Heute beginnt für Misanthropen die ultimativ schlimmste Woche des norddeutschen Sommers: alle Bundesländer haben jetzt Ferien. Auf unserem Blog landen vermehrt Leute, die einsame Strände an der Ostsee in Schleswig-Holstein suchen.
Das ist ein guter Grund, endlich einmal die Bilder von Großenbrode hochzuholen, die seit einiger Zeit auf unserer Festplatte schlummern. Mir fehlte bisher der Impuls. Ich habe über die Jahre ein bisschen den Spaß an den Seebädern im Sommer verloren. Was insofern interessant ist, weil ich früher mal fand, die Strände der Seebäder wären die allerbesten.
Großenbrode ist keines der großen Seebäder. Die Gemeinde liegt ein bisschen ab vom Schuß auf der wagrischen Halbinsel, kurz vor der Fehmarnsundbrücke. Der alte Ortskern ist sehr hübsch anzusehen. Der Strand uncharmant bebaut. So wie das mittlerweile in allen 23 Seebädern an der Ostseeküste von Schleswig-Holstein ist. Es gibt kein einziges ohne Bausünden. Großenbrode gehört zu denen, die´s zwar nicht maximal aber doch ziemlich schlimm erwischt haben.
Der Strand von Großenbrode ist allerdings nicht übel. Auch das gilt für alle Seebäder an der Ostseeküste. Der Sand ist immer fein. Der Meeresboden steinlos. Eine Seebrücke ragt in die Ostsee und an den Promenaden lässt sich das Geld verjuxen. Das ist ideal für alle, die nicht recht mobil sind, mit kleineren Kindern unterwegs oder eben für diejeningen, die Lust auf Trubel haben. Davon gibts ja auch einige. Und daher: Ist der Strand von Großenbrode zur Hochsaison voll.
Die Strände aller Seebäder sind im Sommer proppevoll. Es gibt kein einziges, wo es anders wäre. Auch alle Orte am Meer, die sich nicht mit dem Titel „Seebad“ schmücken, sind proppevoll. Selbst die, die nicht besonders großartige Strände vorweisen können. Das ist die schlechte Nachricht. Schleswig-Holstein ist zu klein für all die Menschen, die hier ihren Sommerurlaub verbringen.
Einsame Strände an der Ostsee in Schleswig-Holstein? Gibts das überhaupt?
Die allervollste Ecke ist die Lübecker Bucht. Das ist der südliche Teil der Ostseeküste von Schleswig-Holstein. Dort stehen die Strandkörbe dicht an dicht. An heißen Tagen ist kaum ein Platz für´s eigene Handtuch zu finden. Und zwar auf einer Länge von etwa 40 Kilometern. Hier reihen sich nämlich die „beliebtesten“ Seebäder aneinander. Also die vollsten.
Gleich vier Orte auf der Top-Ten der allervollsten Orte in Schleswig-Holstein liegen in der Lübecker Bucht: Travemünde, Timmendorfer Strand, Scharbeutz und Grömitz. Vier weitere befinden sich an der Nordsee bzw auf den Inseln. Bleiben also nur noch zwei Mega-Touri-Zentren für den ganzen Rest. Das ist die gute Nachricht. Und die führt nun wieder nach Großenbrode.
Hat man Grömitz erst einmal weit genug hinter sich gelassen, folgen auf den rund 500 verbleibenden Küstenkilometern bis zu dänischen Grenze nur noch Orte, von denen aus man recht schnell zu ruhigeren Stränden spazieren kann.
Ich schreibe extra spazieren und nicht radfahren. Denn ruhig ist es meist dort, wo man mit dem Fahrrad schlecht oder gar nicht hinkommt. Und ich schreibe auch extra ruhig und nicht einsam. Denn wirklich einsame Strände gibt es im Hochsommer in Schleswig-Holstein nicht.
Verhältnismäßig einsame Strände an der Ostsee in Schleswig-Holstein: Unsere persönliche Top 5
Großbenbrode ist – von Süden gesehen – das erste Seebad von dem aus man in jede x-beliebige Richtung in die relative Ruhe laufen kann. Abgesehen von der Lübecker Bucht und Kiel ist das überall möglich. Wobei man manchmal recht weit laufen muss und manchmal „nur“ Steinstrände oder Steilküsten vorfindet. Aber eben auch ungeahnte, verschwiegene Eckchen und Badestellen. Hier ein paar Vorschläge für alle, die mal was anderes als die üblichen Seebäder ausprobieren mögen.
