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Nordsee-Krimis: Der Meister von Valandsiel

In Ferienappartments- und häusern stöbere ich zu gern in den Bücherregalen, deren Inhalt oft fifty-fifty von Besitzern wie ehemaligen Gästen stammt. So jedenfalls meine These. Denn häufig entspricht die Hälfte des Angebots einer bestimmten Vorliebe (die in etwa mit der Einrichtung korrespondiert) und der Rest ist wild durcheinander gewürfelt. Was niemals fehlt sind Nordsee-Krimis. Und Ostsee-Krimis. Je nachdem wo man sich gerade befindet.

 

In der Regel lege ich Nordsee-Krimis und Ostsee-Krimis aus Gründen der Fremdscham nach wenigen Seiten zur Seite. Denn ich sehe sie vor meinem inneren Auge bereits in einer ZDF-Verfilmung (mit Christine Neubauer oder Veronica Ferres in der Hauptrolle. Von meinen GEZ-Gebühren! Etwas worüber ich mich stundenlang aufregen kann. Weil es doch ganz wunderbare Schauspielerinnen in Deutschland gibt. Aber das ist ein anderes Thema.)

 

Und so ging ich eher skeptisch an den Krimi respektive Thriller heran, den uns der blanvalet Verlag freundlicher Weise zur Rezension überlassen hat. Da er in der Gegend spielt, die ich am Wochenende besuchen werde, dachte ich neulich, es könne nicht schaden, das Buch mal kurz anzulesen, ob es sich zur Kurzurlaubslektüre eignet.

 

Der Jungfrauenmacher von Derek Meister

 

Der Jungfrauenmacher ist der erste Teil einer Serie um den Valandsieler Polizeichef Knut Jensen und Homecomingqueen Helen Hennig. Die ehemalige Profilerin erkennt sofort die Handschrift eines Serienmörders, als der Sturm eine seltsam zugerichtete Fraueneiche an den Strand spült. Und während das Ermittlerduo die Fäden mühselig aufrollt, verschwinden wieder zwei Mädchen aus Valandsiel.

 

Sturm

Krimis sollten nicht „lustig“ sein und brauchen schlechtes Wetter

 

Dass Autor Derek Meister Film- und Fernsehdramaturgie studiert hat, merkt man. Seine Settings sind ungeheuer bildhaft. Auch wenn der fiktive Ort Valandsiel ein bisschen zu schön ist, um wahr zu sein. Dort gibts dort einen Sandstrand (wie sonst nur in St. Peter-Ording), Steilküsten und Klippen (wie sonst nur auf Helgoland) eine Seebrücke (wie sonst nur an der Ostsee), genau wie ausgedehnte Kiefernwälder, sogar eine Wanderdüne (wie sonst nur auf Sylt) und einen Leuchtturm auf dem Cover, den man glatt mit dem Leuchtturm von Westerhever verwechseln könnte.

 

Der JungfrauenmacherDoch das soll keine Kritik sein. Es gibt viel zu viele Nordsee-Krimis (und Ostsee-Krimis), in denen dünne Plots mit Originalschauplätzen aufgewertet werden sollen. Vermutlich damit jedenfalls alle, die schon mal an den enstprechenden Schauplätzen waren, die Bücher lesen. Derek Meister hat das aber nicht nötig. Der Jugenfrauenmacher ist richtig gut durchdacht, würde überall funktionieren und Valandsiel ist eine Art nette Dreingabe. Es ist ein Fall, bei dem man hinterher denkt, man hätte auch von selbst auf den Mörder kommen können. Aber man ist eben nicht draufgekommen. (Ich zumindest nicht). Insofern wäre meine einzige Kritik, dass ich das Buch nicht mehr zur Seite legen konnte. Und weit vor meinem Kurztrip nach Nordfriesland durchgelesen hatte.

 

Der Jungfrauenmacher
Preis: 9,99 €
Seitenanzahl: 413

Lieber hätte ich den Jungfrauenmacher ja an der Nordsee gelesen. Und da traf es sich prima, das vor zwei Wochen der zweite Teil der Reihe erschien.

