Wenn Ægir, der Meeresriese und sein Bruder Kári, der Herrscher der Winde, von der offenen See auf das Eidersperrwerk zustürmen, liegen die besten Plätze hinter dem Aussichtspavillon am Parkplatz.
Dort kann man im Schutz des Gebäudes den Blick auf die wilde Eider genießen. Und dann versteht man, warum die Germanen dem längsten Fluss Schleswig-Holsteins den Namen Egidor – Schreckenstor – gaben.
Zweimal täglich schicken Ægir und seine Frau Rán ihre Töchter, die Meereswellen, hier ins Land. Zweimal am Tag rufen sie sie wieder zu sich. Es sind gewaltige Mengen Wasser, die die Eider mit der Flut aufnehmen und bei Ebbe wieder abgeben muss. Und nicht alle der neun Ægirstöchter sind friedlich.
Wehe, wenn Dúfa (die Hohe), Blóðughadda (die Bluthaarige), Hefring (die Steigende), Uðr (die Schäumende) oder Bylgja (die Wogende), kommen. Seit Urzeiten brechen sie Deiche, überschwemmen die Marsch, Dörfer und Städte.
Über Jahrhunderte führte jede Eindeichung, jede Begradigung, jeder Kanalstich, jede Einengung der Eider immer nur dazu, dass an anderer Stelle etwas aus dem Lot geriet. Dann wurden noch größere Schutzwerke nötig. Am Ende hatte der Mensch den natürlichen Wasserhaushalt der Eider so nachhaltig verändert, dass nur noch Gigantismus helfen konnte.
Das Eidersperrwerk ist das größte Küstenschutzwerk Deutschlands
Über den Bau und die technischen Details des Eidersperrwerks informieren Schautafeln am Aufgang zu den fünf gewaltigen, doppelreihigen Fluttoren. Sie messen jeweils 40 Meter. Die Kammerschleuse für die Schiffe ist 75 Meter lang und 13 Meter breit.
Für mich gehört das Eidersperrwerk definitv zu den Dingen, die man in Schleswig-Holstein mal gesehen haben muss. Heute nimmt man die Nordsee ja in erster Linie als Urlaubsattraktion wahr. Aber wenn man selbst mal über das Schreckenstor spaziert ist, bekommt man eine Ahnung, wie bestimmend sie für das Leben an der Westküste ist. Viel länger als eine halbe bis ganze Stunde braucht man für den Besuch nicht…
… aber wo Du nun schon mal da bist: Tipps rund ums Eidersperrwerk
Das Eidersperrwerk stellt gleichermaßen die Grenze zwischen Dithmarschen und Nordfriesland dar. Auf Dithmarscher Seite ist die Badestelle des Wesselburener Koogs einen Abstecher wert. Und sei´s nur, um mal richtig runterzukommen. Dithmarschen ist die Ruhe selbst.
Die Halbinsel Eiderstedt beginnt mit dem Katinger Watt. Das frühere Eiderwatt ist heute ein Naturschutzgebiet. Rumstromern lohnt sich. Birdwatcher können sich beim NABU ein Fernglas gegen geringe Gebühr ausleihen. Aktuell ist leider der markante Vogelbeobachtungsturm gesperrt. Die Eiderdamm funktioniert aber auch als Ausguck. Drei Hides befinden sich gleich beim Naturzentrum Katinger Watt.
Wer vom Naturzentrum dem Deich noch einige hundert Meter folgt, gelangt zur Schankwirtschaft Andresen. Seit 1686 gehört sie zu den Top-Adressen der Gegend. Die älteste Schankwirtschaft an der Nordseeküste ist berühmt für die wunderschöne Kachelstube (die anderen Stuben sind auch nicht ohne) und Schwarzbrot mit Krabben und Spiegelei.
Gar nicht weit weg ist auch Tönnig mit seinem entzückenden Hafen. Wer die Flutmarken von 1962 einmal gesehen hat – und sich bewusst vorstellt, was das bedeutet haben muss, als die Sturmflut über die Nordseeküste hereinbrach, bekommt noch mal ein ganz anderes Gefühl für das Eidersperrwerk.
Das Eidersperrwerk: beste Zeit & bester Blog
Ich persönlich mag das Eidersperrwerk bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit. Seit ich vor einigen Jahren bei Ulrike vom Blog Watt & Meer über die Brutzeit der Seeschwalben und Lachmöwen gelesen habe, nehme ich an, dass der Frühling die tollste Zeit für einen Besuch ist. (Genau weiß ich es nicht, denn ich hab´s noch nie im Frühjahr geschafft).
Ulrike ist aber ganz regelmäßig vor Ort – es gibt keinen Blogger, der sich ähnlich gut auskennt. Man findet bei Ulrike also alles Wissenswerte über das Eidersperrwerk. Gerade ein paar Tage vor mir war sie wieder da.
Einfach „nur“ DANKE für Deinen Bericht … er ist wieder wunderschön und sehr informativ.
