Alle Artikel mit dem Schlagwort: Niedersachsen

Wangerooge Soul-Weekender

Ein Herbst-Wochenende auf Wangerooge ist gut für die Seele. Früher wäre ich nie auf den Gedanken gekommen, ausgerechnet in die hektischsten Wochen des Jahres einen Kurztrip zu stopfen. Seit wir bloggen, empfinde ich es genau anders herum. Gerade, wenn man nicht mehr weiß, wo einem der Kopf steht, tut eine Auszeit richtig gut. Besonders auf einer Mini-Insel. Selbst wer sich langsamer als langsam bewegt, kann Wangerooge in wenigen Stunden erfassen. Da schaltet man automatisch noch einen Gang runter. Wird so langsam, dass die Seele mitkommt. Denn die Seele ist doch selten so schnell wie das Leben. Zu ihrem Takt finden wir ganz gut mit folgenden Slow Four:   1. Fotografieren am Weststrand   Fotografieren hat ja generell mit Achtsamkeit zu tun. Wikipedia sagt über Fokussierung, dass für eine gewisse Zeit auf das momentan Ausgeübte oder Empfundene geachtet wird. Das klingt nicht nur wie Mediation. Das fühlt sich auch so an. Der ideale Moment dafür: Gleich nach dem Aufstehen, wenn der Morgen graut.     Die Fotos zeigen Weststrand und Hafen bei Sonnenaufgang. Das Licht ist …

Die Entdeckung der Einfachheit auf Wangerooge

Sich einer Insel nähern. Auf einer windgeschützten Bank an Deck eines Dampfers. Die Hände in den Taschen. Das Gesicht der Sonne zuwenden. Die Augen schließen. Das Stampfen des Schiffsmotors. Die Schreie der Möwen. Salz in der Luft.     Wir sind auf dem Weg nach Wangerooge, der östlichsten bewohnten Insel Ostfrieslands. Von den sieben Perlen im niedersächsischen Wattenmeer ist sie die zweikleinste. Gerade mal 8,5 km lang. Zwischen einem und 2,2 km breit. Gut zu überblicken in drei Tagen. Kein Grund hastig zu werden.     Das Schnelle ist ohnehin am Festland geblieben. Das Komplizierte auch. Dieses Wochenende soll es ganz einfach werden: in einer Jugendherberge. Und weil uns das so fremd ist, fühlt es sich an wie ein Workshop für Simplifying.     Simple Living, Downshifting, Minimalismus. Fragt man Zukunftsforscher Matthias Horx steckt hinter dem Trend zum Einfachen Leben ein fundamentaler Wertewandel. Er bedeutet die Befreiung von unnötigem Ballast für ein Mehr an Lebensqualität, an Sinn, an wirklichen Beziehungen, an jener Kreativität, die aus Langsamkeit wächst. Was das betrifft, gleicht der Hafen von Wangerooge …

In Wolfsburg steckt der Wurm

Wolfsburg, ich muss schon sagen, ist unter allen seltsamen Städten Nordeutschlands die allerseltsamste. Nicht nur, weil 95% der Wolfsburger die gleiche Automarke fahren. Sondern vor allem weil 95% der Wolfsburger Gebäude nach 1950 gebaut wurden. Bis dahin hatte die Stadt quasi nichts. Nicht einmal einen richtigen Namen. (Sie hieß: „Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben“).     Inzwischen steht Wolfsburg so gut wie flächendeckend unter Denkmalschutz. Was man woanders abriss, wurde in Wolfsburg aufwendigst Asbest-saniert. Kosten spielen in Wolfsburg nämlich kaum eine Rolle. Denn die haben´s ja – das allerhöchste Bruttonationaleinkommen pro Kopf in Deutschland. So können sie sich auch ein Museum vom Feinsten gönnen. Das Kunstmuseum Wolfsburg ist wunderbar. Eine Knaller-Ausstellung jagt die nächste, der Einritt ist günstig und meistens ist man ziemlich allein mit den Kunstwerken. Zur Zeit läuft die  Ausstellung „Fichte“ des grandiosen Künstlers Erwin Wurm.     Der Österreicher Erwin Wurm ist witzig; aber nicht nur. Beim Betrachten seiner Werke bleibt das spontane Lächeln oft im Gesicht hängen. Man kommt ins Denken. Und kehrt ertappt zum Grinsen zurück. Wenn man einen bestimmten …

