Es gibt Dinge, die passen so perfekt zueinander, dass man glaubt, sie wären füreinander geschaffen. Eine unschlagbare Spitzenkombi ist beispielsweise:
ein freier Tag +
Septembersonne +
die Schlei.
Als Kind nahm ich an, die Schlei wäre ein Fluss. Was eben so wenig stimmt wie die Vermutung einiger Touristiker, die Schlei sei ein Fjord.
Die Schlei ist ein Meeresarm. Beinahe so lang wie ein Marathon erstreckt sie sich von der Ostsee bei Schleimünde bis Schleswig im Landesinneren.
Dort beginnen wir unsere Tour – auf der Schleswiger Museumsinsel, gelegen in den äußersten Ausläufern der Schlei.
Ein angemessener Auftakt: Schloss Gottorf in Schleswig
Schon auf dem Parkplatz der Museumsinsel kann ich einen weiteren Irrtum zur Seite legen. Denn bis gerade glaubte ich noch, das Tollste an Schloss Gottorf wären die Moorleichen. So trug man es sich nämlich während meiner Schulzeit zu. Doch Gottorf hat viel mehr zu bieten. (Wobei ich nichts gegen Moorleichen gesagt haben will.)
Einen Rundgang durch drei Jahrhunderte Gartengeschichte, bietet der Gottorfer Gartenpfad. Von der Schlossinsel führt der Weg zunächst über die Schlossallee durch die Schilflandschaft der Schlei.
Am Eingang zur barocken Gartenanlage gabelt sich der Pfad.
Rechts hoch gehts gleich zum nächsten Museum; dem Forsthaus mit seinen alten Schleswig-Holsteinischen Küchengärten von 1900. Links gelangt man über eine Lindenallee zum Barockgarten.
Die Herkules-Gruppe ist eine Replik. Das Original versank im Teich, wurde vergessen, zerbröselte in 300 Teile und konnte erst 1994 geborgen und zusammengefügt werden.
Ebenfalls ein Nachbau befindet sich im Globushaus: Der begehbare Riesenglobus von 1651 gilt als erstes Planetarium der Welt – musste aber nach einer kriegerischen Niederlage Zar Peter dem Großen „geschenkt“ werden. In der originalgetreuen Rekonstruktion können zehn Personen auf einer umlaufenden Bank Platz nehmen und den Lauf der Sterne beobachten.
Über dem Globushaus liegt der alte Barockgarten. Seit etwa fünfzehn Jahren wird er in die Phase seiner größten Prachtentfaltung um das Jahr 1690 zurückverwandelt und zeigt wie Gartenbau einst Kunst, Kultur und Wissenschaft verband.
Nach drei Stunden Kultur ist bei uns immer so ein bisschen die Luft raus. Dabei haben wir längst nicht alles gesehen. Und nicht einmal einen einzigen Blick in irgendein Gebäude geworfen. Wir müssen also dringend wiederkommen. Toll stelle ich mir die Anlage auch an einem klaren Wintertag vor. Aber jetzt ist erstmal Sommer angesagt.
Wer noch nie zuvor in Schleswig war, sollte sich unbedingt noch die Fischersiedlung auf dem Holm anschauen. Einen Eindruck gibts bei Claudia und Ralph von MeerART.
Wer das alte Viertel auf der kleinen Insel schon kennt, darf weiterfahren.
Aber: Vorsicht! Jetzt wirds ernst. Die Schlei tut unschuldig. Doch in Wahrheit ist sie eine Herzensbrecherin. Sie kann zu lebenslanger Sehnsucht führen.
„Du bist die Meerestochter selbst“
dichtete Ludwig Hinrichsen aus Kappeln in seiner Hymne an die Schlei. Auf ihrer gesamten Länge gibt es keinen einzigen belanglosen Kilometer. So ist es im Prinzip auch egal, wo man sich einquartiert. Vielleicht ist Angeln (das ist die Landschaft am nördlichen Ufer) einen winzigen Tick schöner als Schwansen auf der anderen Seite. Und vielleicht sollte man auch nicht unbedingt in Schleswig, Eckernförde oder Süderbrarup nach einer Unterkunft suchen. Vielleicht ist das aber auch nur unser persönlicher Geschmack.
Die Straße führt mal direkt an der Schlei entlang, dann wieder ein wenig entfernt. Es lohnt sich immer und in jedem Fall eine der kleinen Stichstraßen ans Ufer zu nehmen; wie hier bei der Fähre von Missunde.
Was die Schlei unter anderem so reizend macht, sind ihre Badestellen mit feinstem Sandstrand. Oft findet man sie versteckt am Ende von Waldwegen. Diese hier gehört zu Ulsnis.
