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Klappholttal Sylt

Schnee, der auf Dünen fällt: Wanderung durch das Klappholttal

Das Klappholttal auf Sylt heißt laut Wikipedia seit einiger Zeit nicht mehr Klappholttal. Warum nicht, konnte ich ebenso wenig in Erfahrung bringen wie den aktuellen Namen der Dünenlandschaft zwischen Kampen und List. Das finde ich zwar irgendwie seltsam. Gleichzeitig passt es aber ganz prima zu dieser geheimnisvollen, spröden Naturschönheit, die nicht mehr Klappholttal heißt (und die ich im folgenden der Einfachheit halber trotzdem Klappholttal nennen werde).

 

Duenental

 

Winter im Klappholttal

 

Eine Wanderung im Klappholttal ist eine feine Sache, weil man auf der gesamten Strecke nichts mit Autos zu tun bekommt. Auf dem Hinweg wandert man am Strand entlang. Und auf dem Rückweg auf der alten Inselbahntrasse, die sich paralell zum Strand durch eine immense, mysteriöse Dünenlandschaft schlängelt. Bei gutem Wetter ist die Inselbahntrasse ein beliebter Radweg. Aber nicht, wenn´s schneit. Denn wenn´s schneit, geht man natürlich lieber zu Fuß. (Ich ja ohnehin. Und als Einzige an diesem Tag.)

 

Strandweg Klappholttal

 

Gestartet bin ich in der Westerheide; umgedreht an der Buhne 16. Die Strecke würde ich auf ca. 12 km schätzen. Man kann es auch länger oder kürzer halten. Das ist bei beinahe allen Wanderwegen auf Sylt so.

Jedenfalls: meiner begann in der Westerheide (Bushaltestelle Westerheide/Blidsel); einer kleinen (Millionärs)-Siedlung kurz vor List; in etwa dort, wo die Ellenbogenstraße beginnt. Und weil ich die Dünen noch nie zuvor im Schnee erlebt hatte, und weil da außer mir keiner war (gar keiner), war ich einen Moment lang fassungslos. Es war die Fassungslosigkeit, bei der man die ganze Zeit grinsen muss. Oder laut „krass“ sagt, obwohl überhaupt niemand zuhört.

Es war sehr still (mal abgesehen vom Grollen der Nordsee im Hintergrund) und irgendwie mond-artig; mindestens aber wie in den Highlands (also, wie ich es mir in den Highlands vorstelle). Nach einem knappen Kilometer nahm ich den ersten Trampelpfad zum Meer. Und da war ich dann schon wieder fassungslos.

 

Weststrand im Schnee

Leider beschlug die Kamera immerzu, so dass ich die Bilder jetzt als Kunstfotos verkaufen muss

 

Die Nordsee ist an sich schon ein Kracher. Die Nordsee ganz allein für sich – mit einem schneebedeckten Strand ohne Fußspuren – noch mal ein ganz anderes Kaliber. Das hat so was Vorzeitliches. Oder viel mehr Ewiges. Nach etwa einem Kilometer kam mir eine Frau entgegen. Nach einem weiteren Kilometer ein SUV-Fahrer (ich vermute, der Ranger). Und viel später traf ich dann noch mal zwei Frauen. Ansonsten war ich allein.

 

 

Mir ist in den vergangenen Tagen aufgefallen, dass unter den wenigen Spaziergängern auf Sylt überproportional viele allein unterwegs sind. Ich denke, es liegt am schlechten Wetter. Im Moment kann man irgendwie niemanden mit gutem Gewissen zu einem Spaziergang überreden. Im Moment kann man nur freiwillig losmarschieren. Im Moment ist es nämlich nur schön für Menschen, die das Raue lieben. Für die anderen ist es jetzt furchtbar; bzw. nur in Mini-Dosen genießbar.

 

 

Für die, die es nicht furchtbar finden, ist es im Moment allerdings irrsinnig schön. Gerade allein, finde ich. Nichts drängt sich auf, schreit um Aufmerksamkeit oder lenkt ab. Und ohne den üblichen permanenten Input kann man seine eigenen Gedanken auf einmal wieder hören. Bzw zuende denken. Oder überhaupt erst einmal entwickeln.

 

Moewe

 

Man muss allerdings Grautöne lieben, vermute ich. Sonst könnten die Gedanken eine Schwere bekommen. In dem Fall wäre man wohl besser im Sommer auf Sylt aufgehoben. Denn lieblich ist die Insel derzeit eher weniger. Was zum Beispiel im Sommer wie eine Bildungsstätte aus dem Bilderbuch aussieht, sieht im Winter aus wie eine trostlose Gemeinde auf Island.

 

Akademie am Meer im Winter

 

Die Akademie am Meer„, heißt (anders als das Klappholttal) wirklich Klappholttal. Und ist besonders bei Ausdruckstänzern und Hobbymalern ziemlich beliebt. Was ich nicht despektierlich meine. Im Gegenteil. Ich stelle mir einen Aufenthalt großartig vor.

 

 

Beim Gegenteil der „Akademie am Meer“, der Buhne 16, verließ ich den Strand. Die Buhne 16 ist im Winter geschlossen; ansonsten aber unbedingt einen Besuch wert. Auch wenn das Gunter Sax-Feeling natürlich längst Geschichte ist. Aber es ist eben eine wirkliche Beach-Bar und nicht ein Haufen Sand irgendwo in der Stadt. Und ich liebe den Weg vom Bistro bis zur ehemaligen Inseltrasse.

 

 

Der Rückweg auf der ehemaligen Inseltrasse war weniger anstrengend als das Gehen im Sand. Aber nicht weniger meditativ. Weil über Kilometer fast alles gleich aussieht. (Und der Weg wurde zum Ende auch ein bisschen lang; was ich immer prima finde beim Wandern.)

 

Klappholz

 

Dabei fiel mir auch wieder wie ein, wie oft ich im Klappholttal schon halb umgekommen bin vor Durst. (Es gibt nämlich nirgends eine Einkehrmöglichkeit.) Es gibt nur Dünen und Dünen und Dünen und Dünen. Und ein wenig Klappholz hier und da.

 

Schnee auf Duenen

 

Hierzu bemühe ich nochmal die Wiki-Definition: „Klappholt“ – Klappholz ist das durch Wind und Wetter „zusammengeklappte“, krumm wachsende, teilweise als Dickicht imponierende Nadel-Unterholz. Es ist ausgesprochen malerisch und bietet künstlerischen Bestrebungen reichen Gegenstand.

Da stimme ich zu. Wobei ich ergänzen möchte: Im Winter muss man die Grautöne lieben.

Klirrendkalte Königin: Sylt im Januar

Alle Jubeljahre hat man auf Sylt im Januar mal das Glück, dass es saukalt ist. Glück schreibe ich, die überhaupt nichts mit Kälte am Hut hat. Doch ich kann die Klarheit gut gebrauchen nach der zuckersüßen, gemütlichen Weihnachtszeit. Und Sylt ist geradezu schockierend schön, wenn sie die Eiskönigin gibt. Das fängt schon an, bevor man überhaupt da ist. Jedenfalls wenn man mit der Fähre von Rømø anreist.

 

 

Wir machen das grundsätzlich. Es dauert vielleicht eine halbe Stunde länger. Kostet dafür aber auch nur halb so viel wie der Autozug. Und ist ein Highlight für sich. Beginnend mit dem 10 km langen Damm durchs Wattenmeer, der Rømø mit dem Festland verbindet. (Wer noch nie auf Rømø war, sollte unbedingt ein bisschen Zeit einplanen, um sich den breitesten Strand des Nordens anzusehen.)

 

 

Die Fähre benötigt für die Strecke von Rømø nach Sylt 45 Min. Im Januar muss man auf gar keinen Fall vorbuchen. Manchmal hat man das Schiff sogar ganz für sich.

 

Bullauge

 

Ein besonderer Moment ist immer, wenn der Ellenbogen in Sicht kommt. Meinem Gefühl nach kommt die Fähre der Nordspitze Sylts Jahr für Jahr dichter. Und da kann man gut sehen, was den Januar auf der Insel ausmacht.

