Schobüll gehört für mich zu den Orten, die so winzig sind, dass sie keinen Ausflug lohnen, gleichzeitig aber zu besonders, um sie nicht zu besuchen. Ich habe eine ganze (imaginäre) Liste solcher Orte entlang der Küsten. Ein Molenfeuer etwa, das einem kleinen, stabilen Leuchtturm aus dem Bilderbuch gleicht. Ein versandeter Hafen. Ein Anleger, an dem nur ganz selten ein Schiff festmacht und ein anderer, der längst verfallen ist und nur noch (aber was heißt schon „nur noch“) Möwen als Nistplatz dient.
Liste der kleinen Orte
Zwei Wiesen auf den Gipfeln der eiszeitlichen Hügel, die man in Schleswig-Holstein Berge nennt. Ein fast geheimes Dünental auf einer Insel. Ein Teich im Wald, so klar, dass sich Bäume und Himmel spiegeln. Eine bestimmte Badestelle bei Ebbe. Ein spezielles Deichstück. Eine Landzunge gegenüber von Dänemark. Wann immer ich für meine Bücher unterwegs bin, besuche ich je einen kleinen Ort auf dem Hin- und einen auf dem Rückweg. Und weil es so viele sind, sehe ich die meisten nur alle paar Jahre. Und so bleibt Schleswig-Holstein für mich ein Wunderland, obwohl ich längst jeden Weg gegangen bin. Und viele Wege, viele Male.
Nicht alle diese Orte sind so leicht zu finden, wie Schobüll, einst ein eigenständiges Dorf, heute ein Stadtteil von Husum. Fährt man von eben dort nach Nordstrand, spürt man sofort, dass irgendetwas in Schobüll herrlich anders ist. Doch bevor man noch den Finger drauf legen kann, ist man auch schon vorbei. Es sei denn, man hält an. Am Parkplatz des Schobüller Freibads.
Vom Parkplatz führt ein Wiesenpfad zur Seebrücke von Schobüll. Baden oder wattwandern kann dort nur, wer sich für Matsch begeistert. Aber das war nicht immer so. Noch vor 90 Jahren schmiegte sich ein Sandstrand an das Dorf. Schobüll galt als Urlaubsparadies und Künstlerrefugium.
Erst seit dem Bau des Damms nach Nordstrand in den 1930er Jahren verschlickt dieser Küstenabschnitt. Noch in den 1950ern war die Bucht von typischer Strandvegetation und kleinen Dünen gekennzeichnet. Heute dominieren Salzwiesen. Und die idyllische Anmutung ist durch die vielbefahrene Nordseestraße zerschnitten.
Allerdings: würden sich noch Sand und Strandkörbe finden, wäre die Badestelle hoffnungslos überlaufen. So wie die Dinge liegen, kann man durchaus das Glück wunderbarer Ruhe haben. Wie alle kleinen Orte reicht eine einzige Familie, um den Zauber zu brechen. Wobei kleine Kinder und kleine Orte prima zusammen passen. Selbst wenn sie so laut sind, wie sie nur können. Es sind die Erwachsenen, die stören.
Mal angenommen, es stören gerade keine überlauten Erwachsenen, ist Schobüll ungefähr für eine halbe bis ganze Stunde gut, um das zu bewundern, was diese Ecke besonders macht. Es ist die einzige Stelle an der Nordseeküste von Schleswig-Holstein ohne Deich.
Falls doch ein lärmender Mensch daher kommt, fällt (m)eine Stippvisite immer noch etwas kürzer aus. Man kann dann aber prima auf die andere Seite der Nordseestraße flüchten. Das Kirchlein am Meer steht auch auf meiner imaginären Liste kleiner Orte. Und dort herrscht eigentlich immer Ruhe im Karton.
War das nicht Konfuzius,der so weise sagte: In der Ruhe liegt die Kraft.
Da ist sehr viel wahres dran und es ist wirklich nicht schwer,sich die Sehenswürdigkeiten in Ruhe anzuschauen,ohne dabei wie ein Wasserfall zu quatschen.
Das lernt man in Nordfriesland von den Nordfriesen oder man ist schon von Natur aus eher ruhig und introvertiert – so wie ich.
In Schobüll war ich natürlich auch schon,es liegt ja mehr oder weniger auf dem Weg zu den Halligen-wie Immer herrlicher Reisbericht und tolle Foto´s.
Dankeschön auch für das „Wander DIch glücklich“-Buch,welches ich gewonnen habe,das werd´ich mir jetzt mal in Ruhe anschauen.
Grüße aus Duisburg
Ralf
Hat mich selbst gefreut, lieber Ralf. Herzliche Grüße, Stefanie
Moin Stefanie! Schobüll bzw. die kleine Seebrücke von Schobüll ist auch einer meiner Lieblingsplätze an der Nordsee. Immer wenn ich Urlaub in Husum mache, radle ich da
mal hin und höre den Vogelstimmen und der Stille zu (bisher hatte ich immer das Glück,
alleine dort zu sein)…
Danke, dass Du so viel schöne Plätze mit uns teilst!
Ich wünsche Dir /Euch einen schönen Sommer!!!
Ellen
Liebe Ellen, wie wunderbar nachhaltig – und auch logisch -, wenn jemand aus Deiner Ecke nach Husum in den Urlaub fährt. Nur ein paar Kilometer und gleichzeitig ganz anders. Dir auch einen schönen Sommer an beiden Küsten und liebe Grüße, Stefanie
Was Eure Bücher angeht, da hab ich so ein Gerücht gehört, dass bald wieder was kommen soll 🙂
Was Schobüll angeht, so bin ich seit etwa einem halben Jahr in die Kunstvergangenheit involviert mit einer unvorhersehbaren und alles als langweiligen Entwicklung. Vor mir liegt ein dicker Wälzer allein über dieses kleine Dorf.
Lieber Gruß
Kai
Das klingt ja interessant, Kai. Lass einen Link hier, wenn Du was darüber schreibst. Liebe Grüße, Stefanie
Schade, der Beitrag wird den Besonderheiten dieses einmaligen Küstenbereichs nicht gerecht. Das Aufeinandertreffen und das Verschmelzen der Naturräume, die parkartige Dorfstruktur und der erlebnisreiche Wald kommen leider viel zu kurz. Die Chance, in einer nur zweistündigen Wanderung diese absolut sehenswerte Situation zu erleben, sollte man sich nicht entgehen lassen.
Liebe Stefanie, vielleicht einfach nochmals in Schobüll anhalten.