Der Sommer hat einen weiten Bogen um Hamburg geschlagen – ganz anders als im letzten Jahr, als ich den Bahnhof von Büchen gleich mehrmals ansteuerte.
Grund war das Buch „Radelzeit in & um Hamburg“. Die kleine Gemeinde im Süden Schleswig-Holsteins passt einfach prima ins Konzept der neuen Reihe, die Radtouren nicht nach Kilometern bemisst, sondern nach Erlebnissen am Wegrand. Und da er sich ja nun doch noch zu bequemen scheint, der Sommer meine ich, passen Buch & Büchen auch wieder 1a zum Ausflugsrucksack.
Steht das Barometer im Sommer nämlich auf »schön« in Hamburg, sind fast alle tollen Plätze von Touristen umschwärmt. Die Hamburger:innen flüchten derweil durch die klassischen Ausfallstore der Stadt Richtung Nord- und Ostsee, so dass es dort ebenso eng wird wie in an den Landungsbrücken. Doch zum Glück gibt es noch Büchen; alle 30 Minuten in 30 Minuten vom Hauptbahnhof zum HVV-Tarif zu erreichen und ein toller Startpunkt, um mit dem Rad durch den Sommer zu tändeln.
Vom Büchener Bahnhof ist man ruckzuck am Elbe-Lübeck-Kanal. Der wird netterweise von einem Top-Radweg begleitet; der Alten Salzstraße. Dort geht es auf zumeist festem Sand und zumeist dicht an der Wasserkante durch eine Landschaft, die in den 1980er Jahren als Schauplatz der Ostpreußen-Saga »Jokehnen« fungierte. Noch heute kann man sich auf endlosen Chausseen in frühere Zeiten träumen.
Spätestens an der Schleuse in Witzeeze, wo eine kopfsteingepflasterte Eisenfachwerkbrücke über den Kanal führt, ist es an der Zeit, eine Pause einzulegen. Wo sich die Bahnschranken mit nostalgischem Kling-Klang-Klong schließen und einige Motorschiffe auf den Schleusengang warten, wird klar: die Pausen sind die Hauptsache auf einer Radtour der lässigen Sorte (darum sind im Buch auch alle Touren mit mindestens sechs Vorschlägen für kurze und ausgedehnte Stopps am Wegrand aufgehübscht).
Büchen – Lauenburg: KM 3 Hör mal´n beten to
Der Schleusengang geschieht in Witzeeze noch nach dem Hottoppschen Prinzip, ganz ohne Strom mit Hilfe der Hydraulik. Stellt der Schleusenwärter einige Hebel und dreht ein paar Räder, arbeitet die Schleuse wie von Geisterhand. Falls der Zufall es will, bekommt man so einen Schleusengang mit. Falls nicht, kann man sich die Technik dahinter durch eine Audio-App erklären lassen. Das Piktogramm befindet sich rechts neben der Brücke.
Von Büchen nach Lauenburg sind es nur 15 Kilometer. Die flache Strecke ist auch für Gelegenheits-Radfahrende oder Kinder gut zu meistern, allemal wenn man sich Zeit nimmt. Etwa um einzukehren oder unterzutauchen. Beides funktioniert bei Basedow.
Büchen – Lauenburg: KM 8 Badepause bei Basedwo
Bei Basedwo durchfließt der Elbe-Lübeck-Kanal den Lanzer See. Er ist nicht natürlichen Ursprungs, sondern durch Kiesabbau entstanden. Die Natur hat sich aber über die Zeiten sehr schön breit gemacht und ist an den östlichen Gruben sowie auf einer kleinen Insel unter Schutz gestellt.
Am Südufer befindet sich ein Naturcampingplatz, ein Ausflugslokal und die kleine Badestelle mit Sandkiste und Wasserrutsche. Auf ihr kann man ohne Bedenken in den See gleiten. Die Wasserqualität wird regelmäßig überprüft. Umkleiden stehen zur Verfügung. Danach geht es auf die Terrasse des Gasthauses am Lanzer See.