Wo im Sommer Völkerwanderung angesagt ist, kann man jetzt für sich sein. Sylt im Januar ist was für Experten. (Ganz Norddeutschland ist im Januar was für Experten.)

 

 

An Deck der Fähre dudelt grundsätzlich 70er Jahre Mucke. Leise nur. So dass man sie erst wahrnimmt, wenn man zur Ruhe kommt; vielleicht die Augen einen Moment schließt. (Erster Song, der mein Bewusstsein erreichte: Dr. Hook; when you´re in love with a beautiful woman). Wem das kein Lächeln aufs Gesicht zaubert, dem ist vermutlich nicht mehr zu helfen.

 

Sylt im Januar

 

We ♥ Sylt im Januar

 

Seenotkreuzer List

 

Einer der Gründe, warum wir Sylt im Januar so gern haben, ist das Licht. Besonders an klaren, kalten Tagen. Es ist ein wirklich nordisches Licht.

So nordisch wie bei unserer Ankunft haben wir die Insel aber noch nie erlebt. Fast arktisch kam uns das vor. Auch wenn es keinen Schnee gab.

 

Braderup

 

In der Braderuper Heide Arktis war das Wattenmeer zu Eis erstarrt. Ultracooler, für alle Zeiten abgespeicherter Moment. Unwirklich eigentlich.

 

Eis statt Watt

 

Zur Eiswüste muss man sich eine Totenstille vorstellen. Abgesehen vom Piepsen eines Strandläufers ab und zu, war das Knirschen des Schnees unter unseren Stiefeln das einzige Geräusch.

 

Eis auf dem Watt

 

Auf dem Eis war es – na, klar – eisig. In den Dünen hatten wir es gar nicht so gemerkt. Aber über das Watt fegte so ein ganz hinterhältiger Ostwind – Frostwind. Wie ein gezackter Blitz drang der unter die Klamotten. Meine Hände schmerzten trotz Handschuhen schon nach Minuten vor Kälte. (Volko in seinem unzulänglichen Outfit fotografierte in aller Seelenruhe. Er ist schmerzfrei, was das angeht.)

 

Eiskalt

 

Das Gute an der Irrsinns-Kälte: Wir hatten das Braderuper Watt fast ganz für uns allein. Nur ein andereres Paar hatte sich noch überwinden können. Das Schlechte: Ich hielt es (trotz Polarjacke) auch nicht lange aus. War aber hin- und hergerissen, weil es so wunderschön war.

 

Braderup im januar

 

 

Eiskalte Eiskönigin Sylt

 

Aus dem Auto sah es gar nicht so kalt aus. So dass wir es immer wieder versuchten, an anderer Stelle aufs Eis zu gehen. Wie hier in der Blidselbucht. Um auch dort relativ schnell wieder aufzugeben. Was auf einer gewissen Ebene ja sehr gut zum Jahresauftakt und den ewigen guten Vorsätzen passt.

Und das ist noch so ein Grund, warum ich Sylt im Januar liebe.

 

Blidselbucht List

 

Nirgends & niemals glaube ich an mein besseres Ich so sehr wie hier & jetzt. Meistens habe ich meine Silvester-Vorsätze nämlich noch nicht über Bord geworfen, wenn wir auf die Insel fahren. Auch dieses Jahr bin ich noch gar nicht dazu gekommen, meine guten Vorhaben kleinlaut zu brechen. Noch glaube ich (fest), dass im neuen Jahr alles anders & besser wird.

 

duenneseis

 

Neulich fasste ein Philosoph im Radio die Lage des unauflösbaren Dilemmas der guten Vorsätze zusammen. Der Mensch nimmt sich immer wieder Dinge vor, die er zu 99,99 Prozent nicht erreichen wird. Was frustrierend ist, weil man es „eigentlich“ von vornherein weiß. Man ist in der Regel ja schon 1.000 Mal am selben Vorhaben gescheitert. Dem gesunden Geist scheint es aber keine Option, das Ganze aus Frustschutzgründen gleich sein zu lassen. Denn das käme der inneren Aufgabe gleich. Also versucht man es einfach wieder und wieder.

 

Strandlaeufer

 

Und in gewissen Moment (zum Beispiel: auf Sylt im Januar) glaubt man fest, dass es dieses Mal klappen wird. Dass endlich die 00,01%ige Wahrscheinlichkeit eintritt. Wichtig dabei: Die Momente, in denen man (an) sich glaubt, sind kein Selbstbetrug. Sondern wunderbarer Einklang mit sich und der Welt.

 

Ice Ice Baby

 

Wer im Januar verreist, genießt diesen Einklang ein bisschen länger.

In manchen Jahren habe ich zum Beispiel noch nicht mal angefangen, meine guten Vorsätze umzusetzen, wenn wir nach Sylt kommen. Dann bin ich den ganzen Urlaub fest davon überzeugt, dass ich damit beginne, wenn das „echte Leben“ in Hamburg wieder losgeht.

Und falls ich meine guten Vorsätze auf Sylt breche, denke ich mir, naja, ist ne Ausnahme. Nach dem Urlaub wird definitiv ernst gemacht.

Und wenn ich ahne, dass es in Hamburg nichts mehr mit meinen großartigen Vorsätzen wird, sage ich mir: Gut, schön, Du bist nicht perfekt, aber wer wird sich davon diese kostbaren Tage vermiesen lassen?!

 

Daemmerung

 

Unterm Strich ist Urlaub im Januar einfach total super. Denn wie man´s macht, macht mans richtig. Auf Sylt sowieso.

Inzwischen ist es übrigens etwas wärmer geworden. Gerade so viel wärmer, dass es gestern für dicke, fette Schneeflocken reichte. Und auf der Nordsee treiben jetzt kleine Eisberge und Schollen umher. Das zeigen wir dann demnächst mal.

 

Abend

 

Hoteltipp: Crowne Plaza Berlin City Centre

Letzte Woche hätte ich fast live aus dem Crowne Plaza Berlin City Centre gebloggt. Leider hat das nicht geklappt. Dabei wollte ich immer schon mal einen Beitrag mit den Worten „live aus …“ beginnen. Ich finde es nämlich immer zum Piepen, wenn Radiobeiträge derart an- oder abmoderiert werden. Als würde nicht jeder ständig von überall auf der Welt senden, twittern, skypen oder bloggen.

Also, fast jeder. Denn: wir ja nicht. Bzw fast nie. Im Norden konnte das Netz bekanntlich noch nicht (auch nur halbwegs) zufriedenstellend ausgebaut werden, weil Herr Dobrindt sich um die Maut kümmern muss (oder ist es inzwischen Herr Gabiel, der sich nicht um den Netzausbau kümmert. Ich weiß es gar nicht.)

Aber letzte Woche hätte das ja auch eh keine Rolle gespielt, weil wir ja in der Hauptstadt waren.

 

 

Das Crowne Plaza Berlin City Centre lädt regelmäßig Blogger ein, die dann im Gegenzug darüber berichten. Ich sage das der Transparenz wegen. Denn es ist ja immer so eine Frage, ob man auch ehrlich bleibt, wenn man eingeladen wurde. Oder ob man beschönt, rumschleimt, lobt, was man gar nicht so doll findet. All das ist aber gar nicht nötig gewesen. (Was Volko schon vorher ahnte, da er seinen festen Wohnsitz am liebsten in einem Business-Hotel hätte.)

Können wir empfehlen: Crowne Plaza Berlin City Centre

Das 4-Sterne-Haus liegt im Dreieck von Gedächtniskirche, Zoo und KaDeWe und damit im Zentrum dessen, was man während der deutschen Teilung als „Schaufenster des Westens“ bezeichnete. (Weil wir die Gegend seit mindestens 10 Jahren sträflich vernachlässigt haben, wussten wir gar nicht, dass die Musik dort inzwischen wieder spielt, nachdem die City West ja eine zeitlang etwas Provinzielles hatte. Fand ich.) Obwohl mitten im Trubel sind die Standard Zimmer nach hinten raus vollkommen ruhig. Im 6 OG. hörten wir selbst bei geöffnetem Fenster nichts als Berliner Spatzen.

