Und nur einmal angenommen, ich hätte alles Geld der Welt, ich könnte in Palästen leben und die ganze Welt läge mir zu Füßen… dann wäre es noch immer mein königlichstes Vergnügen morgens zum Brötchenholen von Houstrup nach Henne Strand zu laufen. Denn es macht mich eben wenig so glücklich wie ein Sonnenaufgang am Meer und Füchse, Rehe und Pferde, die durch Dünen ziehen.
Einen halben Punkt Abzug gibt es in der B-Note, weil ich mit dem Auto zum Strand gekommen bin. Besser wäre natürlich, an so einem Morgen weder Lärm noch Gestank zu verbreiten. Von unserem Ferienhäuschen führen sogar wunderbare Pfade durch ein Naturschutzgebiet hierher. Doch die sind logischerweise nicht beleuchtet. Und hätte ich auf ausreichendes Tageslicht gewartet, hätte ich es nicht bis zu diesem ganz besonderen Moment an den Strand geschafft…
… diese unfassbar schönen Minuten, in denen sich die ersten Sonnenstrahlen über die Dünen schieben. Von Houstrup (wo in der Vorweihnachtszeit kein Bäcker geöffnet hat, auch kein anderes Geschäft und höchstens 10% der Ferienhäuser bewohnt sind) bis nach Henne Strand sind es knappe 4 km immer am Wasser lang. Auf den ausgeschilderten Trampelpfaden und Wanderwegen durch die Dünentäler erhöht sich die Strecke auf beinahe das Doppelte, weil sie so herrlich mäandern.
Die Westküste Jütlands muss man sich wie das Sylter Listland und den Ellenbogen vorstellen. Nur eben in groß. Aber das Listland ist doch groß, werden Syltkenner jetzt denken. Und eben das meine ich ja. Die Dünen von Jütland sind gewaltig. Allein die Blåbjgerg Plantage im Südwesten des Landes, wo auch Houstrup und Henne Strand liegen, ist 4.600 ha groß (also 46 km im Quadrat). Gut die Hälfte der Fläche ist mit Bäumen bewachsen, der Rest besteht aus Heide und Dünen. Weil das zufällig meine Lieblingslandschaft ist, bin ich hier – obwohl ich eigentlich nicht mehr kommen wollte…
Die Blåbjerg Plantage bei Henne Strand
Einerseits gehört Henne Strand gehört zu den Orten, die ich seit einigen Jahren meide, weil sich – für dänische Verhältnisse und meinen Geschmack – zu viel Remmidemmi angesiedelt hat. Von meinem letzten Besuch war mir nur noch der Eindruck massiver Autoschlangen im Kopf geblieben. Andererseits wollte ich schon seit geraumer Zeit ganz dringend mal wieder hierher. Denn genau hier, habe ich vor beinahe zwei Jahrzehnten das allergrößte Geschenk von allen bekommen. Und daher ist und bleibt Henne für mich ein besonderer Platz.
Damals litt ich unter Katzenjammer (eine Lappalie nur, wie mir in der Rückschau scheint – aber damals fühlte es sich der Weltschmerz eben real an). Und ich weiß noch, wie ich in düsterer Stimmung Richtung Strand stapfte – quer durch die Dünen, was hier eine ganze Weile dauert.
Und auf einmal, tatsächlich urplötzlich, fuhr die Schönheit der Landschaft in mich wie der Blitz. Fast möchte ich von einem Erweckungserlebnis sprechen.
Ich sah die Natur; sah sie wirklich, zum allerersten Mal in meinem Leben. Und ich begriff auf einmal, dass es da etwas Größeres gibt als mich. Etwas, das sich zwar einerseits gar nicht um mich und meine kleinen Sorgen kümmert – mich aber andererseits auch trägt, wenn ich es zulasse. Seitdem weiß ich, dass meine Kraftquelle in der Natur liegt.