Ostfriesland-Grüße, Margot
Aber sehr gerne. Und Danke für´s Danke 🙂
Da hatten die Germanen wohl eine Vorahnung. Ohne das Sperrwerk wäre der Gezeitenwechsel wohl nur halb so spektakulär wie du ihn hier festgehalten hast :-).
Und andersherum gilt das erst Recht. Gezeiten sind schon was Tolles.
Liebe Stefanie,
das Bauwerk ist wirklich beeindruckend. Danke für den spannenden Bericht.
Liebe Grüße
Liane
Danke für´s Lesen. Und Kommentieren. Ganz liebe Grüße zurück. Stefanie
Liebe Stefanie, das Schreckenstor am Ende der Welt – großartig!
Das Eidersperrwerk kann man sogar besichtigen ( Termine findet man hier : https://www.echt-dithmarschen.de/urlaubsthemen-veranstaltungen/veranstaltungskalender/details/eidersperrwerks-fuehrung-wesselburenerkoog/ ) und das ist meiner Meinung nach echt lohnenswert. Allein die Tatsache, dass nachts, wenn alle schlafen, der gesamte Küstenschutz der deutschen Nordseeküste von Holland bis Dänemark im Turm des Sperrwerkes zusammenläuft, finde ich total spannend. Nachts sitzt dort oben ein Mitarbeiter mit lauter Telefonen und einem roten Knopf, den er alle 20 Minuten drücken muss. Damit er nicht einschläft. Damit wir auch bei Sturm in Ruhe schlafen können.
Es wird auch viel über die Bauphase erzählt. Das Sperrwerk dort in die Eidermündung zu setzten, war keine ganz triviale Aufgabe. Wer öfter mal durchs Sperrwerk Richtung Eiderstedt oder St. Peter unterwegs ist, stelle sich mal vor, dass die Strasse durch den Wesselburenerkoog bis in die 70iger eine Sackgasse war. Da war „kurz mal nach St. Peter an den Strand“ eine kleine Weltreise und unser Koog dem Ende der Welt noch ein Stückchen näher.
Liebe Grüße, Ulrike
Wie spannend, Ulrike… das wusste ich natürlich nicht (wie gesagt: niemand kennt sich besser aus als Du 🙂
Danke fürs Mitnehmen 🙂 ich habe die Töchter von Ægir und Rán fast donnern gehört.
Darüber freue ich mich. Denn so soll das sein!
Beeindruckend, auch für nicht ganz so alte Germanen (oder wozu ich Wirtschaftsflüchtling zählen mag)!
In Tönning bitte nicht das Multimar Wattforum vergessen. Da ist zu sehen, was so über und unter Wasser kreucht und fleucht.
Danke für die Ergänzung, lieber Ludwig. Ich habe es noch nie ins Multimar geschafft und konnte es deshalb natürlich nicht empfehlen. Aber wenn Du es – mit all Deiner Fachkenntnis – gut findest, kann ich ja sicher sein, dass der Besuch lohnt.
Irgendwie ist das Eidersperrwerk ein magische Ort. Wie oft habe ich mich schon auf den asphaltierten Deich gesetzt und einfach aufs Meer geschaut und auf die Krabbenkutter, wenn sie ein- oder auslaufen. Oft, wenn wir an die Westküste fahren, dann auch ans Eidersperrwerk. Und aussteigen und über den Deich schauen.
Und immer wieder beeindruckend, wie sich die Eider vom kleinen Bach bis zu einem so breiten Strom entwickelt.
Liebe Grüße
Kai
Lieber Kai,
dass Du Dich an der Quelle auskennst, habe ich schon auf Deinen Seiten gelesen. Irgendwann… guck ichs mir auch mal „in Echt“ an 🙂
Vom Eidersperrwerk geht es für uns meist immer ins Katinger Watt zu einem schönen Spaziergang. Der Wald und die Wiesen laden einfach ein zu einer Reise durch die Natur. Wenn man Glück hat, kann man dort auch die Seeadler sehen.
LG Kerstin
Liebe Kerstin, das Katinger Watt finde ich auch wunderschön. Auch wenn ich dort (oder anderswo) noch nie einen Seeadler gesehen habe. Liebe Grüße zurück, Stefanie
Das hast du aber schön auf den Punkt gebracht. Das Sperrwerk ist ein Gigant, man mag ihn oder nicht, aber er ist da und beeindruckt einfach nur, das finde ich auch. Und danke für deine wundervollen Tipps.
Liebe Grüße
[…] Schreite über das Schreckenstor. Das Eidersperrwerk ist das größte Küstenschutzwerk Deutschlands und nebenbei vielleicht auch noch das […]
[…] aller nordfriesischen Bauwerke immer so fröhlich macht. Aber Seevögeln geht es genauso. Am Eidersperrwerk, ziemlich nah an der Straße, vom Publikumsverkehr nur durch einen mobilen Zaun geschützt, bauen […]