Vandalusian liegt hinterm Deich, etwa dort, wo die Elbe in die Nordsee übergeht. Und wenn man mal das Gefühl hat, die Welt dreht sich zu schnell, ist der kleine Campingplatz extra für Bullis und Vans die Antwort auf fast alles.
Camping. Mag man oder nicht. Das war über Jahrzehnte so. Und jede:r war´s zufrieden. Das ist jedenfalls mein Eindruck. Inzwischen scheint aber selbst etwas relativ Egales wie Camping die größten Emotionen hervorzurufen. Die einen feiern auf Social-Media #vanlife als Statement, das Feuilleton hat längst den Abgesang angestimmt. Schreibt von der Bulli-Lüge und spießigem Aussteiger-Alptraum.
Probieren geht über Echauffieren
Die Wahrheit ist natürlich gleichermaßen komplexer wie auch viel einfacher. Campen kann (wie jede Urlaubsform) alles sein – von gräßlich bis großartig. Es kommt auf die eigenen Vorlieben und Wünsche an. Und wem es beim Campen darum geht, allem Komplizierten für eine Weile zu entkommen, notiert sich eine der besten Adressen in ganz Schleswig-Holstein: Vandalusian, gleich hinterm Elbdeich, Friedrichskoog.
In Dithmarschens kleinem Geheimversteck finden gerade einmal fünf Gefährte gleichzeitig Platz – davon aber jede Menge. In der Hochsaison kann es nicht schaden, kurz durchzuklingeln, um zu reservieren. Mag sein, es ist dann jemand zur Begrüßung da. Im Zweifel eine handvoll Hühner und ein ebenso selbstbewusster wie umgänglicher Hahn. Er verbringt den Tag im Wesentlichen damit, Lage und Besucher:innen zu checken. Ganz im Gegensatz zu den Pfauen. Sie sind schüchtern und ziehen sich zumeist auf die Terrasse des weltnettesten Gastgebers Kristian zurück. Was man ihnen gar nicht verdenken kann. Entspannter und freundlicher als der gebürtige Friedrichskooger Lehrer kann man nämlich kaum sein.
48h Stunden in Vandalusian
Freitag, 15 Uhr: Ankommen = Runterkommen. Kurze Runde über den Platz. Im Haupthaus befindet sich das Gemeinschaftsbad, nebenan ein Miniraum mit Möglichkeiten zum Wäsche waschen, Abwaschen und Wasser kochen. Wer lieber draußen duscht, kann das gleich hinter der kleinen Panamahütte tun. Dort finden sich auch Hängematten, Feuerschalen und Fahrräder, die im Übernachtungspreis inkludiert sind (aktuell 25 Euro für die erste Person, 5 Euro on top für die zweite).
Freitag 16.00 Uhr: Dann mal ab auf den Deich. In Minuten erreicht man den stillgelegten Hafen von Friedrichskoog, einen herrlichen Ort, um innerlich so ruhig zu werden wie das Wattenmeer. Größere Menschenansammlungen sind hier lediglich in der Seehundstation zu erwarten. (Damit ist auch gleich das Programm für etwaige Regenstunden geklärt).
Beim Umrunden des Hafenbeckens kann man einen Blick auf die Speisekarten der drei Einkehrmöglichkeiten werfen. Selbstversorger:innen streben zur Hauptstraße, dort warten neben dem Bäcker und einem angenehm kleinen Supermarkt zwei tolle Fachgeschäfte:
- Fischgeschäft Urthel; geradezu berühmt für Krabben, Hafenstraße 71
- Landschlachterei Mewes; grandios, Mittagstisch auch vegetarisch, Hafenstraße 117
Freitag, 18.00: Abendsonne ersetzt in Friedrichkoog Entertainment. Sie scheint einem hier ins Gesicht, bis sie untergeht. Auf einer Bank am Hafen ist es etwas kuscheliger. Auf dem Deich sitzt man dafür zwischen Schafen und Seevögeln. Bleibt man in Vandalusian, kann man direkt nach dem Sonnenuntergang die Sterne aufgehen sehen. Double-Feature sozusagen.
Sonnabend: Räder geschnappt und ab nach Friedrichskoog-Spitze, sieben Kilometer durch die Salzwiesen. Vom touristischen Zentrum Friedrichskoogs habe ich schon häufiger gebloggt – allen voran vom Trischendamm.
