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Rain Bar Manchester

Von der (Un)wahrscheinlichkeit, Manchester zu mögen

Die beiden Frauen um die 40 tragen Bademäntel über Flanellpyjamas und wirken, als hätten sie eine anstrengende Nacht hinter sich. Im Prinzip keine übergroße Sache. Es sei denn, man befindet sich im Frühstücksraum eines Mittelklassehotels. Fasziniert beobachte ich, wie die Damen in Puschen zum Buffet schlurfen. Sich Eier, Speck, Würstchen, Bohnen und gegrillte Tomaten auf die Teller häufen. Das Glas der einen gerät in gefährliche Schieflage. Orangensaft schwappt auf den Boden. Sie merkts nicht. Oder vielleicht ist es ihr auch egal. Und was mich am meisten beeindruckt, ist die Tatsache, dass niemand außer mir Bademäntel und Pyjamas im Frühstücksraum für ungewöhnlich hält. Keine Frage: Ich bin in England, dem Land der unglaublichen Outfits. Konkret in Manchester, Wiege der Industrialisierung und verbauteste aller Städte. Es ist nicht leicht hier aufzufallen. Mancunians (wie die Einwohner Manchesters genannt werden) scheren sich nicht unbedingt um Moden, (Schönheits)-ideale oder Zeitgeist. In Manchester setzt man auf Individualität.     In Manchesters Straßencafés könnte man den ganzen Tag sitzen, ohne sich eine Minute zu langweilen. So bunt ist Leben in dieser Stadt, …

Nordwärts auf dem Wild Atlantic Way

Anita und Claudia von Aktiv-durch-das-Leben haben zur Blog-Parade gerufen: Dein schönster Urlaub ever, lautet das Thema. Schwere Frage das. Und abhängig von der Tagesform. Ist einem kalt, sehnt man sich nach Sonne. Findet man alles öde, möchte man Abenteuer. Während man sich in hektischen Zeiten nach Ruhe und Einsamkeit sehnt. Alles könnte man in Donegal finden, dem nördlichste County Irlands. Darüber haben wir bereits an anderer Stelle berichtet. Nicht aber über den Weg dorthin auf dem Wild Atlantic Way. Man erreicht die Westküste von Dublin aus gesehen am schnellsten, indem man die grüne Insel der Breite nach quert. Typisch deutsch freut man sich anfänglich über die leerste Autobahn der Welt (die M6). In knapp 2 Stunden ist man in Galway. Spätestens dort tritt man wie von selbst auf die innere Bremse. Der Wunsch nach möglichst viel wird zum Wunsch nach möglichst langsam. Und in unserem Fall noch zu möglichst nördlich. Ab jetzt ist der Weg das Ziel.     Tag 1: Unterwegs nach Connemara   Connemara ist eine wild-romantische Region mit Heidelandschaften, düsteren Mooren, Traumstränden …

An Englishman In St. Annes

Unsere letzten Stunden in Nordengland verbrachten wir in Lytham St. Annes, einem altmodischen Seebad in Lancashire. Als wir aus dem Auto stiegen, steuerte ein älterer Herr auf mich zu. Er war wie aus dem Ei gepellt. Einer von der Sorte, bei der man denkt, er habe sich ausnahmsweise fein gemacht. Vielleicht Landwirt, dachte ich. Weil er so aussah, als gehöre er zum Ensemble von „Der Doktor und das liebe Vieh“. Ob ich ihm behilflich sein könne, fragte er und zeigte zum Parkautomaten. „Ich bekomme es leider nicht hin. Ich habe so etwas nämlich noch nie bedient.“     Ich murmelte etwas von „complete stranger myself“ und hoffte inständig, dass das Ding bei mir funktionieren würde. Ich wollte diesen Herren, der noch nie in seinem Leben ein Parkticket gezogen hatte, auf gar keinen Fall enttäuschen. Er reichte mir die abgezählten Münzen. Seine Hände waren nicht die Hände eines Schreibtisch-Mannes. Das Ticket zu ziehen, bekam ich tiptop geregelt. Es war ein ganz normaler Parkautomat. Als er mich dafür überschwänglich lobte und mich „my love“ nannte und sagte, …

Blackpool Tower

Knallt mitten ins Herz: Blackpool

Mit Orten ist es wie mit Menschen: Man verliebt sich nicht zwangsläufig in die Schönsten. Manchmal sorgen gerade die Schrammen, Knicke und Unzulänglichkeiten dafür, dass man sein Herz verliert. So ist es uns mit Blackpool gegangen.     Blackpool ist die alte Lady unter den englischen Seebädern. Ihr Make-up mag fleckig geworden sein mit den Jahren und ihr Ruf zweifelhaft. Doch ihrem Charme kann man sich nicht entziehen.     Die Küstenstadt an der Irischen See gilt als Wiege des Massentourismus. Mit Beginn der Industrialisierung kamen Arbeiter aus den umliegenden Textilfabriken in Scharen.     Über Meilen und Meilen reihen sich die Amüsierbetriebe entlang der Promenande  aneinander. Doch die Arbeiterklasse urlaubt längst (all inclusive) in Südeuropa.     Der Blackpool Tower ist 158 Meter hoch. Bei seiner Einweihung im Jahr 1894 war er das höchste Bauwerk Englands. Der Boden der größten Aussichtsplattform besteht aus Glas. So kann man 116 Meter in die Tiefe schauen. In der gewaltigen Stahlfachwerkkonstruktion befinden sich  mehrere (wunderschön alte) Ballsäale, ein Kino, ein Aquarium und ein Circus.     Ein viktorianischer …

