Vandalusian liegt hinterm Deich, etwa dort, wo die Elbe in die Nordsee übergeht. Und wenn man mal das Gefühl hat, die Welt dreht sich zu schnell, ist der kleine Campingplatz extra für Bullis und Vans die Antwort auf fast alles.
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Der zehnte Februar
Ich auf der Bank. Neben mir ein Wackerstein, der als Briefbeschwerer zwei Texte davon abhält, über alle Berge zu wehen. Der Gedruckte ist in Zellophan gehüllt. Den Handgeschriebenen schützt Laminierfolie vor Regen, Wind und Schnee. Von seiner Sorte baumeln weitere im kahlen Strauch an Schleifenband wie Christbaumschmuck.
Kinder auf der Bank, lese ich, Paar auf der Bank usw. Denke kurz darüber nach, einen Text beizusteuern, komme aber über den ersten Satz nicht hinaus. Autorin auf der Bank. Ich habe nichts hinzuzufügen. Das passiert mir immer häufiger. Mit lauten, langgezogenen Rufen nähert sich ein Schwarm Wildgänse und lässt sich auf dem Wasser nieder.
Als ich am 09. Februar 2014 um 10.25 Uhr meinen ersten Blogartikel veröffentlichte, hätte ich nicht sagen können, dass es sich um Graugänse handelt. Ich wusste wenig und hatte nichts als den vagen Plan, Norddeutschland kurztripweise innerhalb eines Jahres zu erkunden. Die Südgrenze hatte ich recht großzügig im Harz gezogen.
Nun treibe ich mich schon den zehnten Februar in Folge in der Nähe herum. Längst glaube ich nicht mehr, den Norden jemals in aller Breite und Tiefe zu erfassen. Längst habe ich den Nordwesten und Nordosten nicht mehr im Visier, sondern nur das, was (von Hamburg gesehen) vor meine Nase liegt.
In der Nähe bleiben
Selbst im winzigkleinen Bundesland zwischen den Meeren zeigt meine Karte noch weiße Flecken. Nicht mehr sehr viele zwar. Einen Strandabschnitt hier, eine Hallig da; doch etliche Micro-Abenteuer noch, die bestanden und einige Feste, die gefeiert werden wollen. Lieblingsorte, die ich zu allen vier Jahreszeiten erlebt haben möchte. So etwas dauert. Vor allem im Norden, der manchmal keinen Sommer kennt und Schnee nur alle Jubeljahre.
Allein vier Jahre brauchte ich zum Beispiel um vom Frühling, Sommer, Herbst und Steinberghaff zu bloggen. Für das bereits damals erhoffte Winterbild dauert es bis heute, also weitere fünf. Wie viel sich in diesen fünf Jahren geändert hat! Was alles geschehen ist, seit 2018 unser erstes Ostsee-Buch erschien und der damalige Bundesinnenminister ein Heimatministerium gründete!
Die Behörde geriet nach anfänglicher Aufregung schnell wieder in Vergessenheit. Sie schien von Anfang an höchstens im Verborgenen zu arbeiten. Die Bilanz nach den ersten drei Jahren fiel daher gemischt aus. Das Ministerium selbst verkündete, es sei gelungen, eine moderne und aktive Strukturpolitik im strukturschwachen ländlichen und städtischen Raum zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse zu betreiben. Andererseits hatte es nur einen einzigen Gesetzesentwurf in den Bundestag eingebracht.
Wenn ich Heimatministerin wär
Ich weiß nicht, ob dieser Gesetzesentwurf irgendwo (vielleicht in Bayern?) für gleichwertige Lebensverhältnisse gesorgt hat. Aber ich kenne allein in Schleswig-Holstein eine Menge Gegenden, wo es nicht geklappt hat. Die „moderne Strukturpolitik“ hat hier oben ganz im Gegenteil zu Extremen geführt. Zu einem krassen Entweder Oder.
Vielerorts ist entweder der Hund begraben – oder alles platzt aus allen Nähten. Entweder der Ort stirbt aus – oder er wird von Spekulanten aufgekauft (was oft dazu führt, dass er während der Ferien aus allen Nähten platzt und für den Rest des Jahres der Hund begraben liegt.) Beide Zustände finden unter Urlaubern ihre Liebhaber. Beide Zuständen verlieren ihren Reiz, wenn man permanent damit konfrontiert ist.
Natürlich denke ich auch über meine eigene kleine Rolle in diesem Balanceakt nach. Und fühle mich davon blockiert. Was darf ich überhaupt noch mit gutem Gewissen beschreiben, erzählen, empfehlen? Wann werde ich Teil einer Entwicklung, die ich als ungut empfinde? Das beschäftigt mich sehr.
Doch wie ich da so sitze und die Texte überfliege, die im Strauch am Strand baumeln, verstehe ich, wie viele Antworten darin stecken. Sie sind ein Glücksgeschenk für meinen zehnten Februar. Und wer immer sie verfasst und aufgehängt hat: Herzlichen Dank – von der Autorin auf der Bank.
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