Die Schlei ist zu unserer großen Zufriedenheit nicht zugebaut. Dabei finden wir eine Unterkunft am Wasser natürlich großartig (das ist ein kleines, inneres Paradoxon, aber was will man machen?). Menschen, die es entspannt, ruhig und einsam mögen, können wir die Ferien-Appartements Schleiblick in Karschau empfehlen. Näher an der Schlei kann man kaum wohnen. Eigene Badestelle und Bootsanleger gibts inklusive. Besonders schön scheint mir das Appartement Nummer 7.
Manche Gäste, so erfahren wir, kommen extra immer im Winter, um ganz für sich zu sein. Uns ist es auch jetzt einsam genug.
Abendspaziergang nach Arnis
Das nächste Restaurant liegt 5 km entfernt in Deutschlands kleinster Stadt, Arnis. Genau die richtige Entfernung für einen Abendspaziergang.
Die ersten 2,5 km müssen wir auf dem Radweg neben der Straße laufen. Das ist ein bisschen lästig, aber nicht zu ändern, da wir das Noor von Grödersby umrunden müssen. Noore sind auch so eine typische Sache für die Schlei; beinahe komplett abgetrennte Gewässer, die Seen gleichen.
Wenn man nicht gerade von Karschau aus loslaufen muss, um ein Restaurant zu finden, sondern einfach so einen schönen Abendspaziergang unternehmen möchte, ist die Strecke von Grödersby bis Kappeln eine feine Sache. Das sind ebenfalls rund 5 km, aber eben immer an der Schlei lang.
Und an der Schlei sieht es an einem Sommerabend im September so aus:
Direkt hinter der Badeanstalt von Arnis befindet sich das Restaurant Strandhalle; ein Klassiker für Einheimische wie Touristen. Übertroffen wird ihr Bekanntheitsgrad nur noch von der Schleiperle . (Aktualisierung: Das ehemalige Restaurant wurde nach zwei betriebslosen Jahren im Sommer als Café wiedereröffnet. Getestet haben wir´s noch nicht – aber die Lage macht den Besuch eh zum Pflichtprogramm).
Wer´s rustikaler mag, ist aber auch hinter den Werften im Arnisser Fährhaus (liegt direkt an der Fähre) gut aufgehoben. Das Dorschfilet mit Bratkartoffeln ist ein Hochgenuss und schmeckt – im allerbesten Sinne – wie bei Oma. Verlaufen kann man sich in Arnis übrigens unmöglich. Man geht einfach immer am Wasser lang.
Im Arnisser Fährhaus wird einem auch klar, dass die Schlei von der Ostsee gespeist wird. Ohrenquallen, Möwengeschrei, Salz in der Luft. Weil die Ostsee aber noch rund 10 km entfernt ist, fehlt der Wind. So sitzen wir Jacken-los und genießen den stillen Abend. Was ist das nur für ein Sommer, dieser Sommer 2014 in Norddeutschland? Die lauen Nächten wollen gar nicht enden. Obwohl die Tage schon merklich kürzer geworden sind.
Nicht so viele Gedanken haben wir uns (zum Glück) darüber gemacht, wie man eigentlich im Stockdunklen von Arnis nach Karschau zurückkommt. Einen Taxistand gibt es in Deutschlands kleinster Stadt jedenfalls nicht.
Und so tappen wir satt und zufrieden durch die Angeliter Fisternis. Wie schön, dass es solche Finsternis überhaupt noch gibt. Am Himmel Sterne, Sterne, Sterne. Und über der Schlei geht ein orangefarbener Mond auf.
Liebe Stefanie,
was für ein schön, sehr persönlicher Bericht von einer sehr schönen Gegend!
Danke fürs Mitnehmen!
Wenn ich das meinen Partner lesen lassen, dann packt er sofort die Taschen 🙂 – er liebt die Schlei!
Wir waren auch schon mal zusammen dort, damals noch mit seinem ‚Leo‘, den es aber inzwischen nicht mehr gibt.
http://deichrunnerskueche.de/2010/10/kurzurlaub-in-maasholm-an-der-schlei.html
Mit welcher Kamera fotografierst du? Deine Bilder sind toll – du hast ein Auge dafür (die Kamera alleine macht es nicht!)
Liebe Grüße
Eva
Liebe Eva,
das Kompliment für die Fotos gebe ich mal weiter an Volko. Ich knipse nur, wenn er nicht dabei ist.