Das Alte Land; eine Annäherung

Seit einiger Zeit sendet der Deutschlandfunk sonntags die Reihe 12 Mal Deutschland. Journalist Jörg-Christian Schillmöller und Fotograf Dirk Gebhardt durchqueren das Land Stück für Stück der Breite nach. Vom westlichsten zum östlichsten Punkt. Jeden Monat ein paar Tage. (Wovon sie übrigens auch bloggen.) „Warum“, wurden sie vergangenen Sonntag gefragt. „Weil wir es nicht kennen“, lautete die Antwort. Und das ist ja genau der Punkt. Es erstaunt mich immer wieder, wie wenig ich eigentlich von meiner näheren Umgebung kenne. Und auch wenn ich meine, etwas zu kennen, nehme ich oft nur das Offensichtliche wahr. Beispiel: Das Alte Land     Das Alte Land grenzt ans südliche Hamburg und ist das größte Obstanbaugebiet Europas. Folglich geben Obstbauern hier seit Jahrhunderten den Takt an. Die über die Maßen verzierten Fachwerkfassaden ihrer Obsthöfe knallen einem derart ins Auge, dass man gar nicht mehr sieht, was links und rechts davon liegt. Das ist besonders krass rund um die Gemeinde Jork, von der ein Altländer Freund mal behauptet hat, sie sei der Trafalgar Square des Alten Landes. Interessiert man sich nicht …

Grashüpferinsel Lühesand

Lummerland, Nimmerland, Saltkrokan… Die besten Geschichten spielen auf Inseln. Die Mystischste unter ihnen war für mich immer die Grashüpferinsel, obwohl dort wenig passierte. Es war nur heiß und seltsam und die Grillen zirpten. Genauso war es vergangenen Montag auf Lühesand.       Elbinsel Lühesand   Lühesand ist eine 124 ha große Elbinsel im Alten Land. Sie ist nur per Boot zu erreichen und ein perfekter Ort, wenn man mal Lust auf das ganz große Garnichts hat. Garnichts gibt’s auf Lühesand nämlich im Überfluss – im allerbesten Sinn. Das Auto lässt man am Treffpunkt Sandhörn bei Grünendeich stehen. Die Parkgebühr ist am Kiosk zu entrichten. Aber nicht am Montag. Montags ist geschlossen. Da erholen sich die Sandhörner von den Hamburger Sonntagsausflüglern.     Soll uns Recht sein. Genau wie die Tatsache, dass an Mai-Montagen nicht gerade massenweise Leute nach Lühesand übersetzen wollen. D.h. wollen wollen schon einige. Vornehmlich Fahrradfahrer. Die machen dann aber ein langes Gesicht, wenn sie am Anleger erfahren, dass Räder auf dem Festland bleiben müssen. Lühesand ist verkehrsmittelfrei. Lärmfrei. Stressfrei. Frei.   …

In Niedersachsen wird zusammengegessen: Verenas Flying Table

Vor ziemlich genau 4 Jahren erhielt ich eine E-mail mit dem Entwurf eines Entwurf eines Flyerentwurfs. Ob ich mal drüber schauen könnte, fragte Verena. Und was ich so ganz grundsätzlich von ihrer Idee eines Supper Clubs hielte. Das war im April 2011. In London und Berlin vermehrten sich Underground Restaurants, Home Bistros und Guerilla Diners gerade wie Mücken nach einem Sommergewitter. Dass die Leute Lust drauf hatten, wir mir schon klar. Doch Verena wollte das Ganze nicht in einer Großstadt aufziehen – sondern mitten in Niedersachsen. Ob das Konzept auch im ländlichen Raum aufgehen würde, schien durchaus ein paar Bedenken wert.   Verena ist aber nicht der Typ für Bedenken. Nur 3 Monate später ging My Flying Table in Wildeshausen an den Start. Und bis heute ist nicht ein einziger Platz frei geblieben. Seit 4 Jahren öffnet Verena 4 mal monatlich ihr Zuhause, um für 10 Gäste zu kochen. Eine Art analoger Food-Blog könnte man sagen. Verenas Dashbord – die Küche – öffnet sich zum Wintergarten, wo die Leute an einer langen Holztafel zusammensitzen. Manchmal …

Irgendwo zwischen Helsinki und dem Mars

Stadt Wolfsburg- künstliche Architektur, funktionelle Strukturen, klare Zeiten, sorgenfreie Häuser,                                        zufriedene Müllcontainer, fliessbandartige Gehwege, meditative Outlet-Stores, virtuelle Sprache,                                        kontrolliertes Nachtleben, eifrige Menschen, einzigartige Autos,                                         wagemutige Kulturveranstaltungen, vollkommene Strassenkreuzungen,                                       effiziente Einkaufspassagen, Raumschiff Enterprise ähnliche Bauten,                                       stille Studenten, markante Stadtplätze und nicht existierende Obdachlose – faszinierend.

Allerhöchste Zeit für Schneverdingen

Im Mai beendeten Mari und ich unsere Wanderung auf dem Heidschnuckenweg bei Schneverdingen. Ganz schön trostlos kam uns die Gegend vor. So trostlos, dass wir uns den Abstecher zum Pietzmoor schenkten. Das war ein Fehler. Oder vielleicht auch nicht, denn inzwischen steht das Heidblüte-Barometer auf 100% und was an einem grauen Tag im Frühling öde wirkte, ist im August geradezu berauschend.