Von Büchen sind es nur 15 km nach Lauenburg
So erreicht man vollkommen entspannt und in echter Urlaubsstimmung Lauenburg. Die Altstadt gehört zu den niedlichsten, die Schleswig-Holstein zu bieten hat und dass sie sich an die Elbe schmiegt ist auch nicht gerade ein Nachteil.
Elbuferpromenade, Elbuferweg und Elbstraße sollte man mindestens entlang bummeln. So gut wie jedes Haus ist mit einer Plexitafel geschmückt, auf der die (meist äußerst bewegte) Geschichte der Gemäuer nachzulesen ist und der Generationen, die hier wirkten. Überall, wo sich heute Gastronmie oder Galerien befinden, möchte man mal reinschauen. Sollte man auch.
Für welche Sehenswürdigkeiten es sonst noch reicht, ist vom Rückweg abhängig. Typisch für Schleswig-Holstein ist Lauenburg nicht an die Bahn angeschlossen. Am schnellsten ist der Weg, auf dem man gekommen ist. Es ziehen sich aber auch noch jede Menge andere (Fern-) Radwege durch die Landschaft. Für´s Buch bin ich dem Iron Curtain Trail nach Mecklenburg-Vorpommern gefolgt.
Und wenn ich vorher schon dachte, der Elbe-Lübeck-Kanal sei einer der letzten nicht überlaufenen Flecken, war mir nun, als würde ich in eine andere Zeit reisen. Eine, in der ich deutlich mehr Eidechsen als Menschen sah. In der die Kiefern höher in den Himmel ragten und die Grillen lauter zirpten. In der die deutsch-deutsche Grenzziehung sich noch immer real anfühlt und gleichzeitig wie eine Dystopie.
Man kann sich den Abstecher nach Meck-Pomm natürlich auch für den nächsten Ausflug nach Büchen notieren. Und beim übernächsten Mal dann durch´s wunderschöne Hellbachtal von einem See zum anderen nach Mölln trudeln. Und beim über-übernächsten vielleicht von Büchen immer am Kanal lang nach Ratzeburg radeln. Oder gleich nach Lübeck. Oder in die andere Richtung – nach Lüneburg in Niedersachsen. Aber das habe ich noch nie gemacht. Und das ist eigentlich das Beste an Büchen – dort warten mehr tolle Tagestouren als in einen norddeutschen Sommer passen.
DUMONT REISEVERLAG
224 Seiten
18,95 Euro
Moin, superschön ist auch die Wanderung von Tesperhude nach Lauenburg (10km). Hin mit dem Bus von Bergedorf über Geesthacht. Zurück dann mit dem Bus von Lauenburg nach Bergedorf.
Viele Grüße aus Hamburg, kv
Noch eine Ergänzung von mir, am Wochenende sollte man nicht mit der Bahn von Hamburg nach Büchen fahren. Die Bahn nach Rostock ist total überfüllt, vorallem das Fahrradabteil.
LG, kv
Gerade aus dem nördlichen Norden zurückgekehrt freue ich mich sehr über Deinen Beitrag über den weniger nördlichen Norden. 🙂 LG aus Augsburg
Moin Stefanie, Mitte September bin ich die Strecke mit einem Freund gefahren. Mit der Bahn bis Büchen und dann mit dem Fahrrad immer am Kanal (mal auf der rechten Seite, mal auf der linken Seite) nach Lauenburg. In Lauenburg hat man auch die Möglichkeit sein Proviant in einem Supermarkt aufzufüllen. Bei diesem Abschnitt hatte ich öfters das Gefühl und den Eindruck in der DDR oder im Zonenrandgebiet zu sein.
Ab Lauenburg ging es dann weiter am Kanal nach Lüneburg (zuerst auf der linken Seite, dann sind wir immer auf der rechten Seite gefahren). Dort das Schiffshebewerk Lüneburg-Scharnebeck angeschaut und einen kurzen Abstecher in den Ort Scharnebeck unternommen. Kurz vorher am Inselsee eine längere Pause eingelegt (geschwommen und die Sonne genossen).
Nach so viel Natur hatten wir keine Lust auf den Trubel in Lüneburg. Lüneburg ist ein extra Besuch…
Im großen und ganzen, eine schöne und abwechslungsreiche Radtour.
Schönes Wochenende, kv