Rund um Vandalusian
Der 2,2 km lange Weg ins Wattenmeer ist ein unbedingtes Highlight und wer´s irgendwie einrichten kann, sollte noch in diesem Sommer kommen. Ab Herbst wird der Deich erhöht und die Baustellen am Grünstrand nehmen denn für Jahre kein Ende mehr. Ab 2026 wird auch der Trischendamm „touristisch attraktiviert“. Das kann zwar – muss in Schleswig-Holstein allerdings absolut nicht – etwas Gutes bedeuten. Also besser schnell noch mal hin da, um das sehenswerte Original zu erleben.
Ansonsten kann man in Friedrichskoog-Spitze noch baden, wattwandern, speisen und natürlich auf dem Deich sitzen. Solange bis die Hamburger Ausflugsgemeinde eintrudelt. Dann macht man sich zurück auf den Weg nach Vandalusian – das sich inzwischen schon wie zuhause anfühlt.
Sonntag: Jetzt kennt man schon fast die gesamte Gegend, darf also in aller Seelenruhe ausschlafen, frühstücken und sich dann gaaanz gemächlich auf den Rückweg machen. Führt er in südliche Richtung, lohnt ein erster Stopp in der 3,5 Kilometer entfernten Neulandhalle. Rund um die „Anti-Kirche“ strammer Nazis erzählt eine empfehlenswerte Outdoor-Ausstellung die Geschichte dieses extrem seltsamen und faszinierenden Landstrichs.
Wen es nach Norden zieht, darf sich schon mal auf die Einkehr im Deichhaus freuen. Dort wird gerade an einer schönen Glamping-Idee gebastelt. Aber das ist schon wieder eine andere Bucht (nämlich die Meldorfer) – und braucht einen eigenen Blogbeitrag…
weiter stöbern:
Mehr über die touristischen Attraktionen von Friedrichskoog gibts hier.
Und hier gehts zu den aktuellen Baustellen-Infos von Friedrichskoog-Spitze.
DAS wäre Campen nach meinem Geschmack,da nur sehr,sehr wenige Plätze und damit KEIN Massentourismus.
Friedrichskoog habe ich auch schon in der Nebensaison besucht und hat mir gut gefallen.
In den hohen Norden geht es erst wieder im November,jetzt wird auf „Balkonien“ geurlaubt.
Grüße aus Duisburg
Ralf
Dann schönen Urlaub in Duisburg! Lass es Dir gut gehen.
Bist Du unter die Vandalen gegangen? 🙂
Bulli-Campen ist für uns die schönste Urlaubsform und wäre der Bulli bei uns nicht so extrem teuer, hätten wir ihn immer noch. Dithmarschen ist wirklich noch inTeilen ein Geheimtick- aber auch der letzte Fleck wird vermarktet. Anstatt das Geld ins Binnenland zu stecken und die Massen besser zu verteilen.
Ich bedaure die Entwicklung. Denn damit wird die Küste immer künstlicher. Und unruhiger. Abgesehen von dem gesamten CO2-Ausstoß durch noch mehr Gäste und allein durch die Baumaßnahmen. Das Meer steigt. Die Nordsee ist aktuell drei Grad zu warm…
Liebe Grüße nach Hamburg.
Ja, Kai, Du weißt, bei mir läufst Du da offene Türen ein. Es ist eine zweischneidige Sache. Ich kann auch gut verstehen, dass es die Leute ans Meer zieht. Wobei Friedrichskoog ja nicht so richtig, richtig Meer ist – das erklärt vermutlich die relative Ruhe.
(Ich bin quasi eine Mini-Van-dalin… aber nicht sehr häufig und auch nur noch diesen Sommer.) Liebe Grüße, Stefanie
Moin Stefanie, schöner Artikel. Ich bin jetzt in der letzten Zeit auch ein paar mal auf der Halbinsel Friedrichskoog gewesen, unter anderem in der Neulandhalle bei einem Vortrag über die Zeit im Nationalsozialismus in Dithmarschen.
Richtig gut fand ich den Trischendamm und Helmsand, ansonsten haut mich die Halbinsel Friedrichskoog aber nicht so vom Hocker. Irgendwie ein wenig langweilig und spießig. Besonders störend fand ich die vielen Windräder.
Schönes Wochenende, kv
Ja, ja, die Windräder. Das ist schon extrem in manchen Teilen Dithmarschens. Das „langweilige und spießige“ mag ich allerdings total 🙂 bzw. empfinde es als „entspannend und voll schräg“. Ich hab an anderer Stelle mal geschrieben, dass man Dithmarschen kaum weiter empfehlen, weil es so speziell ist. (Ich glaube, es hat aber auch ganz viel mit dem Wetter zu tun. Am besten ist strahlender Sonnenschein – die Temperatur ist weniger wichtig.) Liebe Grüße, Stefanie