Bei ihm liegts tatsächlich nicht an Kamera. Er ist nämlich Fotograf. Fast alle Fotos sind mit dem
Telefon (Fairphone) oder einen kleinen Canon G10 geschossen. „Ernsthaft“ fotografiert er meist mit einer EOS,
aber das ist hier für den Blog glaube ich nur auf Helgolands Düne geschehen.
Und jetzt schau ich mir mal Eure Maasholm-Fotos an. (Ich habe heute auch ein paar wenige gepostet).
Liebe Grüße
Steffi
Richtig schön-ich werde mich gleich aufs Rad schwingen und Richtung Schlei fahren (in meinem Alter natürlich mit dem E- Bike)Richtung Missunde -Ulsnis- Lindaunis Rieseby-Osterby) Ob ich das wohl schaffe?Übrigens, ich hätte immer der Blog gesagt-schönes Wochenende Erika
Dito, die Dame. Die Tour klingt super, wenn auch ambitioniert; und der Tag ist herrlich. Viel Spaß, Steffi
Knapp 50 Kilometer in 2 3/4 Stunden-vielleicht sollte ich mich zur Tour de France anmelden!
Allerdings!
[…] liebt die Schlei heiß und innig. Die winzige Lotseninsel von Schleimünde ist zu einem richtigen Sehnsuchtsort […]
Liebe Stefanie,
ein sehr schöner Bericht aus deinen/euren Augen gesehen. Wie man erkennen kann, hat dich/euch die Schlei genauso verzaubert wie uns. Vielen Dank für die Verlinkung. 😉 Das hat uns sehr gefreut.
Sonnige Meeresgrüße,
Claudia
Hallo Claudia,
das ist ja nett von Dir zu hören 🙂 Der Beitrag ist ja schon aus dem September. (Aber wir ziehen gerade um; von wordpress.com auf selbsteghostet. Vielleicht hast Du deshalb noch einmal eine Info bekommen?! Mir ist so vieles nicht klar in Technikfragen). Wie auch immer: Schön, dass Du da warst (obwohl noch gar nicht alle Kisten ausgepackt sind). So habe ich gemerkt, dass die Kommentare auf dem neuen Blog im Papierkorb landen. 🙂
Liebe Grüße, Stefanie
Moin Stefanie,
ist ja witzig. Ich habe in der Tat erst gestern die Meldung erhalten. Aber tröste dich, in Sachen Technik kann man echt ins Fluchen kommen. Ständig ist irgend etwas. 🙁
(Ich habe leider keine E-Mail von dir gefunden, magst du bei Ralph aus dem „f“ noch ein „ph“ machen. 😉 Das wäre lieb. Einen schönen Blog habt ihr da aufgebaut. Gibt ja viele Gemeinsamkeiten. 😉
Herzliche Grüße,
Claudia
Da steckt man nich drin, wie die Hamburgerin sagt 🙂 Und Ralph kriegt natürlich sofort sein ph!!!
😉 Danke.
[…] Ich bin nämlich an der Schlei aufgewachsen, die nicht wirklich ein Fjord ist aber dennoch als Deutschlands einziger Ostseefjord vermarktet wird. Alleinstellungsmerkmal nennen Werber das vermutlich. Die Größte, der Längste, […]
[…] In einem Dreieck zwischen Kappeln, Flensburg und Schleswig. Die Südgrenze der Region ist die Schlei. Östlich reicht Angeln an die Ostsee. An die „offene“ Ostsee sagen die Leute hier. Denn weiter […]
leider ein bisschen weit weg von mir, aber wirklich schön anzusehen. ein tolles drumherum und das licht ist schon richtig herbstlich!
[…] schönsten Wege nach Arnis sind die Spazierwege an der Schlei; egal aus welcher Richtung oder von welchem Ufer. Mein persönlicher Favorit schlängelt sich vom […]
[…] diesen Blogs habe ich weitere schöne Beiträge über Arnis gefunden: Marieola In der Naehe bleiben MeerART Frische […]
[…] Förden, ziehen sich weit ins Land hinein. Die längste und schmalste Förde ist mit gut 40 km die Schlei. Man müsste also nicht mal in der Nähe des Meeres wohnen, um von steigenden Wasserständen direkt […]
[…] eine kleine Dursstrecke dar, denn es geht entlang der viel befahrenen B76. Die Blick auf die Schlei und Schleswig macht´s aber wieder wett. Am Ende erreicht man das sehr empfehlenswerte Restaurant Odins Haddeby. […]
[…] auf Ausflügen vor allem nach draußen zieht, beschränkt sich auf den Schlosspark und den Barockgarten, den man über den Gottorfer Gartenpfad erreicht. Wer was für Archäologie, Zeit- oder […]