 

Crown Plaza Berlin City Centre Zimmer

 

Weitere Annehmlichkeiten: Boxen im Bad, Bademäntel auf dem Bett, Beautyprodukte en masse, super-schnelles-Profi-Power-WLan (also daran lags nicht, dass ich nicht live aus Berlin bloggte) und zu meiner allergrößten Freude eine Kaffeemaschine auf dem Zimmer.

 

 

Nebenbei-Beobachtung: Kaffeemaschinen findet man seltsamer Weise fast nur in Business Hotels – obwohl man da ja sowieso in der Regel ab 06.00 Uhr Frühstück bekommt. In Landhotels, wo das Frühstück mancherorts erst um 08.00 Uhr serviert wird, wären die Dinger eigentlich viel nötiger. Aber dort gibt es fast nie welche.

 

 

Und da wird gerade beim Frühstück sind. Das ist im Crowne Plaza genauso international wie die Gäste: deutsche Brötchen, englische Würstchen, asiatische Suppen, amerikanischen Pancakes usw. usf. Das gibt ein Sonntagsgefühl.

(Zumindest wenn man zu den Menschen gehört, die ihre Hausarbeiten in der Regel selbst erledigen müssen. Gehört man zu den Menschen, deren Hausarbeit erledigt wird, ist eine Hoteleinladung für den guten Geist eine nette Geste. Das nur mal als Tipp.)

 

Bonsai

 

Der Wellnessbereich im Crowne Plaza Berlin City Centre bietet Pool, Bio-Sauna, Massagen und einen Fitnessbereich. Von 06.00 bis 22.00 Uhr geöffnet, war der Bereich während unseres Aufenthaltes nie besonders gut besucht (also angenehm leer). Obwohl das Hotel ziemlich ausgebucht schien.

 

 

So ein Wellnessbereich hat es natürlich auch schwer in Berlin. Die Stadt ist einfach zu spannend. Und das ist auch der Grund, warum ich nicht live aus Berlin bloggte. So lange man die Augen aufhalten kann, mag man einfach unterwegs sein. (Davon dann ein anderes Mal mehr.)

 

Berlin

 

Raten und alle weitere Datails über das Hotel findet Ihr unter:  www.crowneplazaberlin.com

Beim Team bedanken wir uns herzlich für den freundlichen Service und die tolle Einladung.

Und noch was: Leider ist mir erst heute morgen (beim nochmaligen Lesen des netten Begrüßungsschreibens) der Verdacht gekommen, dass wir auch ins Restaurant Wilson´s eingeladen waren?! Das hätte ich dann leider zu spät geschnallt. Zu schade aber auch!

Aber ansonsten gings uns mal wieder Gold in Berlin.

 

 

7 Tipps für Norddeutschland. In der Nähe bleiben 2015; Teil 2

Letzter Post in 2015. Zweiter Teil unseres Jahresrückblicks. Zeit für gute Vorsätze.

Gestern stand im Berliner Tagesspiegel: Das vielleicht größte Hindernis einer Verhaltensänderung besteht darin, dass das Festhalten am Gewohnten und das Weitermachen wie gehabt eine starke Belohnung in sich tragen. Nämlich die Sicherheiten, die Routinen bieten.

D.h. wenn ich es gewohnt bin, auf die Malediven zu reisen, scheint es abenteuerlich, mal in der Nähe zu bleiben.

Man sollte sich von solchen Ängsten aber weder einschüchtern lassen. Noch unerreichbare Ziele anstreben. Besser wäre, sich einen kleinen Schritt für 2016 vorzunehmen, den man wirklich tun wird. Dafür hätten wir ein paar Vorschläge.

Tipp 1: Entdecke eine kleine Insel

 

Inseln gehören zu den allerbesten Dingen überhaupt im Norden. Besonders die ganz kleinen. Wie Hiddensee, gleich bei Rügen, wohin wir im Juli reisten.

Inseln funktionieren in etwa wie der Planet des kleinen Prinzen. Sein Planet war ja so klein, dass er seinen Stuhl nur ein Stück weiterrücken musste, um einen Sonnenuntergang nach dem anderen zu erleben. (Einmal sah er die Sonne 43 Mal untergehen!)

Die kleinen, deutschen Inseln sind ein bisschen größer. Aber immer noch klein genug für die längste Sonnenscheindauer pro Tag im ganzen Land. (Mal vorausgesetzt, sie scheint.)

 

 

 

Tipp 2: Ärgere Dich nicht über das Wetter

Das Wetter in Norddeutschland ist gar nicht nicht so schlecht, wie man immer sagt. Es ist viel schlechter. Dafür ist man im Norden nie um ein Gesprächsthema verlegen (das Wetter eben).

Und außerdem gibt es so wunderschöne Unterkünfte, da will man ja gar nicht raus.  Beispielsweise die Bokel-Mühle am See. Das Landhotel in der Nähe von Hamburg ist so entzückend, dass man sich über Regen freut. Dann kann man selbst im Juli mit gutem Gewissen auf dem Zimmer bleiben. Oder im hundertjährigen Pavillon.

 

Tipp 3: Schau mal bei den Nachbarn vorbei

Grenzgebiete sind generell spannend. Die deutsch-dänische Grenze verläuft zudem noch zwischen zwei Meeren. Grad mal 60 km sind es von der Nordsee zur Ostsee. Trotzdem ist die Gegend wohl kein Touristen-Hot-Spot. Jedenfalls war im August rund um Tondern angenehm wenig los. Vermutlich weil der nächste nennenswerte Traumstrand (Rømø) 40 km entfernt liegt.

So ist das nämlich im Norden: Sobald man sich 20 km von der Küste entfernt, wird es einsam. (Und günstig! Selbst im Hochsommer).

 

 

(Im Nachhinein hätten wir das Auto übrigens lieber zuhause gelassen, um die „Expressroute“ immer an der Grenze entlang mit dem Fahrrad zu fahren.)

Tipp 4: Spaziere in die Nordsee hinaus

Im September taten wir etwas, das man öfter tun sollte: Wir folgten den Tipps von Bloggern! Und zwar zum  Trischendamm in Friedrichskoog Spitze. Ganz oben in Dithmarschen gelegen, eignet sich Friedrichskoog für Hamburger übrigens auch 1a als Tagesausflug.

 

Trischendamm

Trischendamm

 

Trischendamm

2,2 km lang

 

in der Ferne die Mittelplate

in der Ferne die Mittelplate

 

Tipp 5: Sammle die Big Five von Eiderstedt

Die Nordseeküste Schleswig-Holsteins hat wenig Strände zu bieten. Nur einen künstlichen in Büsum und die super-duper-oberkrassen Sandbänke der Halbinsel Eiderstedt. Wir benötigten zwei Sommer, bis wir im September mit Westerhever endlich alle gesehen hatten. Hier mal die fünf Grazien auf einen Blick:

 

 

Eiderstedt ist unserer Meinung nach die schönste Ecke der Westküste Schleswig-Holsteins. Wer eine längere Anreise hat, bleibt am besten gleich eine ganze Woche auf der Halbinsel. Das lohnt sich.

Tipp 6: Fahre dorthin, wo keine Autos fahren

Kaum zu glauben, aber es gibt (gar nicht so wenige) autofreie Orte in Deutschland. Und das sind mal wieder die Inseln. So wie Wangerooge, wohin es uns im Oktober zog.

 

Leben ohne Autolärm ist etwas Wunderbares.  Diesen Luxus findet man vor allem auf den ostfriesischen Nordseeinseln in Niedersachsen. (Aber auch auf Hiddensee in Mecklenburg-Vorpommern, der Hochseeinsel Helgoland und den Halligen in Schleswig-Holstein).

 

Tipp 7: Geh in den Wald. Oder auf die Heide.

Natürlich: Ist ein Meer in der Nähe, will man irgendwie hin. Aber die norddeutschen Wälder sind auch nicht ohne. Manchmal finden wir es dort sogar schöner als am Strand. Im Frühling, wenn die Bäume ihr Maigrün auflegen. Und im Farbrausch des Herbstes.

 

 

Die Bilder entstanden im November auf der Aussichtsplattform des Hohen Mechthin im Wendland.