Als ich in Henne Strand das allergrößte Geschenk bekam
Wer erst einmal weiß, wo er Kraft tanken kann – und zwar egal, was passiert – ist natürlich fein raus. Noch feiner raus ist, wessen Kraftquelle nichts kostet, nichts verlangt und allgegenwärtig ist. Mittlerweile funktioniert das bei mir im Grunde mit jeder Landschaftsform. Als Naturfreundin perfektioniert man seine Fähigkeiten ja mit der Zeit. Aber am besten läuft es noch immer 330 km nördlich von St. Pauli, wo Dänemarks Dünen ihren Anfang nehmen.
Und als ich Henne Strand erreiche, weiß ich: mein bestes Weihnachtsgeschenk habe ich in diesem Jahr schon bekommen. In der Vorweihnachtszeit kann von Remmidemmi nämlich gar keine Rede sein. Ich muss diesen Ort also nicht von meiner Lieblingsliste streichen. Ganz im Gegenteil. Henne Strand im Winter ist perfekt.
Was für Henne Strand im Winter spricht
Henne Strand gehört zu den eher teuren Ferienhausgebieten. Aber im Winter Ferienhausbesitzer verlangen einige Vermieter Mieten, die höchstens symbolisch zu nennen sind (ich vermute, der „Gewinn“ liegt für sie dann drin, dass das Haus einmal ordentlich durchgeheizt wird). Und ein geöffneter Supermarkt kann ja gar nicht schaden. Auch gegen eine Handvoll Läden und Gastronomiebetriebe habe ich nichts weiter einzuwenden.
Die Gegend ist im Grunde den ganzen Winter recht ausgestorben, erzählt die nette Dame der Ferienhausvermietung – nur zu Weihnachten, Neujahr und in den dänischen Winterferien im Februar, sollten Ruhesuchende Henne Strand meiden. Abseits davon erinnert die Atmosphäre ein wenig an List im Winter – bloß ohne Gosch.
Von der höchsten Düne Dänemarks, dem Blåbjerg, soll man an klaren Tagen 40 Kirchtürme sehen können. Bei bedecktem Himmel ist die Stimmung auf andere Art unvergleichlich. Auch dann lohnt sich jeder einzelne der viele ausgeschilderten Wanderwege. Der kürzeste (die blaue Route) ist nur 1,5 km lang und führt durch sehr hügeliges Gelände auf die Parabeldüne „Stormfuld Højer“ – zu deutsch Stürmische Höhen oder eben Wuthering Heights, womit wir nun endlich bei der Queen wären.
Wer bei „schlechtem“ Wetter – möglichst in queenesquen Gummistiefeln – durch die Dünen stapft, fühlt sich nicht nur landschaftlich ans UK erinnert – sondern auch so glücklich wie eine echte Königin. Elizabeth II. nämlich, die alle Möglichkeiten dieser Welt hat, ist nirgends so gern wie auf Balmoral. Weil, so schwärmte sie in einem Film der BBC: „hier kann man meilenweit gehen, ohne jemanden zu sehen.“ Und so ist das im Winter in der Blåbjerg Plantage bei Henne Strand auch.
PS.: Es ist eine Typfrage, ob man Henne Strand im Winter als öde oder idyllisch empfindet. Hier informiert Købmand Hansen Ferienhausvermittlung über die Winteröffnungszeiten von Läden und Restaurants.
mit dackel & zigarette heisst die queen „dronning“ … 😉
Wobei Margrethe sich ja meistens auf Sjaelland rumtreibt 🙂
sie ist näher als du denkst: weihnachten auf marselisborg slot. god jul aus altona 😉
Hach, da wird der Blick weit und das Herz gleich mit! Auch dir schöne Feiertage, liebe Stefanie!