Platz 5: Am Fehmarnsund
Großenbrode besitzt nicht nur seinen Hauptstrand, sondern ist an drei Seiten vom Meer umgeben. Auf dem letzten Landfinger vor der Insel Fehmarn darf man keine Einkehrmöglichkeiten am Wasser erwarten. Dafür ist das Licht ein ganz Besonderes. Außerdem warten spannende Rundwege, tolle Spots, um die Fehmarnsundbrücke zu fotografieren, Steinstrände und kleine Steilküsten (an denen sich ab und zu Robben zeigen sollen) und der lange Sandstrand von Orthfeld.
Ob da was los ist oder nicht, hat mit dem Wind zu tun. Steht er günstig, wird der Strand von Kitern und Surfern bevölkert. Steht er ungünstig, werden Algen in gewaltigen Ballen angeschwemmt. Merke: wenn Strände in Schleswig-Holstein nicht voll sind, hat das grundsätzlich immer damit zu tun, dass die Natur nicht gezähmt ist. Das mögen viele Leute nicht.
Platz 4: An der Flensburger Förde
Die bewaldeten Steilhänge an der Flensburger Förde sind für heiße Tage ideal. Besonders schön wird die Sache unterhalb des Glücksburger Golfclubs. Hier führt der Fernwanderweg Fördesteig entlang des Strandes von Bockholmwiek durch den Siegumer Wald. Wer dem Fördesteig folgt, gelangt zum einzigen Fischereihafen an der Flensburger Förde. Langballigau ist nicht unbedingt einsam zu nennen. Es lohnt sich aber trotzdem – allein wegen des ersten Blicks auf die kleine Gemeinde. (Jenseits nimmt die Badegästedichte dann auch gleich wieder schlagartig ab).
Obwohl Langballigau von traumhaft schönen Steilufern eingerahmt wird, tummelt sich alle Welt am schmalen Strandstreifen vorm Campingplatz. Steilufer bedeuten nämlich Steine. Am Strand und im Wasser. Wer wirklich einsame Strände will, muss sich daran gewöhnen. Vielleicht sogar über den Kauf von Aquaschuhen nachdenken.
Platz 3: In der Geltinger Bucht
Die Geltinger Bucht ist das Bullerbü von Schleswig-Holstein. Weit entfernt von der nächsten Autobahn ziehen die kleinen Naturstrände von Habernis Au, Norgaardholz und Steinberghaff nicht gerade Horden an. Es kann einem an gewissen trotzdem zu eng werden, denn die Sandsicheln sind so winzig, dass schon eine laute Familie zu viel, das Vergnügen trüben kann.
Aber was soll´s. Dann läuft man eben in die eine oder andere Richtung weiter. Bis zum nächsten verschwiegenen Spot. Merke: Das Beste liegt in Schleswig-Holstein immer dazwischen. Und ist nie leicht zu erreichen.
Platz 2: Auf dem Dänischen Wohld
Dänischer Wohld heißt die Landschaft zwischen Eckernförde und Kiel. Hier finden sich (mal wieder zwischen den Campingplätzen) einige Strandabschnitte, die nicht mit dem Auto erreichbar sind bzw nicht über Parkplätze verfügen. Entspannt ist die Lage daher meist in der Aschauer Lagune oder auf den Kilometern zwischen Surendorf und Dänisch-Nienhof. Wo die bewaldete Düne von Noer den Strand schützt, kommen sogar nicht mal mehr Radfahrer weiter. Dort ist es – jenseits des Campingplatzes – am ruhigsten.
Platz 1: An der offenen Ostsee
Beim Naturschutzgebiet Geltinger Birk öffnet sich die Ostsee. Das heißt, die Strände sehen hier wirklich so aus, wie man sich Traumstrände gemeinhin vorstellt. Weiß und breit. Die Kilometer zwischen Falshöft und dem recht beliebten Strand von Kronsgaard sind – verglichen mit anderen Küstenabschnitten – selbst im Sommer recht angenehm.
Allerdings nicht so angenehm wie auf den Fotos; so schön leer ist die Gegend nur in der Vor- und Nachsaison. Oder bei schlechtem Wetter. Im Hochsommer gehen hier Nackedeis einher. Aber irgendwas ist ja immer.
Wirklich einsame Strände an der Ostsee in Schleswig-Holstein? Gibt es nicht!
Damit keine falsche Vorstellungen aufkommen: einsame Strände an der Ostsee in Schleswig-Holstein gibt es nicht. Es gibt nur ruhigere Ecken. Dort kann es passieren, dass man mal eine halbe Stunde ganz für sich ist. Aber garantiert ist das nie.