 

Tipp 8: Entdecke noch eine Insel

Kaum zu glauben, dass unser Aufenthalt auf der Insel Föhr erst drei Wochen her sein soll. Dort war´s, wie´s eigentlich immer auf Insel ist: Man ist vollkommen weg von allem. Und ganz bei sich.

 

DreiInselblick

 

Goethe sagte: „Hat man sich nicht ringsum vom Meer umgeben gesehen, so hat man keinen Begriff von Welt und von seinem Verhältnis zur Welt.“

Dem möchten wir uns vollumfänglich anschließen.

Und wir drücken Euch die Daumen, dass 2016 ein Jahr voller Inseln für Euch wird.
Seien sie real oder ideell.

Rutscht gut rein,

Stefanie & Volko

Es war einmal am Meer…

Ich wollte Dich heute an etwas erinnern. Nur für den Fall, dass Du es vergessen hast (denn eigentlich weißt Du es, das ist mir klar). Mir geht es nur selbst so, dass ich es ab und zu vergesse. Wenn´s hektisch wird zum Beispiel oder tagelang regnet. Doch es ist mir vorgestern wieder eingefallen, als ich am Strand spazieren ging.

 

Horizont

 

Da dachte ich an die Geschichte von der Stadt am Meer. Die Geschichte ist wirklich wahr. Alles hat sich genauso zugetragen, auch wenn es wie ein Märchen klingt…

 

Schubystrand

 

Es war einmal eine Stadt, deren Bewohner liebten das Meer auf intensive Weise. Zu ihrem Kummer lag die Stadt jedoch weit von der Küste entfernt. Selbst das schnellste aller Pferde hätte die Strecke nicht an einem Tag zurücklegen können. Und Vergnügungsreisen waren damals nur etwas für die Allerreichsten. Den ganz normalen Menschen blieb daher nichts anderes übrig, als sich nach dem Meer zu sehnen.

 

Mole

 

Und wie sie sich sehnten. Sie sehnten sich immerzu. Sie träumten von der See. Träumten vom weiten Horizont. Von grauen Wellen, die auf weiße Strände zuliefen. Träumten von Sturmwolken und Klippen, von Seesternen und Muscheln, von Dünengras und Schwärmen von Seevögeln.

 

Vogelflug

 

Und darüber begannen sie, den Wind zu lieben. Denn er kam ja vom Meer. Und sie liebten auch den Regen, weil er das Meer in sich trug.

 

Steine

 

Die Frauen gewöhnten sich an, wie Matrosen zu reden. Und einen wiegenden Gang, als würden sie über Schiffsplanken schlendern. Sie rauchten Meerschaumpfeifen. Und die Männer ließen sich lange Bärte wachsen wie Jan und Hein und Klaas und Pit und sie bestickten ihre Mützen mit Seemansgarn.

 

Fernblick

 

Und obwohl die Stadt doch weit entfernt vom Meer lag, errichteten die Bewohner am Flussufer den größten Hafen des Landes und sie bauten Schiffe über Schiffe. Und am Ende kamen die Möwen.

 

Hafen Damp

 

Und es war zu seltsam; mit den Jahren vergaßen die Menschen, dass ihre Stadt nicht am Meer lag. Wenn sie abends an den Fluss gingen, rochen sie den Ozean und sie schmeckten sein Salz in der Luft. In den Spelunken brannte das Licht nun die ganze Nacht und man tanzte zum Schifferklavier bis zum Morgen. Längst wünschten sich die Bewohner der Stadt nicht mehr fort. Sie glaubten, am schönsten Ort der Welt zu leben.

 

Strandbar Damp

 

Noch seltsamer aber war, dass es sich im ganzen Land herumsprach. Alle, alle, begannen zu glauben, die Stadt am Fluss sei eine Stadt am Meer. Selbst als Landkarten üblich wurden. Selbst als Jedermann zu reisen begann. Und obwohl es die Reisenden doch eigentlich besser wussten, fühlten sie sich in der Stadt, als sei die Küste nur eine Flussbiegung entfernt.

Und so ist es bis heute geblieben.

 

Lichtblick

 

Und wenn Du das nicht glaubst, wenn Du das für ein Märchen hältst, bist Du wohl noch nie in Hamburg gewesen. (Denn das ist die Stadt, die ich meine. Aber das hast Du Dir sicher schon gedacht).

 

Damp Mole

 

Warum ich das alles aber eigentlich erzähle… Es mag mal sein, dass Du Deinen größten Wunsch für unerreichbar hältst. Es mag sogar sein, dass er unerreichbar ist. Halte ihn trotzdem fest. Gerade aus hochfliegenden Träumen entwickelt sich ja oft etwas anderes. Etwas, das ebenso gut ist. Oder noch viel besser.

 

Schneidegras

 

Mir ist klar, dass Du das eigentlich weißt. Doch sicherheitshalber wollte ich Dich heute daran erinnern. Nur für den Fall, dass Du es vergessen hattest. Weil bald Weihnachten ist. Du darfst Dir jetzt etwas wünschen.

Fahrkarte

Bei Fernweh, Sehnsucht & Reisefieber: in der Nähe bleiben 2015; Teil 1

Als wir unseren Blog in der Nähe bleiben starteten, hatten wir eigentlich nur ein Jahr im Sinn. 12 Kurztrips in Norddeutschland in 12 Monaten; das war der Plan 2014. Inzwischen haben wir bereits das Doppelte erlebt. 2015 neigt sich dem Ende entgegen und wir leiden noch immer unter keinerlei Ermüdungserscheinungen. Ganz im Gegenteil. Das Jahr war so vielfältig und aufregend, dass es nicht in einen Post passt. Daher resümieren wir in zwei Teilen.

Meine Damen und Herren, wir kommen zum ersten Teil des Schnelldurchlaufs unserer nordischen Hitparade 2015 (bitte denken Sie daran, dass manche Orte, immer wieder gewählt werden können, auch wenn sie drei Mal dabei waren.)

Startnummer 1: Sylt im Januar

Immer an den selben Ort zu reisen, scheint ein bisschen aus der Mode gekommen. In Blogs und auch in unseren Kommentaren lesen wir häufig Sätze wie „da war ich früher immer mit meinen Eltern“. Aber so was macht mittlerweile wohl kaum jemand mehr. Oder kaum jemand, der bloggt.

Wir schon. Es hat nämlich durchaus was für sich, dort zu urlauben, wo man alles in- und auswendig kennt. Selbst wenn man nicht so der tradtionelle Typ ist.

An bekannten Orten darf man zum Beispiel mit gutem Gewissen, einfach nur abhängen. Man kennt die Hotspots der Gegend ja eh alle. Der Urlaub wird nicht mit heilsbringenden Erwartungen überfrachtet. Selbst wenn man drei Tage am Stück nicht vor Freude übersprudelt, ist das kein Drama.

 

 

Und wie das mit dem Glücklichsein eben so ist: Wenn man gar keinen Druck mehr spürt, kommt die Zufriedenheit von ganz allein.

Jedenfalls war Sylt im Januar 2015 mal wieder ein super Jahresauftakt. Und wird es hoffentlich auch 2016. Dann bloggen wir bereits zum dritten Mal von unserer Lieblingsinsel. Vielleicht – aber auch nur vielleicht – haben wir danach alle unsere Lieblingsplätze auf diesem Blog erwähnt. Und können uns an ein Best-of machen.

Februar: Es muss nicht immer Norddeutschland sein

Ich korrigiere: Es darf sogar nicht immer nur Norddeutschland sein. Der Blick über den Tellerrand bleibt wichtig, wenn man die eigene Position richtig einordnen möchte. Weil wir trotz Reiseblog auf dem Teppich bleiben wollten, orientierten wir uns an dem, was dem durchschnittlichen Deutschen auf Reisen möglich ist.

Das passt zu mir insofern, als man durchschnittlicher als ich gar nicht sein kann. Ich meine, ich heiße Stefanie, gehöre zu den geburtenstarken Jahrgängen und habe BWL studiert. Fehlte also nur noch die Durchschnittsreise. Die ist den Deutschen gute 12 Urlaubstage wert und etwas mehr als  € 1.000,–. Mit  Tendenz zu mehreren kurzen Reisen anstelle einer vierzehntägigen.

