Eigentlich wollte sie Malerin werden. Doch ihre Eltern überzeugten sie, eine solide Ausbildung zu absolvieren. So ist sie Lehrerin geworden. Und das war auch eine gute Wahl. Denn für die Reformpädgogin Alma de l´Aigle waren es »Gärten und Kinder, um die es sich lohnt zu leben.«
Aufgewachsen ist Alma am Rande Hamburgs. 1888, als ihr Vater Alexander de l`Aigle das Haus kaufte, lag dieser Teil Eppendorfs noch in Schleswig-Holstein. Heute braust hier der Verkehr ganz gehörig. Aber hinter den Mauern der Stiftung Anscharhöhe, betritt man eine stillere, langsamere Welt. Hier leben pflegebedürftige Menschen wie in einem eigenen Dorf mit Kirche und großem Park. Das war schon so als Alexander de l´Aigle seinen Garten in direkter Nachbarschaft anlegte.
Es war ein Ziergarten nach vorn heraus, mit geschwungenen Wegen und ovalen Rosenbeeten vor der Veranda. Im mittleren Teil stand das Gewächshaus. Dort zog die Familie Gemüse für den eigenen Bedarf. Den größten Teil nahm der Hintergarten ein, wo Alexander de l´Aigle seinen Passionen fröhnte; dem Obstanbau und der Imkerei.
Ein Garten und Begegnungen mit Rosen
Ihre Kindheitserinnerung hat Alma 1948 in dem Buch »Ein Garten« veröffentlicht. Darin beschreibt sie das Gartenjahr im eigenen Garten, verwoben mit der Entwicklung von heranwachsenden Kindern. Ihr besonderes Interesse galt immer den Rosen. Mit ihrem Buch »Begegnung mit Rosen« fordert sie die LeserInnen auf, dem Bund der heimlichen Rosenpflanzer beizutreten.
Da geht dann der heimliche Rosenpflanzer mit Spaten, oder unauffälliger mit Pflanzkelle, nachdem schon seit längerer Zeit beobachteten Platz, macht ein entsprechend tiefes Loch, schüttet die mitgebrachte Tüte voller Hühner- oder anderem Mist hinein und senkt, die Wurzeln gut verteilend, die Pflanze hinein.
Das Rosenbuch publizierte Alma 1957 auf eigene Kosten. Der Verlag hatte Teile des Manuskripts streichen wollen. Aber die Verfasserin mochte auf keine ihrer 700 Rosen verzichten. Besonders die Beschreibung der Rosendüfte sind bis heute sprachlich unerreicht.
Alma de l`Aigle starb 1959. Drei engangierten Frauen gelang es 1991, ein Viertel des Gartens aus den Klauen eines Investmentunternehmens zu reißen. Gekauft hat den Garten die Stiftung Anscharhöhe. Sie hält ihn öffentlich zugänglich. Sogar einige von Almas alten Rosen wurden gerettet. Wenn sie so ticken wie die Rosen vor meinem Fenster, entfalten sie gerade in diesen Tagen ihre Blüten.
Mehr zu Alma de l`Aigle
Der Garten de l`Aigle liegt versteckt in Eppendorf – die genaue Lage und ein Faltblatt hält die Stiftung Denkmalpflege bereit. Eine Dreiviertelstunde sollte man schon mitbringen, um den Garten zu finden, zu bewundern und die Infotafeln zu studieren.
Mit der richtigen Lektüre kann man es natürlich viel länger auf den Gartenbänken aushalten. Das GartenRadio empfiehlt »Ein Garten«. Der Dingefinder schwört auf »Begegnung mit Rosen«. Beide von Alma de l`Aigle.
Den Bund der heimlichen Rosenpflanzer gibt es wirklich. Bettina Ulitzka aka Alma Gold gehört dazu.
Mindestens ebenso Obstbaum-verrückt wie Alexander de l`Aigle ist Meinolf Hammerschmidt. Sein Apfelbaum-Museum, das Pomarium Anglicum in Sörup, bleibt 2020 leider geschlossen. Aber Urlaub ist im Alten Apfelgarten möglich. Und dann kann man sicher auch einen Blick auf den Alma de l´Aigles Garten der Hammerschmidts werfen.
Moin Stefanie, klingt sehr interessant. Vom Garten de l`Aigle hatte ich noch nichts gehört, werde ich mir die Tage mal anschauen.
schönes Wochenende, kv
Moin, bin heute im Garten de l`Aigle gewesen. Viel darf man nicht erwarten, von den ehemals 8.000 qm großen Garten, ist vielleicht noch 800-1.000qm übrig. Es gibt noch einige Obstbäume. Man kann sich aber schön auf eine der Bänke sitzen und lesen. Der Garten de l`Aigle liegt auf dem Gelände der Stiftung Anscharhöhe (Tarpenbekstraße 107).
Im August gibt es wieder eine Führung:
26.08.2020
„Ein Garten“ – Historischer Spaziergang zum ehemaligen Reformgarten der Familie de l’Aigle
Uhrzeit: 18 Uhr (Dauer ca. 1,5 Std.)
Treff: vor dem Haus Lokstedter Weg 100
Veranstalter: Geschichtswerkstatt Eppendorf
Kosten: 6 €
https://www.denkmalstiftung.de/index.php?pg=termine&me1=96&hl=de
Wer noch nicht in der Gedenkstätte Ernst Thälmann gewesen ist, kann es gut verbinden. Die Gedenkstätte Ernst Thälmann liegt auch in der Tarpenbekstraße.
vg, kv
Da habe ich über 30 Jahre in Hamburg gewohnt und hatte keine Ahnung, dass es diesen Garten gibt. Den werde ich mir für den nächsten Hamburg-Besuch vermerken! Danke für den Tipp!
„L´important-cést la Rose“ besang schon einst Gilbert Becaud.
Wahrlich schöne Blumen-aber ich bevorzuge eher den Halligflieder auf Lüttmoor.
Und privat bevorzuge ich Kakteen,die sind deutlich pflegeleichter und brauchen nicht so oft gegossen zu werden = spart Arbeit.
viele Grüße
Ralf
Ein Geheimtipp, liebe Stefanie, danke! Über 30 Jahre lebe ich nun schon in Hamburg, von der Existenz dieses verwunschenen Orts hatte ich bis gerade eben noch nie gehört.
Wunderschön. Toller Insidertipp, Stefanie. Danke dir.
Wirklich toll, welche Schätze Du immer wieder vor Deiner Haustür entdeckst! Liebe Grüße von Süd nach Nord 🙂
Jetzt bin ich neugierig auf die Dame, von der ich noch nie gehört habe … Und auf die Bücher! Sind die kleinen blauen Schönheiten auf den Bildern übrigens Hasenglöckchen? Liebe Grüße, Jutta
Oh, was für ein süßer Name. Hasenglöcken. Ich bin nicht sicher, aber es könnte sein (habs grad mal gegoogelt).
Ich hab kürzlich mit ihnen geflirtet … im Wald. So einen Blume zum Niederknien. Buchstäblich. Und dann mag man stundenlang zuschauen, wie sie sich leise im Wind wiegen. Nun ja, nicht gerade stundenlang, aber so lange, bis die Knie einer alten Frau – ich – schmerzen : )