 

Die Sandwitwe von Derek Meister

 

Der Sommer ist fast vorbei, als eine erneute Mordserie über Valandsiel hereinbricht. Innerhalb weniger Tage tauchen mehrere Tote auf, bizarr inszeniert und offenbar an fein gesiebtem Sand erstickt.

Als Leser erlebt man den zweiten Fall aus verschiedenen Perspektiven. Zum einen aus der Sicht von Knut Jensen und Helene Hennig, die neben der Ermittlungsarbeit mit eigenen Geschichten klarkommen müssen (was ab und zu nervt). Und aus der Sicht eines mutmaßlichen Opfers. Eine Frau wird einem Haus gefangen gehalten, das mehr und mehr von Sand geflutet wird. Auf einer dritten Ebene wird die Motivation des Mörders beleuchtet. Sie reicht weit in die Vergangenheit und der Grund für den resultierenden Rachefeldzug  ist für mein Gemüt fast ein bisschen zu schrecklich.

 

Wanderduene List

 

Auch im zweiten Teil schreibt Derek Meister so schnell, dass sich die Seiten quasi von selbst umblättern. Wieder vermag er zu überraschen, ohne dabei die innere Logik der handelnden Personen zu vergessen. Die Spannung hält Meister auch dadurch, dass in Valandsiel jeder jederzeit über die Klinge springen kann.

 

Die SandwitweNicht ganz so prima sind die Protagonisten gelungen. Sie sind alle ein bisschen over the top und wirken daher konstruiert. Genau wie das Hickhack zwischen Knut und Helen, das mir schon im ersten Teil eher albern vorkam. Aber egal. Allzu viel Raum nimmt das nicht ein.

Und Krimis sind ja sowieso die Chips der Literatur. Sie sind gut, wenn man nicht mehr aufhören kann.

Auch die Sandwitwe habe ich in einem Rutsch durchgelesen. Und nehme mir für den dritten Teil  (der sich bereits in den beiden ersten Büchern ankündigt) vor: Den besorge ich mir erst, wenn ich an der Nordsee bin.

 

Die Sandwitwe
Preis: 9,99 €
Seitenanzahl: ich bin nicht sicher (wir erhielten vom Verlag eine „unkorrrigiertes Leseexemplar“. Es hat 383 Seiten; sieht aber ganz anders aus als das „echte“ Taschenbuch.)

 

8 Kommentare

  1. Ich hab gar nicht mitbekommen, dass inzwischen der zweite Teil rausgekommen ist. Den ersten habe ich auch verschlungen.
    LG Kerstin

  2. Danke für die interessanten Buchtipps, liebe Stefanie! Es müssen ja auch nicht immer Schwedenkrimis sein. ?

    Liebe Grüße von Bord, Martina ⛵️??

  3. Danke für diesen schönen Beitrag. Ich habe mich köstlich amüsiert über die Nennung der beiden Schauspielerinnen, bei deren Besetzung auch ich mich stundenlang aufregen kann, hahaha…… eine davon empfinde ich sogar als grottenschlecht….. 😉 Ein Krimifan bin ich nicht, aber das ist so schön geschrieben, dass ich fast versucht wäre, mir diesen Krimi zu kaufen, grins. Aber verschenken werde ich ihn. <3

    • Vielen Dank, Ilona – auf „diese eine“ können sich ja meiner Beobachtung nach sehr viele einigen. Niemand mag sie. Ich weiß nicht, wieso das die Besetzungsleute gar nicht interessiert. Naja, seltsame Welt – liebe Grüße nach Lübeck, Stefanie

  4. Hah, habe ich gelacht!! Mir geht’s auch so! Christine Neubauer und Christina Plate, das sind meine Aufreger! Am besten noch mit Francis Fulton-Smith oder Christian Kohlund… Aber ich finde Sie immer noch besser in einem Nordseekrimi als in einer Südseekomödie : von meinen GEZ-Gebühren! LG Ulrike

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