 

 

Und genauso haben wir es 2015 gemacht. Los gings mit einem Kurztrip nach Malmø, was praktischerweise immer gleich einen Aufenthalt in Kopenhagen inkludiert.

März: Der Norden im Westen

Weil wir noch ordentlich Luft im Budget hatten, arbeiteten wir im März gleich weiter an unserem Titel als Durchschnittsreisende. Dies geschah in Nordengland. Kurz vor der schottischen Grenze liegt der Lake District; landschaftlich das Harmonischste, was wir je gesehen haben.

 

 

Der Vollständigkeit halber: ein Freund von uns hat den Lake District ganz anders erlebt. Nämlich als Touristenhölle. Vor Saisonbeginn (Ostern) ist das aber nicht so. Zwar gehts lebendig zu in den Bilderbuch-Städtchen und Dörfern, aber in der Natur trifft man echt nicht oft jemanden. Der März ist in England übrigens viel, viel, viel milder als in Deutschland. (Außerdem bezahlbar). Ein Abstecher ans Meer, besonders nach Blackpool, lohnt unbedingt!

Alte Liebe Blackpool

Alte Liebe Blackpool

Übrigens hatten wir danach immer noch Zeit und Euros übrig. Dazu mehr im zweiten Teil des Jahresrückblicks.

April: Zurück in die Nähe

Eine Freundin machte uns neulich darauf aufmerksam, dass ziemlich viele unserer Reiseziele nur mit dem Auto zu erreichen sind. Stimmt. Dabei liebe ich das Wandern. Dennoch habe ich es 2015 nur auf 4 Wanderungen gebracht.

Im April lief ich (Volko setzt da meistens aus) von Wedel zu den Landungsbrücken, die 1. Etappe des Heidschnuckenwegs, von Timmendorf nach Travemünde und von Eppendorf nach Wellingsbüttel.

 

 

Von solchen wunderbaren Tagen hätte ich 2016 gern mehr. Erster guter Vorsatz fürs neue Jahr: Langsamer reisen. Bei guten Vorsätzen ist bekanntlich Verbindlichkeit der große Trick. Daher habe ich bereits eine feste Verabredung zum Wandern getroffen. 2016 (watt)wandere ich mit einer Freundin von Cuxhaven nach Neuwerk. Freu mich jetzt schon wie Bolle.

Mai: Heimaturlaub

Aus den handelsüblichen Gründen überkommen mich dort, wo ich herkomme, nicht nur leichte Gefühle. Aber natürlich bin ich längst in dem Alter, in dem man das Vergangene nicht mehr überbetonen sollte.

Meine Heimat – Angeln – ist nicht nur wunderschön, sondern auch voller witziger Kindheitserinnerungen und Teil meiner Identität. Urlaub, da wo man herkommt? Ich kanns nur empfehlen.

 

Wer noch zweifelt, den kann vielleicht ein Beispiel aus der Anleitung zum Unglücklichsein überzeugen. Dort beschreibt Watzlawick einen Mann, der alle zehn Sekunden in die Hände klatscht. Nach dem Grund für dieses merkwürdige Verhalten befragt, erklärt er: „Um die Elefanten zu verscheuchen.“ Auf den Hinweis, es gebe hier doch gar keine Elefanten, antwortet der Mann: „Na, also! Sehen Sie?“ Damit wollte Watzlawick zeigen, dass der konsequente Versuch, ein Problem zu vermeiden – hier: die Konfrontation mit Elefanten – es in Wirklichkeit verewigt.

Was der Mai sonst noch brachte: Unseren meistgeklickten Artikel seit wir bloggen. Die Grashüpferinsel Lühesand. (Er wurde später übertroffen. Das dann im zweiten Teil.)

Transport Luehesand

 

Juni: Massenweise unterschätzte Schätze in der Nähe

Bleiben wir beim Thema Heimat. Enorm viele Reiseblogger schreiben, sie kämen aus einer Gegend, in der andere Urlaub machen. Denkt man eine Weile darüber nach, wird einem klar: Ist wirklich so. Beinahe ganz Deutschland ist Feriengebiet. Beinahe alles der Reise wert. So auch Heiligenhafen, das mich zwar nie gereizt, aber dafür umso mehr überrascht hat. Besonders die Halbinsel Graswarder ist fast zu schön um wahr zu sein.

 

 

Apropos überrascht: Die meisten Leute freuen sich ja wie verrückt, wenn man einen Ausflug für sie plant. Eine Tagestour oder -wanderung ist ein super Geschenk und auch für Leute mit ganz kleinem Portemonnaie erschwinglich. Dies nur als kleiner Tipp, falls jemand noch nicht alle Weihnachtsgeschenke beisammen hat.

Noch schöner als in der Nähe bleiben, ist nämlich zusammen in der Nähe zu bleiben. Und davon gibs dann im zweiten Teil unseres Jahresrückblicks noch viel mehr.

Museum Kunst der Westküste: Das Meer zwischen Bergen und Bergen

Wer auf eine Insel reist, will Meer. Wer auf eine nordfriesische Insel reist, will zudem Wetter. Will Sonne. Regen. Wind. Nebel. Niesel. Graupelschauer. Kaum eine Witterung kann Liebhaber der Nordsee von ihren ewig langen Spaziergängen abhalten.

Nur manchmal, wenn ein Orkan über das Wattenmeer braust, wenn die Wogen hochgehen und Sandkörner zu Geschossen werden, muss man sich eben doch geschlagen geben. Und das Meer sich selbst überlassen – ein Sturmlied lang.

 

 

Auf Amrum oder Sylt geht man dann fein essen oder zieht sich in sein Friesenhäuschen zurück. Auf Föhr hält man sich an die Kunst. Denn auf Föhr heißt es: Es gibt kein schlechtes Wetter. Es gibt nur schlechte Museen.

 

Das Museum Kunst der Westküste

 

Obwohl wir Hamburger sind, mögen wir der Sache mit der schönsten Stadt der Welt nie so ganz zustimmen. Wir finden, Hamburg könnte vielleicht die schönste Stadt Norddeutschlands sein – wenn die Hansestädter ein bisschen mehr für die schönen Künste locker machen würden.

Aber so wie die Dinge liegen, ist der schönste Ort des Nordens Alkersum auf Föhr mit seinem ausgezeichneten Museum Kunst der Westküste.

 

Museum Kunst der Westkueste

 

Volkos erster Satz, als wir vom Foyer in den romantischen Innenhof schauen: Hier siehts aus wie in Lousiana (gemeint ist das Kunstmuseum Lousiana in Humblebæk – und ein höheres Lob hat Volko nicht zu vergeben.)

 

Der Alkersum-Effekt

 

Grethjens Gasthof

Im Grunde ist es natürlich seltsam, ein Kunstmuseum in einer 400-Seelen-Gemeinde zu eröffnen. Noch dazu auf einer Insel, die ausschließlich über den Seeweg zu erreichen ist. Aber Kunst hat in Alkersum Tradition.

Das war schon zu Margarethe „Grethjen“ Hansens Zeiten so. Bereits um die Jahrhundertwende trafen sich in ihrem Gasthof Insulaner und Künstler wie der Berliner Secessionsmaler Otto H. Engel

An diese Tradition knüpft das Team des Museum Kunst der Westküste seit einigen Jahren erfolgreich an. Grethjen zu Ehren wird die Musuemsgastronomie unter dem Namen Grethjens Gasthof betrieben. Sie ist das Herzstück des anspruchsvollen Gebäude-Ensembles. Die Besucherzahlen sind prima. Inzwischen kommen immer mehr Gäste extra für den Museumsbesuch auf die Insel (was eine sehr, sehr gute Idee ist).

Und dass auch die Föhrer das Haus als „ihr Museum“ angenommen haben, freut Direktorin Prof. Dr. Ulrike Wolf-Thomsen besonders.

 

 

Überhaupt kommt Ulrike Wolf-Thomsen ziemlich vergnügt daher, während sie uns durch die drei aktuellen Ausstellungen führt. Scheint kein schlechter Job zu sein, so ein Museum zu leiten.

Man ist den ganzen Tag von prächtigen Dingen umgeben. Und wenn einen irgendwo im Rest der Welt etwas schwer beeindruckt, holt man es sich einfach ins Haus. So geschehen mit den großformatigen Werken des Fotografen Denis Rouvre.

