Irland & Nordirland, Norden im Westen, Nordische Nachbarn, Nördlicher
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Irlands Norden: Roadtrip in Donegal

Malin Head

In seinem Essay „Weiter weg“ schreibt Jonathan Franzen über die Insel Selkirk, die

„von Millionen von Seevögeln und Tausenden Seebären bewohnt wird, aber frei von Menschen ist. … In den sechziger Jahr haben … Tourismusvertreter die Insel nach Alexander Selkirk umbenannt, dem schottischen Seemann, dessen Geschichte auf dem einsamen Archipel wahrscheinlich die Grundlage für Daniel Defoes Roman Robinson Crusoe war, aber die Einheimischen verwenden immer noch ihren ursprünglichen Namen, Más Afuera: Weiter weg. … Im Spätherbst des vergangenen Jahres war es mir ein ziemlich starkes Bedürfnis, weiter weg zu sein. Ab einem gewissen Punkt, nachdem ich über Más Afuera gelesen hatte, stellte ich mir vor, abzuhauen und dort, wie Selkirk, alleine zu sein, im Inneren einer Insel…“

Ich kenne Franzens Gefühl. Auch wenn ich wirklich gern in der Nähe bleibe: manchmal will ich einfach weiter weg sein.  Zum Beispiel im äußersten Norden Irlands: Donegal. 

Dun na nGall, die Festung der Fremden, ist touristisch weniger erschlossen als andere Countys. Die Gegend eignet sich perfekt für einen Roadtrip. 5 Orte mögen wir dem Irland-Reisenden ganz besonders ans Herz legen.

Der Weg von Nordirland in die Freie Republik führt über den Lough Foyle. Per Fähre gelangt man auf die Halbinsel Inishowen. Hier liegt der nördlichste Punkt der nördlichsten Grafschaft Irlands.

 

Nördlicher gehts nicht: Malin Head

Malin Head

 

Malin Head ist toll, um in Donegal innerlich anzukommen, denn hier konzentriert sich, was den Norden Irlands ausmacht: Weite, Berge, Einsamkeit, Schafe, ab und zu ein Pub, ungeheuerliche Panoramastraßen, zerklüftete Buchten und der Atlantik. Bummelig 30 Einwohner pro qkm (zum Vergleich Deutschland: 226) lassen unheimlich viel Raum für eigene Gedanken.

 

Eire

 

Die gewaltigen Éire-Zeichen signalisierten (deutschen) Fliegern im zweiten Weltkrieg, dass sie sich über neutralem Boden befanden. Heute halten Besucher nach anderen Dingen Ausschau: Mit Glück kriegt man Riesenhaie zu Gesicht. Mit noch mehr Glück Nordlichter.

Wie dünn Donegal besiedelt ist, wird klar, wenn man sich von Malin Head nach Dunfanaghy aufmacht.

 

Donegal beginnt in Dunfanaghy

Mit 315 Einwohnern ist Dunfanaghy nicht gerade eine Metropole – dennoch ist der 115 km entfernte Küstenort von Malin Head aus bestens ausgeschildert.

Auf dem Weg zum napoleonischen Beobachtungsturm von Horn Head kann man schon mal für richtige Klippen üben. Diese sind mit nur 180 Metern nach irischen Maßstäben etwas für Anfänger. Wobei 180 Meter-Stürze natürlich auch das Leben kosten. Das geschieht gar nicht so selten beim Blowhole McSwyne´s Gun. Bis zu 90 Meter treibt der Atlantik sein Wasser bei Sturm in die Höhe. Wie kann den Leuten die Gefahr nicht klar sein?

 

 

Unfassbar schön ist der Ards Forest Park gleich ums Eck. Durch dichten Wald läuft man zwischen gewaltigen Rhododendren und am Ende wartet immer eine Traumbucht.

 

 

Dunfanaghy ist der letzte Ort, den Briten (Nordiren) noch zum Golfen ansteuern. Denn gleich dahinter beginnt Gaeltacht-Gebiet. Das heißt, dort wird „wirklich irisch“ gesprochen. Und es wird auch wirklich einsam.

