Angeln kaum eine Möglichkeit, nicht entlang einer Straße zu wandern oder Rad zu fahren. Da lobe ich mir wirklich Mittel- und Ostholstein.
Ich glaube, ich würde noch Trappenkamp ergänzen. Allerdings hat man dort als Besucher auch nicht gerade sowas wie ein Alleinstellungsmerkmal.
In der Tat fahren wir oft über die nahe dänische Grenze, da gibt es zum Glück noch Alternativen:-)
Gute Gedanken und bis bald.
Kai
Das war für mich wieder eine richtige Nostalgietour, velen Dank dafür! Das gehört ja alles zu meiner „alten Heimat“. Ja, hehe, der Wald auf der anderen Seite der Flensburger Förde ist toll. Da sind wir oft gewandert, als wir in Kruså wohnten, direkt an der deutschen Grenze.
Hier sind eigentlich viele Leute im Wald unterwegs, nur im Sommer sind fast alle am Strand, da hat man die Wälder für sich.
Schön, dein Waldpotpourri, liebe Stefanie! Ich komme gerade von einer großen Runde durch den Sachsenwald. Die Auwälder im Billetal sind jetzt im Herbstlicht und -gewand auch besonders schön. Ganz im Gegensatz zu dir kam mir übrigens in diesem Sommer kein Waldsee unbeschwommen davon. 😉 Sogar in den Garrensee habe ich mich getraut, obwohl ich dort mutterseelenallein war, der See furchtbar tief ist und außerdem nach einem gefühlten Meter vom Rand steil abfällt. Und klirrkalt war er auch noch. Für den Einstieg würde ich da eher den Pinnsee empfehlen. Oder auch den Schmalsee… Und die Bräutigamseiche hast du auch besucht… 🙂
Sooo tolle Wälder bei Euch im Norden! Und „Wald bis ans Meer“ ist für Südlichter natürlich eine besondere Attraktion. Die Flensburger Wanderer, die ich auf dem Altmühltalweg getroffen habe, haben mir zum Fördesteig geraten, den ich ja schon von Deinem Blog kannte. Der hat jetzt einen festen Platz auf meinem nächstjährigen Wanderprogramm. LG aus dem Süden 🙂
Ein sehr schöner Beitrag – und ich springe gleich mal einen Link weiter, denn Burg liegt ja quasi vor meiner Haustüre … die Tipps will ich mir anschauen.
Flensburg und den Wald dort muss ich mir unbedingt auch mal besuchen, obwohl ich ja nicht so der Ostsee-Mensch bin!
Liebe Grüße,
Isabella