 

Low Tide

Achtung Hamburger: 2016 beehrt uns das MKdW mit der Art-Space-Show „Low Tide“ in der Staatsoper

Low Tide – Japan nach dem Tsunami

 

Die Idee zur Ausstellung Low Tide entwickelte Ulrike Wolf-Thomsen, als sie in einer Berliner Buchhandlung auf den Bildband des Fotografen Denis Rouvre stieß. Im Museum Kunst der Westküste wird die mit dem World Press Photo Award ausgezeichnete Serie erstmalig in Deutschland gezeigt.

„Das Meer bedeckt nun den Ort an dem ich lebte“

Es ist schon ein spezielles Gefühl ausgerechnet auf einer Insel in die Gesichter der Menschen zu blicken, deren Leben, Träume, Ziele durch den Tsunami zerstört wurden. Da kommt man ins Denken. Ins Mitfühlen. Und erkennt die Zerbrechlichkeit des Lebens am Meer.

Das passt zum Hauptanliegen des Museum Kunst der Westküste: Die (künstlerische) Auseinandersetzung mit dem Meer; mit seiner Schönheit aber auch Urgewalt.

Das Meer im Museum Kunst der Westküste

 

MKdW Alkersum

 

Zufällig trifft uns das Museum Kunst der Westküste mitten ins Herz. Oder wo immer der Sinn für Kunst auch liegt.

Die Gemäldesammlung folgt der nordischen Westküste von Bergen in Norwegen bis Bergen in den Niederlanden. Speziell dem Zeitraum von 1830 bis 1930 fühlt sich das Haus verpflichtet. Was nicht heißt, dass zeitgenössische Positionen zu kurz kämen.

Ulrike Wolf-Thomsen, schätzt die Irritationen, die manches moderne Werk auslöst. Ein Tisch als Meer, eine nackte Glühbirne als Sonne. Ja, ist das denn wirklich Kunst – oder vielleicht noch gar nicht fertig? Sie lacht.

Die Leute kommen ins Gespräch, erzählt sie, über kaum etwas wird so viel diskutiert wie über Volker Thiemanns Werke. Das ist doch gut.

Ist wirklich gut. Genau wie die gesamte Ausstellung „Das Meer“, in der man jede Menge alte Bekannte trifft.

Namedropping gefällig? Johan Christian Dahl, Max Beckmann, Peder Severin Krøyer und Michael Ancher, Otto Heinrich Engel, Emil Nolde. Die Liste ließe sich fortsetzen.

 

MKdW

 

Zu den bekannten Namen gesellen sich vertraute Motive. Morsum, Kampen, Föhr, Helgoland und natürlich die Skagen-Maler. Hier in Beziehung zu den Niederländern gesetzt. Als Ulrike Wolf-Thomsen uns auf den Unterschied in der Farbgebung aufmerksam macht, wird mir mal wieder so klar, warum ich den Norden liebe. Es ist das Licht. Seine Klarheit.

 

dasMeer

Das Meer ist keine Landschaft, es ist das Erlebnis der Ewigkeit (Thomas Mann)

 

Wie das Museum Kunst der Westküste auf die Insel kam

 

Ausgangspunkt ist die Gemäldesammlung des Musuemsstifters Prof. h.c. Frederik Paulsen, dessen Großeltern von Föhr stammen. Die Geschichte ist wirklich wahr, auch wenn sie wie der Plot eines Hollwood-Blockbusters klingt.

 

Große Woge von Volker Tiemann

Große Woge von Volker Tiemann

 

In den 1920er Jahren verließen die Eheleute Paulsen aus Alkersum die Insel Föhr, um ihren Kindern in Kiel eine bessere Ausbildung zu ermöglichen. Der jüngste Sohn, Frederik, wurde während seines Medizinstudiums aus politischen Gründen von den Nazis 18 Monate ins Gefängnis gesteckt.

Um dem KZ zu entgehen, emigrierte er nach Entlassung in die Schweiz, gründete später in Schweden das Pharmaunternehmen Ferring (abgeleitet von Föhr) und kehrte später – als Mann mit gewaltigem Vermögen – immer wieder nach Alkersum zurück; wo er Ende der 90er auch verstarb.

Genau wie Paulsen senior engagiert sich auch sein Sohn, Frederik Paulsen junior, für die Erhaltung der nordfriesischen Sprache und Kultur. 2009 gründete er das Museum Kunst der Westküste. Dass es sich bei dem gesamten Gebäude-Ensemble um Neubauten handelt, hält man kaum für möglich. (Das liegt auch daran, dass man einen mordsmäßigen Aufwand betrieb, um die Linden im Innenhof nicht zu beschädigen. So wirkt der romantische Garten von Grethjens hundert Jahre alt.)

 

Nan Hoover

Noch bis 10. Januar zu sehen: Die Arbeiten der Videopionierin Nan Hoover

 

Ganz offensichtlich ist Paulsen die Verbundenheit zu Föhr wichtiger als Laufkundschaft. Er hätte es auf dem Festland sicher leichter gehabt. Aber sie kommen ja auch so. Die Besucher. Die Ministerpräsidenten und Königinnen (von Dänmark und Buthan). Am wichtigsten aber: die Föhrer selbst (wie etwa Friede Springer, die ja auch von Föhr stammt und zu den Unterstützern des Museums gehört.)

Der spannendste Raum innerhalb der sechs Saalbauten – der Blau-Raum – ist übrigens ganz den Kindern vorbehalten. So gehört sich das in einem guten Museum. Und das Museum Kunst der Westküste ist wirklich ein extrem gutes Museum. Unserer Meinung nach das Beste in Norddeutschland.

 

Blau Raum

 

PS.: Die hier gezeigten Ausstellungen laufen noch bis zum 10. Januar 2016.

Danach geht das Museum in die Winterpause, um am 28. Febrar 2016 mit 4 Knallern (u.a. Liebermann) in die neue Saison zu starten.

Also, nix wie hin ins Museum Kunst der Westküste.

Die Farben von Föhr

Am dritten Tag auf Föhr wache ich auf – und irgendetwas ist anders. Ich brauche einen Moment, bis ich draufkomme: Es ist still. WINDstill. Das ist die Ruhe nach dem Sturm. Ich glaube, nur Nordseekenner wissen, wie friedlich sich das anfühlt. Als ob die Insel sich jetzt ausruht.

Also nix wie runter an den Strand. Der Morgen ist sowieso meine Lieblingszeit am Meer. Das Licht ist ganz zart, wenn Nordfriesland sich in Winterfarben kleidet. Das Wasser federgrau, seidenweich.

 

 

So ein Sonnenaufgang dauert immer genauso lang, bis man sich richtig auf das Frühstück freut. Wofür wir uns heute aber nicht allzu viel Zeit nehmen wollen. Der Tag ist wie gemacht, um den Strand von Föhr zu erkunden.

Föhr hat zwar nur einen einzigen Strand. Aber der ist 15 km lang! Feinsandig und weiß zieht er sich von Wyk nach Utersum. Selbst in der Hochsaison findet man Plätze, an denen man ganz für sich sein kann, haben uns Insulaner erzählt. Im Winter ist das ohnehin kein Problem.

 

Leuchtturm Wyk

 

Sogar Nieblum hat man im Winter beinahe für sich allein. Das Vorzeige-Friesendorf mit  den ausgesuchten Läden und guten Restaurants liegt 4 km von Wyk entfernt. Im Sommer müssen die Gärten der Kapitänshäuser der Wahnsinn sein. Einen kleinen Einblick findet Ihr hier: Klick.

Friesendorf Nieblum

Wir denken mal scharf nach, ob wir je ein hübscheres Dorf an der Nordsee gesehen haben!? Und kommen zu dem Schluß: Nö! (Wobei auch alle anderen Inseldörfer auf Föhr total charmant sind.)

 

 

Zu Nieblum gehört der Ortsteil Goting mit dem Goting Kliff. Das klingt gewaltiger als es ist. Zumindest wenn man die Kliffs anderer nordfriesischer Insel kennt. Aber der Strand ist super. Und statt Hallig Langeness hat man jetzt Amrum  im Blick.