Dito. Dito. (Aber eigetnlich hatten wir das ja auch schon :-))
So schön! Kraft aus der Natur schöpfen zu können ist ein Geschenk. Und danke für den Hinweis auf die Dänischen Ferien. Ich hatte mal erste Februarwoche ins Auge gefasst. Nur wird’s wohl doch schon Januar. Liebe Stefanie, ich wünsche Dir auch ein besinnliches Fest und einen guten Start ins neue Jahr. Ulrike
Liebe Ulrike, gestern ist doch tatsächlich noch Dein Paket angekommen. Ich freue mich! Ganz schön Weihnachten da im stillen Dithmarschen und liebe Grüße, Stefanie
Die Landschaft ist unglaublich schön!
Und die Natur ist für mich auch eine großartige Kraftquelle, liebe Stefanie. Ich verstehe das, was du schreibst, aus tiefstem Herzen. Manchmal muss man einfach nur ans Meer fahren…
Entspannte Feiertage und ein fröhliches und friedliches neues
Marianne
Alleinereisenjetzt.wordpress.com
http://www.bis-ins-kleinste-detail.de
Liebe Marianne, dass es Dir gefällt, war eigentlich klar – die Landschaft ist regelmäßigen Sylturlaubern ja sehr vertraut und heißgeliebt. (Was ich mich frage: bin ich nun hochsensibel oder einfach nur ein Waldschrat?). Frohe Weihnachten wünsche ich Dir, Stefanie
Wunderschön wieder dein Post über eine sehr anziehende Region am Meer. Deine persönlichen Rückblicke machen es noch einmal extra reizvoll. Dem, was du über die Natur als Kraftquelle schreibst, ist nichts hinzuzufügen. Exakt so empfinde ich es auch.
Liebe Stefanie, ich wünsche recht frohe Weihnachtstage und komm gut in das neue Jahr!
LG Michèle
Liebe Michèle, dass Du auch in der Natur Kraft finden kannst, freut mich dieses Jahr ganz besonders (obwohl ich es sowieso geahnt habe, denn manche Chakterzüge schimmern bei einer Bloggerin ja einfach durch. Ich hoffe, Du und Deine Lieben habt ein schönes Weihnachtsfest. Ganz liebe Grüße, Stefanie
Wunderschöne Landschaft und eine wunderschöne Geschichte dazu. Auch für mich ist die Natur eine Kraftquelle. Ich habe das erst durch meinen Hund erkannt. Die Morgenstimmung am Meer liebe ich auch ganz besonders. Ich werde gleich mal die dänischen Ferien googeln …
Ich wünsche dir und deiner Familie frohe Weihnachten!
Andrea
Liebe Andrea – gut, dass es Blogs gibt. Alle sehenswerten Gegenden zu erkunden, geht ja einfach – selbst wenn man nur Norddeutschland nimmt. Ich freue mich immer über Deine Wanderungen im Harz. Und denke, irgendwann…. Dir, Deiner Familie und dem kleinen Wuschelkopf schöne Tage. Und liebe Grüße, Stefanie
Liebe Steffi, deinen Bericht lesend,dazu die wunderschönen Bilder, das lässt Heimweh nach Dänemark aufkommen und weckt viele schöne Erinnerungen an lange Strandspaziergänge, an Sonnen-undRegentage,an zauberhafte Ferienhäuser, schöne gemeinsame Zeiten.Vielen Dank dafür und ganz schöne Feiertage für dich und die Familie und natürlich ein gesundes neues Jahr,in dem wir uns hoffentlich bald einmal wiedersehen
Liebe Ana, ääähhh Erika, 🙂
da ich gerade erst die alten Fotos bei Dir gesehen habe, hatte ich die Bilder die ganze Zeit im Kopf dabei. Ich erinnere mich auch wieder dunkel an diese windgeschützte Kuhle… Aber dass ich ausgerechnet College-Schuh trug, mag ich kaum glauben. Viele Grüße an Deine Söhne – auch von Volko viele Grüße (er ist schwer beeindruckt, welch perfektes Foto-Archiv Peter angelegt und gepflegt hat.) Feiert schön; und hoffentlich bis bald, Steffi
Liebe Steffi, warum da „Ana“ steht,weiß ich nicht, es grüßt dich Erika
Herrlich, einfach nur herrlich.