Auch muss man sich ruhige Strände erarbeiten (im Sinne von „erlaufen“). Das ist nur etwas für Leute, die Spaß am Entdecken und Rumstromern haben. Die Naturstränden etwas abgewinnen können. Die nicht die Nasen rümpfen, wenn es nach Algen riecht. Die keine Beach-Bar brauchen. Keinen Strandkorb. Die Ruhe wichtiger finden, als steinlose Buchten. Und ein (so isses leider) Dixie-Klo nicht zur Verzweiflung bringt.
Alle anderen müssen in die Seebäder oder an andere erschlossenen Strände. Und dort ist es jetzt voll. Überall. Kann ja auch Spaß bringen. Wenn man der Typ dafür ist.
Mehr Tipps dieser Art finden sich in unserem Reisebuch „52 kleine & große Eskapaden an der Ostsee in Schleswig-Holstein“
Kann ich bestätigen! Wirklich (über Stunden) einsame Strände in Schleswig-Holstein gibt es eigentlich nicht. Schön und meist ruhig ist es aber z.B. noch zwischen Grömitz und Pelzerhaken, eher südlich von Grömitz (dichter an G. als an P.) und unterhalb der Steilküstenabschnitte. Da wagen sich meist eher weniger Gäste hin, aber auch dorthin kommt man nur in Verbindung mit einem längeren Fussmarsch.
LG Alex
Wer wandern mag, ist klar im Vorteil, nech?!
Hallo Stefanie,
ich bin so froh, dass ich nicht auf die Schulferien angewiesen bin. Die überfüllten Strände schrecken mich ab, zumal ich nicht gerne im Strandkorb sitze.
Die Ecken sind im allen anderen Jahreszeiten und außerhalb der Ferien bestimmt super toll. Die Bilder von der Flensburger Förde gefallen mir richtig gut.
Liebe Grüße
Liane
Die Flensburger behaupten ja, es ist die schönste Förde der Welt 🙂 (Ist aber auch wirklich eine wunderschöne Gegend. Im Norden die Schönste, würde ich sagen.)
Ganz in der Nähe von Großenbrode liegt Ostermade, dort stand der Wohnwagen der Ex-Schwiegereltern in den Sommern der frühen 80er. Wir waren dort, sobald die Sonne schien. Vorteil damals: Diese ganz, ganz, ganz spezielle Geselligkeit der Camper sorgte dafür, dass der Strand uns immer allein gehörte. Ist das heute noch so?
LG
Janne
Wie meinst Du das, Janne. Gingen die Camper nicht an den Strand? (Ich glaube, das ist immer noch so – ich muss mal verstärkt drauf achten 🙂
Liebe Stefanie, wenn ich mir Deine traumhaften Fotos so anschaue, fällt die mir Entscheidung, welchen Strand ich am schönsten finde, ziemlich schwer… Man sollte vielleicht einfach Deine Tipps in der vorgeschlagenen Reihenfolge abklappern, das Wetter momentan lädt ja dazu ein! ?
Liebe Grüße, Martina
Ich bin früher viel nach Fehmarn gefahren, an Großenbrode vorbei, und erinnere mich, dass es in Großenbrode immer so „roch“…
Toller Beitrag, wie eigentlich alle von dir. Wir machen regelmäßig in Travemünde (auf dem Priwall) Urlaub und haben schulpflichtige Kids, also nix mit Ruhe an der Lübecker Bucht. ABER – und das hast du schon in einem eigenen Beitrag geschrieben: Wandert man über die Landesgrenze nach MeckPomm, was vom Priwall aus gerade mal 1 km ist, dann werden die Strände sehr schnell ruhig bis einsam. Ich sage mal – Pötenitz oder Rosenhagen bieten genug Platz, dass man da so viel Ruhe findet, dass man sich im Vergleich zum völlig überfüllten Travemünde schon einsam vorkommt.
Super Übersicht, Stefanie! Als ich mal in Kiel gewohnt habe (…schon ein Weilchen her), war Dänisch-Nienhof mein Lieblingsstrand. Allein schon der Weg dorthin durch den Wald (zu Fuß natürlich), und dann die Steilküste vor einem… Am besten war es da immer im Herbst bei Sturm. Da war man oft ganz allein. Und den einen Winter, als die Ostsee zugefroren war. Da konnte man bis zum Horizont über Eisschollen klettern. Ach, ich werde nostalgisch…
[…] Großenbrode gehört zu den Ostseebädern, von denen ich immer glaubte, sie könnten ohne Touristen charmanter sein. Am Strand reihen sich Retortenbauten, entstanden erst in jüngerer Zeit und für meinen Geschmack viel zu brachial für die zerbrechliche Küstenlinie Holsteins. Am meisten Seele besitzen dort die ehemaligen Kasernen eines Seefliegerhorsts. Die Marine unterhielt hier im Zweiten Weltkrieg Schiffsanleger für Mienenräumboote und einen Wasserflughafen. […]