Wast Water Beitragsbild

Nordengland: Was für Helden

Tag 4 im Lake District. Und leider auch schon unser letzter. Wie an den Tagen zuvor, schauen wir am Morgen kurz auf die Karte, um in etwa den Weg abzustecken. Eigentlich ist es egal, wohin man sich treiben läßt. In den Lakes ist es überall traumhaft schön. Und schöner als gestern kann es ja  sowieso nicht werden. Allerdings haben wir das gestern auch schon gedacht. Und vorgestern. Und vorvorgesten. Und man will ja wenigstens Dopplungen vermeiden, wenn man schon nicht alles Sehenswerte sehen kann. Unser erstes Ziel ist heute Grasmere, wo der Superheld unter den Lake-Poets begraben liegt – William Wordsworth.   Der mit den Narzissen tanzt   Wordsworth gilt zusammen mit Coleridge als Begründer der englischen Romantikbewegung. Sein Gedicht über die Narzissen (engl.: Duffodils) am Ullswater kennt quasi jedes englische Kind. I wandered lonely as a cloud That floats on high o´er vales and hill When all at once I saw a crowd, A host, of golden daffodils; Beside the lake, beneath the trees, Fluttering and dancing in the breeze.   Das beinahe runde …

Im Herzen des Lake Districts

Etwa in der Mitte des Lake Districts schimmert der Derwent Water wie ein Osternest im Frühlingsgarten. Mit seinen Inseln, bewaldeten Uferhängen und Wasserfällen ist er für mich der schönste See im Nationalpark. Man kann ihn umfahren, umwandern oder mit dem Boot entdecken. Man kann sich auch in direkter Nähe einmieten – für größeres oder kleineres Geld – oder einfach nur still an seinem Ufer sitzen. Hauptsache man nimmt sich Zeit für den Derwent Water und das gesamte Borrowdale.     Tag 3 im Lake District   An einem Sonntag im März machen wir uns relativ früh auf, um den Derwent Water aus der Vogelperspektive zu betrachten. Die Wanderung auf den Mini-Mountain Catbells ist ein echter Klassiker. Reiseliterat Alfred Wainwright beschrieb Catbell in seinem siebenbändigen Standardwerk Pictorial Guide to the Lakeland Fells als … one of the great favourites, a family fell where grandmothers and infants can climb the hills together. A place beloved.   Im Frühtau zu Catbells   Folgt man Wainwrights Beschreibung besteigt man den Catbells von Skelgill aus. Wer mit dem dem Auto …

Early Birds & St. Bees

Tag 2 im Lake District: Der erste Morgen an einem fremden Ort, gehört für mich zu den schönsten Momenten auf Reisen. Kein vernünftiger Mensch springt so früh aus dem Bett wie ich. Darum kann ich das Neue meist ganz ungestört auf mich wirken lassen. In Bassenwaithe sieht vorm Fenster schon mal alles recht vielversprechend aus. Nix wie raus also in die Frühlingsfrische.

Abendstimmung

Ich glaube, hier wurde der Frühling erfunden: Englands Lake District

Nachdem wir ein ganzes Jahr in der Naehe blieben, hielten Volko und ich es beide für wahnsinnig originell, einander zum Geburtstag Reisen in die Ferne zu schenken. So was wird natürlich im Verborgenen geplant, was u.a. zur Folge hat, dass man die Termine nicht abspricht. So reisen wir drei Wochen nach unserem Schweden-Trip schon wieder „weiter weg“. Dieses Mal geht es von Hamburg aus gesehen nur einen Tick weiter nördlich; dafür aber sehr viel weiter westlich – nach Nordengland.

Malin Head

Irlands Norden: Roadtrip in Donegal

In seinem Essay „Weiter weg“ schreibt Jonathan Franzen über die Insel Selkirk, die „von Millionen von Seevögeln und Tausenden Seebären bewohnt wird, aber frei von Menschen ist. … In den sechziger Jahr haben … Tourismusvertreter die Insel nach Alexander Selkirk umbenannt, dem schottischen Seemann, dessen Geschichte auf dem einsamen Archipel wahrscheinlich die Grundlage für Daniel Defoes Roman Robinson Crusoe war, aber die Einheimischen verwenden immer noch ihren ursprünglichen Namen, Más Afuera: Weiter weg. … Im Spätherbst des vergangenen Jahres war es mir ein ziemlich starkes Bedürfnis, weiter weg zu sein. Ab einem gewissen Punkt, nachdem ich über Más Afuera gelesen hatte, stellte ich mir vor, abzuhauen und dort, wie Selkirk, alleine zu sein, im Inneren einer Insel…“ Ich kenne Franzens Gefühl. Auch wenn ich wirklich gern in der Nähe bleibe: manchmal will ich einfach weiter weg sein.  Zum Beispiel im äußersten Norden Irlands: Donegal.  Dun na nGall, die Festung der Fremden, ist touristisch weniger erschlossen als andere Countys. Die Gegend eignet sich perfekt für einen Roadtrip. 5 Orte mögen wir dem Irland-Reisenden ganz besonders ans Herz legen. Der Weg …

A Coast of Beauty: Nordirlands Küste

Seit einigen Jahren geht ein Riss durch die Menschheit. Auf der einen Seite die, die in zerfledderten Exemplaren von „A Song of Ice and Fire“ ihre Lieblingsstellen farbig markieren und in Foren lange Abhandlungen über „Games of Thrones“ verfassen. Auf der anderen Seite die Menschen, die damit überhaupt nichts anfangen können. In Nordirland kommen beide Parteien auf ihre Kosten.