Liebe Grüße,
Claudia
Und ganz in Deiner Nähe 🙂 Liebe Grüße zurück
Moin liebe Stefanie,
Möglicherweise hast du das Gefühl, ein „Waldschrat“ zu sein, weil du hochsensibel bist. Und in gewisser Weise das Gefühl hast, ein bisschen anders zu sein, als andere Menschen. Solange du ein glücklicher Waldschrat bist, ist alles super.
In diesem Sinne genieße die Feiertage
Marianne
deine fotos sind eine wirklich gute ersatzkraftquelle. ich kann gar nicht nachvollziehen, wie menschen solchen blicken bewusst aus dem weg gehen können und auf einen urlaub oder ein leben im norden verzichten.
Ich auch nicht 🙂 Vielen Dank liebe/r General/in
Wir können den Aussagen und Erlebnissen im Beitrag nur zustimmen. Auch uns zieht es immer wider in Herbst und Winter an die Nordseeküste von Dänemark. Es ist einfach zu schön dort die raue Kraft der Natur zu spüren und zu entspannen. Und Henne Strand und Umgebung ist dafür wie geschaffen …
Hallo O. Grahmann – Bestätigungen von Profi-DK-Urlaubern freuen mich natürlich immer. Danke für den Kommentar und liebe Grüße, Stefanie
[…] Strand, das habe ich ja neulich schon erzählt, ist für mich so ein Ort. Zum einen aus beschriebenen Gründen, zum anderen, weil er ganz kurz vor […]
[…] genau, wann mich Natur und Licht zum allerersten Mal aus den Puschen kippte. Das war im dänischen Henne Strand; ich war schon Ende 20. Seitdem wird mein Gefühl für Licht immer spezieller. Manche Erkenntnis […]
„Seitdem weiß ich, dass meine Kraftquelle in der Natur liegt.“ Schön, wenn ich meine Gedanken bei anderen lese ?
Im Grunde läuft´s immer wieder auf diese 2 universellen Dinge hinaus: Kunst & Natur.
[…] uns genommen. Dann gibt es genügend einsame Ecken, die viel näher liegen. Selbst Hochburgen wie Henne Strand sind dann so fabelhaft ausgestorben, wie wir es lieben. Und weil wir eben nur zwischen Juni und […]
[…] Badeorte in Richtung Ballermann, genieße ich sie umso mehr in den stillen Zeiten (etwa Henne Strand). Kennen sie keine stillen Zeiten mehr (wie zum Beispiel Søndervig), meide ich sie ganz und gar. […]
[…] wir vorgestern abreisten, kamen uns die, die gerade anreisten als eine einzige Kolonne entgegen. Speziell in Urlaubsorten wie Henne Strand liebe ich den Winter darum am allermeisten. In weniger frequentierten Orten kann man spontan aber noch Glück bei der Ferienhaussuche haben. […]
[…] Henne Mølle Å (Bach bei der Mühle von Henne) fließt südlich von Henne Strand in die Nordsee. Auf seinem Lauf vom See Filsø zum Meer ist das Flüsschen beinahe in Gänze […]
[…] der Strand nicht gerade aus allen Nähten, was im August in den benachbarten Orten Vejers und Henne Strand durchaus der Fall ist. Seit dem war ich noch zwei weitere Male dort und stellte fest: in Grærup […]
[…] Henne Strand eignet sich im Winter bestens für einen Trip mit Freundinnen und Freunden. Hier kommen nämlich alle zum Zug: die, die ein bisschen Leben brauchen genauso wie die, die es am liebsten menschenleer haben – am Strand, auf Waldtrails und vor allem auf spektakulären Dünenpfaden. Henne ist die Dünenkönigin. […]