Etwa 20 km landeinwärts liegt ein wundervoller Nationalpark, der so aussieht, wie man sich Schottland vorstellt.

 

Donegals Mitte: Glenveagh Nationalpark

 

Ein Spekulant und Exzentriker names Adaire kaufte in den 1850er Jahren zusammenhängende Landparzellen in den Derryveagh Mountains und vertrieb die Pächter. Sein Castle, eine Replik von Balmoral, bildet heute das Herzstück des größten Nationalparks Irlands.

 

3Glenveagh

 

Wie eine Oase schmiegen sich Lady Adairs viktorianische Themengärten in der Einsamkeit des Berg- und Moorlandes um Lough Veagh.

 

 

Im Nationalpark liegt übrigens auch der höchste Berg Irlands. Es braucht aber offenbar klare Sicht, um den Mount Errigal überhaupt zu entdecken. Wir haben ihn leider links liegen lassen, ohne es zu merken.

Die Küste hinunter gelangt man zu einem ganz besonderen Ort:

 

Herzensort Glencolumbkill

 

Schon die Anreise ist eine Wucht. Noch schöner als der (grandiose) Glengesh-Pass scheint uns die alte Straße an der Küste. Dafür biegt man kurz hinter Ardara beim Assarancagh Fall Richtung Maghera Beach ab.

 

 

Am Strand von Maghera lohnt ein kleiner Spaziergang zu den Höhlen am Ende der Bucht. 100 Dorfbewohner sollen sich dort vor Cromwell versteckt haben. Bis auf einen wurden sie alle aufgespürt und getötet.

Irland ist voll mit diesen schauerlichen Geschichten. Wenn man sich nun über die alte Passstraße in die Berge schlägt, glaubt man sie alle. Und sich selbst mittendrin.

 

4StraßeDonegal

 

Hinter dem Pass führt eine Abzweigung ins „deserted Village“ Port. Ein mystischer Ort im Nirgendwo.

 

Geisterhafen Port

 

Von dem Geisterhafen kann man sich kaum losreißen. Muss man auch nicht, wenn man das einzige Cottage im Umkreis von Meilen und Meilen gemietet hat.

 

Port Donegal

 

Alle anderen finden erst ein paar Kilometer weiter einen Schlafplatz in Clencolumbkill. Wenn man auf Luxus verzichten mag (und nur dann), gehört Dooeys Hostel zum Pflichtprogramm.

Landlady Mary, die das Hostel gemeinsam mit ihrem Sohn führt, tut immer so, als könne sie ü-ber-haupt-nicht verstehen, warum Reisende aus aller Welt bei ihr einkehren. Uns empfing sie (Lockenwickler im Haar, Zigarette im Mund, rrrrollendes R) mit folgenden – leicht vorwurfsvollen – Worten: „Oh, poorrr childrrren, why did you came aaall the way up to this deserrrted place?“

Dabei weiß sie es ganz genau. Sie muss ja nur aus dem Fenster schauen.

 

Dooeys Glencolumbkill

 

Ist der Atlantik nun an einem friedlichen Abend schöner?

Oder an einem stürmischen Morgen?

 

Glencolumbkill

 

Schwer zu sagen. Der Spaziergang zum Silver Strand von Malinbeg lohnt sich aber zu jeder Tageszeit und bei jedem Wetter.

 

4SilverStrandMalinbeg

 

Um Glencolumbkill in Sachen Naturschönheiten zu toppen, muss schon was Gigantisches kommen. Aber es fehlt ja auch noch die Hauptattraktion Donegals.

 

Schwindelerregend: Slieve League

600 Meter über dem Meeresspiegel führt der One Man´s Path über den Kamm der Klippen von Slieve League. Teilweise ziemlich nah am Abgrund. Dafür sollte man besser schwindelfrei sein.

 

 

Vielleicht waren an diesem Tag alle Besucher von Schwindel befallen. Vielleicht hatte auch einfach keiner Lust, den schmalen Pfad beim Parkplatz weiter hinaufzuschnaufen als unbedingt nötig (weiter als bis zur Foto-Plattform). Jedenfalls waren wir am Ende ganz oben ganz allein. Und alles andere war richtig schön weit weg.

 

Zwei Schafe

 

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