Das Goting Kliff

Einer der unzähligen Vorzüge von Stränden ist ja, dass sie im Winter auch nicht anders aussehen als im Sommer. Höchstens schöner. Weil das Licht die Umgebung in genau die Nuancen taucht, die dem Auge so gut tun.

 

 

Etwa beim Goting Kliff beginnt die Traumstraße von Föhr. Die wirklich so heißt. Und wirklich so ist. Also traumhaft.

Der Strand von Utersum

Sie führt zu unserem Lieblingsspot auf der Insel; dem Strand von Utersum. Er ist unwirklich schön.

 

DreiInselblick

Drei-Inselblick Foehr: Vorn links liegt Amrum. Weiter vorn rechts Sylt.

 

Nach Amrum kann man zwar nicht ganz rüberspucken. Aber rüberlaufen. Die Wattwanderungen starten ein bisschen entfernt in Dunsum. Man sollte nicht ohne Wattführer losstiefeln. Denn es geht nicht nur durch seichte Prile sondern auch einen tieferen, dem sogenannten Mittelloch.

 

Amrum

Nordspitze von Amrum

 

Wir glauben, wir hören die Brandung von Amrum. Das ist sehr seltsam, weil auf unserer Seite alles so ruhig ist. Aber Föhr ist eben die Stille der drei nordfriesischen Schwestern. Die Unaufgeregte.

Die, auf der nicht Gunther Sachs Urlaub gemacht hat, sondern Hans Rosenthal. Ein Gedenkstein erinnert in Utersum an die freundliche und unkomplizierte Art des Föhrer Ehrenbürgers. Passt, denkt man da. Passt absolut.

 

 

Wobei die Nordsee natürlich auch auf Föhr Temperament hat.

 

Sturmfluten

 

Haben wir ja selbst erlebt in den vergangenen Tagen. Und während man in Süddeutschland Schnee schippt, schippt man auf Föhr Sand.

 

 

Das Restaurant Sehliebe befindet sich im einzigen Gebäude am Utersumer Strand. Ansonsten ist da weiter nichts.

 

Utersum Strand

 

Linker Hand gibts nur Strand und Dünen und Himmel und Meer. Und rechter Hand Meer und Himmel und Deich und Wiesen.

 

Deich

 

In Utersum endet der Strand von Föhr. Genau wie unser Kurzurlaub. Besser hätte man das Finale nicht inszenieren können. Unser Blick ist nämlich auf unser Januarziel gerichtet. Es ist erstaunlich wie nah Sylt scheint. Man kann nicht nur Hörnum ganz deutlich erkennen – sondern sogar die Skyline von Westerland. Und von Hörnum aus haben wir Föhr noch nie so klar gesehen.

 

Hoernum

Hoernum

 

Ich sage ungern „das oder dies musst Du unbedingt machen“. Ich sags lieber so: Wenn man Amrum oder Sylt liebt, wird man in Utersum vermutlich recht geflasht sein. Ist also keine schlechte Idee, da mal hinzufahren. Dann kann man auch gleich das letzte Zuckerchen mitnehmen, das wir noch in petto haben. Es ist etwas superdupertolles, das man bei schlechtem Wetter machen kann. Davon dann nächstes Mal mehr.

 

Fliegen

 

Mit Dank an die Föhr Tourismus GmbH, die uns eine ultrakuschelige Ferienwohnung in Wyk zur Verfügung gestellt hat. Wir haben uns pudelwohl gefühlt.

Advent auf Föhr

Föhr ist die größte deutsche Insel ohne Landverbindung. Sie liegt knapp 10 Km vor der Küste Nordnordfrieslands. Die Fähre braucht für die Strecke eine knappe Stunde. Das ist nur ein bisschen schneller als zu Fuß. Oder anders gesagt: Genau das richtige Tempo, um sein Ziel nicht nur physisch sondern auch innerlich zu erreichen. Schneckentempo ist auf Reisen immer empfehlenswert – in der Vorweihnachtszeit aber ganz besonders. Denn Advent bedeutet Ankunft.

 

Dagebuell

Dagebuell Mole. Das Tor zu den Inseln.

 

Um anzukommen muss man aufbrechen. Fast wäre uns das nicht gelungen. Ein Orkan mit anhaltenden Sturmböen fegte vergangenes Wochenende über Nordfriesland. Etwa 24 Stunden stand in Frage, ob unsere Fähre überhaupt in See stechen würde. Als wir von Hamburg Richtung Dagebüll starteten, wussten wir immer noch nicht bescheid. Ein ganz hervorragender Auftakt für unseren Kurztrip nach Föhr.

Mir gefällt es immer, ausnahmsweise etwas nicht im Griff zu haben. Nicht im Griff haben zu können. Dann braucht man es nämlich auch gar nicht krampfhaft zu versuchen. Und es hat auch keinen weiteren Zweck, sich über die Maßen aufzuregen. Sinnvoll ist nur: Loslassen. Eine hilfreiche Übung für gestresste Freiberufler. Besonders in der Hektik zum Jahresende.

 

Entspann Dich mal: Dezember auf Föhr

 

Letztlich klappte dann doch alles wie am Schnürchen. Und das ist ja meistens so. Jedenfalls was Fähren betrifft. Fähren sind sowieso was Wunderbares. Sie haben alle ihre Eigenarten. Spezifische Vorzüge.

 

WDR

 

Die Dagebüll-Föhr-Amrum-Linie etwa ist nicht abhängig von Ebbe und Flut. Ein Blick in den Tidekalender lohnt dennoch. Zumindest wenn man Robben sehen möchte. Das funktioniert eher bei Niedrigwasser, wenn die Sandbänke die Robben zum Rumaalen einladen.

Aber auch bei Hochwasser gibt zwei großartige Arten die Passage auf den Schiffen der Wyker-Dampfschiffs-Reederei zu erleben.

1.) Abenteuerlich: An Deck

Das ist eigentlich logisch. Aber trotzdem machen das gar nicht so viele Leute. Fällt mir immer wieder auf. (Aber vielleicht waren es ja auch alles Pendler oder solche, die nicht mehr zu beeindrucken sind.)

 

 

2.) Meditativ: In den Liegestühlen der allerersten Reihe

(Hier greife ich der Vollständigkeit halber vor auf unsere gestrige Rückreise zur blauen Stunde).

 

Liegestuhl

Liegen mit Blick aufs Meer

 

Langeness

In der Ferne: Die Warften der Hallig Langeness

 

Sandbank mit Robben

Sandbank mit Robben

 

Festland in Sicht

Festland in Sicht

 

Bei stürmischer See sieht es in der ersten Reihe übrigens so aus.

 

Schwere See

 

Und so war das ja bei unserer Anreise. Weshalb wir lieber an Deck blieben, während die Inselhauptstadt Wyk auf Föhr allmählich Gestalt annahm.

Wir waren angemessen aufgeregt. Nicht nur, dass wir noch nie zuvor auf Föhr waren. Wir kennen nicht einmal jemanden, der je auf Föhr gewesen wäre.

 

Wyk

 

Föhr liegt zwischen Amrum und Sylt. Etwas zurückgesetzt steht die Insel immer so ein bisschen unter dem Schutz aber auch im Schatten ihrer mondänen Schwestern. Und gerade das ist Föhrs Stärke.

 

Dinge, die es nur auf Föhr gibt

 

Die Insel hat nämlich ein paar Dinge zu bieten, die man auf Amrum und Sylt nicht findet: Zum Beispiel echte Insulaner. Und einen Hafen, der nicht nur Kulisse ist.

 

 

So fühlt man sich in Wyk wie in einer ganz normalen, realen (wenn auch besonders niedlichen) Kleinstadt in Schleswig-Holstein. Ein Gefühl, das sich in Westerland beispielsweise nie einstellt. Föhr wirkt viel weniger inszeniert. Längst nicht so ausverkauft.

 

 

Wer die Nerven verliert, wenn nur zwei, drei Cafés geöffnet haben, ist von Mitte November bis kurz vor Weihnachten völlig falsch auf Föhr. Richtig ist, wem ein Platz mit Meerblick reicht.

 

Fotomoewe

 

Das sitzt man dann neben Einheimischen und lauscht Dialogen wie aus einem Werbespot für Flensburger.


„Dat weiht ganz scheun, wa?“
„Och, jo, egol, wie loten dat weihen.“

 

Alles klar. Wir ließens also wehen. Es wehte allerdings ganz schön. Der Sand fegte einem in die Ohren, Augen und durch jedes Kleidungsstück hindurch. So dass wir die 2,5 km lange Promenade von Wyk auf die Zukunft verschoben.

 

 

Statt uns über den Wind zu ärgern, freuten wir uns, dass es nicht wirklich kalt war. Grad mal ein paar Stunden auf der Insel waren wir also schon richtig schön gelassen.

Ankommen = Runterkommen. Das ist die Formel von Föhr.

Selbst Wyk – obwohl doch Hauptstadt – ist unheimlich ruhig. So ruhig, dass sich citynah freifliegende Störche niedergelassen haben. Im Garten einer alten Villa klappern, stolzieren und schnäbeln geschätzt 20 Tiere; gehegt vom gemeinnützigen Verein Elmeere.

 

 

Der Storchenpark befindet sich in der Feldstraße/ Ecke Museumstraße – und dort liegt (logischerweise) ein Museum. Das Friesenmuseum. Traditionell lädt das Haus am 2. Adventswochenende zum Adventsmarkt ein. Er ist bis zum Beginn der Wyker Festmeile am 18. Dezember der einzige Weihnachtsmarkt der Stadt. Und zieht demensprechend viele Besucher an.

 

Friesenmuseum

 

Es gibt keinen Tand, kein Glitzer, kein Remmidemmi. Stattdessen Handgemachtes an gut 40 Ständen, die sich über das Gelände und in den drei Ausstellungshäusern verteilen.

 

 

Volko und ich sind nicht gerade Herr und Frau Weihnachtsmann. Ich blende alle Rezepte, alle Basteleien und jeden Dekoschnickschnack aus, der ab Oktober in Supermärkten, Medien und sozialen Netzwerken über mich hereinbricht. Das ist mir alles viel zu viel und viel zu süß. Und dann noch die unsägliche Beschallung. Ich sag nur: Last Christmas.

Und doch ist es mir passiert, dass ich auf dem Adventsmarkt des Friesen-Musuems in Weihnachtsstimmung geriet. Ich glaube, es war als ein paar Kinder auf Blechblasinstrumenten „Ihr Kinderlein kommet“ spielten. (Das war kurz nachdem mich der Nikolaus angesprochen hatte. Vielleicht lags daran.)

Und da wir nun schon mal beim Thema waren, konnten wir uns auch gleich auf das Adventsritual der Insel einlassen.

 

Abends bei Fietis

 

In Wyk gibt es exakt EINEN Punschstand. Er öffnet für ca. 2 Stunden pro Tag. Punkt 16.00 Uhr gehts los.

 

Fietis

 

Zunächst sieht´s so aus, als könne Fieti in der komplett leergefegten Innenstadt auf seinem Punsch sitzenbleiben.

 

 

Dann allerdings…

 

 

Spätestens um 17.00 Uhr hat sich le-tout-Wyk bei Fietis eingefunden. Denn jetzt steigt die große Adventstombola. 500 Preise werden bis Weihnachten verlost; gestiftet von den Föhrer Geschäftsinhabern. Ein Riesenspektakel; mit anständigem Applaus für jeden Gewinner.

 

verlosung

 

Um 17.30 Uhr ist der Zauber vorbei. Dann nimmt man – je nach Laune – noch einen Absacker bei Fietis oder schlendert weiter zum lebendigen Adventskalender am Rosenbeet. Die Verwegensten aber zieht es an den Sandwall zur Milchbar. Ein, zwei Eisbrecher sind noch drin, bevor auch hier um 19.00 Uhr das Licht ausgeht.

 

 

Wenn man durch die stillen Straßen nachhause tappt, brennen vor manchen Geschäften noch Kerzen – obwohl doch längst Ladenschluß ist. Das habe ich so noch nirgends gesehen.

 

Deko

 

Es gibt sicher Menschen, denen auf Föhr im Dezember zu wenig los wäre. Aber wir sind die Anderen. Wir sind die, die Reduktion toll finden. Wir sind die, die auf Föhr etwas gefühlt haben, das wir schon beinahe vergessen hatten. Fast wie der Opa vom kleinen Lord. Wir sind im Advent angekommen. Und so soll das sein. Denn Advent bedeutet ja Ankunft.

 

Stern

 

PS.: Wir wurden auf die Insel von der Föhr Tourismus GmbH eingeladen. Dem gesamten Team – aber besonders Ann-Kathrin und Levke – unseren herzlichen Dank!

 

PPS.: Warum sich Föhr die „friesische Karibik“ nennt, erschließt sich aus diesem Beitrag natürlich nicht. Aber wir kommen im nächsten darauf zurück.

Der Süllberg ruft

Im Dezember macht es keinen großen Unterschied ob man in Hamburg lebt oder in Mordor. Im Mittel bringt es die (har har har) „schönste Stadt der Welt“ auf nur eine Sonnenstunde pro Tag. Dafür aber 18 Regentage pro Monat. Schnee gibts höchstens mal für Stunden. Und oft pfeift ein ziemlicher mieser Wind. Man möchte sich hinterm Ofen verkriechen.

 

Winter

 

Doch das ist keine gute Strategie. Weil es auf Dauer trübsinnig macht. Gerade jetzt muss man raus. Zum Beispiel auf den Berg. Den Süllberg, den man als das Minas Tirith Hamburgs beschreiben könnte. Denn höchstens in Gondor kann es mehr Treppen geben als im Treppenviertel von Blankenese.

 

HoHoHo

 

Im Dezember, das ist uns schon im vergangenen Jahr aufgefallen, ist das Beste am Norden das, was der Mensch daraus macht. Und in Blankenese hat er sich ja wirklich was einfallen lassen. Hamburgs siebthöchster Berg (75 Meter) ist dicht bebaut. So dicht, dass nur Platz für zwei Straßen blieb. Abseits davon bewegt man sich im architektonischen Wunderland zu Fuß. In verwinkelten Gassen, auf Trampelpfaden und natürlich Treppen, Treppen, Treppen.

 

 

4.864 Stufen führen durch ein Gewirr von Wahnsinns-Villen, Reetdachkaten und einfachen Backsteinbauten. Tiny Houses gab es in Blankenese übrigens schon, als noch niemand davon sprach. Manche kann man mieten. Zu quasi Hotelpreisen.

 

tinyhouse

 

Das Gute am Blankeneser Treppen-Workout ist, dass man schon nach 5 Minunten kein Stück mehr friert. Dank permanentem Elbblick, kann man dann immer so tun, als würde man wegen der grandiosen Aussicht stehenbleiben (und nicht etwa weil man aus der Puste gekommen wäre).

 

Treppe

 

Im Sommer fühlt man sich im Treppenviertel wie in Italien. Im Winter wie auf Sylt. Was ja mit Vielem versöhnen kann. Sogar mit dem Hamburger Wetter.

 

Treppenviertel

 

Hoch oben auf dem Gipfel des Süllbergs, wo früher mal eine Burg stand, befindet sich heute Karlheinz Hausers Gastronomieimperium. Den allerbesten Ausblick hat man vom Turm. Den Schlüssel kann man sich an der Rezeption des Hotels ausborgen (100 Stufen ohne Fahrstuhl).

 

Hotel Suellberg

 

Wer nicht so weit hinaus will, bleibt eine Etage tiefer auf den Elbterrassen. In Hausers Alm steigt täglich ab 16.00 Uhr der original Tiroler Hüttenzauber mit Elbblick. Am Wochenende gehts um 12.30 Uhr los. Bei Einbruch der Dunkelheit werden ringsgrum Fackeln angezündet.

 

Alm Suellberg

 

Da kann man dann so schön bei Glühwein von besseren Zeiten träumen. Denn das Wetter in Hamburg wird auch irgendwann wieder besser. Kann sich höchstens noch um 4 Monate handeln. (Oder 5).

 

20140415_092515

I´m dreaming of a mild springtime