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Wir trafen uns an der Seehundsbar

Wittduen

Unsere letzte Stunde in Wittdün verbrachten wir getrennt voneinander. Schließlich waren wir nicht zum Vergnügen nach Amrum gekommen. Sondern zwecks Recherche und auf Einladung der AmrumTouristik. Es läuft unterm Strich auf´s Selbe hinaus – also aufs Vergnügen. Aber ein bisschen mehr Zug ist eben doch drin, wenn man bestimmte Bilder mit nachhause bringen möchte. Und so trennten wir uns an der Seehundsbar. (Die streng genommen »Strandbar Seehund« heißt. Aber das fließt mir nicht so elegant aus der Feder.)

 

Strandbar Seehund

 

Eben dorthin hatten wir uns am Vortag schon einmal geflüchtet. Das war, als wir annahmen einen leichten Nieselregen easy mit einem Backfisch-Baguette im Strandkorb abwarten zu können. Denn die Fischbrötchen der Seehundsbar sind wirklich allererste Sahne und Nordlichter müssen ja nicht immer gleich rein beim kleinsten Regen. Höchstens zum Bestellen der Fischbrötchen. Dort entdeckte ich ein Brautpaar. Sie (wunderschön!) mit Jeansjacke über dem Tüll. Und er in gelben Gummistiefeln zum Anzug. Und ich weiß nicht, ob alle Gäste der Bar zur Hochzeitsgesellschaft gehörten. Jedenfalls war die Strandbude bis auf den letzten Platz besetzt. Beziehungsweise soweit es eben die Abstandsregeln zuließen.

 

Kniepsand Amrum

 

Wir hätten uns da also nicht mehr hineinzwängen können. Auch wenn wir uns ab einem gewissen Zeitpunkt doch nicht mehr für toughe Nordlichter hielten. Denn bis die Bedienung unser Essen zum Strandkorb brachte, hatte sich der feine Niesel- zum miesen Dauerregen gemausert. Wir taten noch eine Weile so, als wäre alles halb so schlimm, der Regen würde gleich aufhören, versicherten wir uns, der Strandkorb in gewisser Weise schützen. Aber das stimmt alles gar nicht. Stattdessen wurde es stürmisch. Und wir waren längst nass bis auf die Haut und mussten uns kaputtlachen, weil es anders nicht auszuhalten gewesen wäre. Zumal wir mit dem Fahrrad gekommen waren – vom anderen Inselende.

 

Sommerende am Südende: Wittdün auf Amrum

 

Solche Augenblicke sind das Leben! Das Beste, was es zu bieten hat. Man weiß es schon, während man noch vor Kälte zittert und sich unter die heiße Dusche wünscht. Darum ist mir der September der liebste Monat von allen. Wenn es nicht mehr richtig Sommer ist, aber auch noch nicht Herbst, passieren die schönsten Dinge. Allemal auf einer Nordseeinsel. Und besonders wenn auf einen regnerischen Tag noch einmal einer folgt, an dem federleichte Schäfchenwolken den Himmel schmücken. So dass man seine Sehnsuchtsorte im Sonnenschein aufsuchen kann. Ganz entspannt. Weil es nicht mehr heiß wird. Sondern bloß wohlig warm.

 

Bohlenweg Amrum

 

So spazierte V. also westwärts auf den Kniepsand hinaus, während ich in nördliche Richtung flanierte. Ich nahm die Obere Wandelbahn, eine der beiden Strandpromenaden von Wittdün. Sie geht am Ortsausgang in einen Bohlenweg über. Und der führt zu einem Süßwassersee mitten in den Dünen. Ich hatte den Wriakhörnsee schon auf Fotos gesehen und mich natürlich auch belesen. Trotzdem geriet ich ganz aus dem Häuschen, als ich ihn nun in Natur sah.

 

Wriakhoernsee auf Amrum

 

Der Wriakhörnsee war viel größer als ich es mir vorgestellt hatte. Mich überkam ein Gefühl, wie ich es sonst nur „ganz weit weg“ habe, vielleicht in Irland oder Schottland (wo ich allerdings noch nie gewesen bin). Zu gern hätte ich V. an meiner Seite gehabt. Dabei bin ich überhaupt nicht der Typ, der alles zu zweit machen muss. Aber das hier war so großartig, dass ich mir wünschte, er hätte es auch erleben können. Ich wünschte das eigentlich jedem netten Menschen.

 

Wriakhoernsee

 

Rund um den Wriakhörnsee finden sich Ruheplätze, Aussichtsdünen und Plattformen zur Vogelbeobachtung. Ein Naturlehrpfad klärt über Flora und Fauna auf. Über einen anschließenden Dünenpfad kann man zum Leuchtturm weiterwandern. Und eigentlich müsste man hier Stunden verbringen. Inkl. Picknick und Schläfchen am Seeufer. Am liebsten übrigens gerade jetzt. In diesen 3 Altweibersommerwochen, wenn das Wetter noch fein ist, aber kein Bundesland mehr Ferien hat.

 

 

Von der Seehundsbar bis zum Ende des langgezogenen Wriakhörnsees sind es 1,6 Kilometer. Und während ich die lief und staunte und hingerissen war, lief V. exakt ebenso weit über den unendlichen Kniepsand bis er endlich die Nordsee erreichte. Genau wie ich war auch er davon überzeugt, gerade das Allertollste auf Amrum zu erleben. (Man denkt es fast überall und so gut wie ständig auf der Insel.)

 

Wittdün: 1,6 km zum Dünensee oder über die Sandbank

 

Eine Mondlandschaft, sagte er hinterher. Unfassbar. So weit, so besonders, so absolut außerhalb des Vorstellungsvermögens. Nur dass er keine Badesachen dabei gehabt hätte… das würde er nächstes Mal anders machen. Und ich sagte, dann komme ich mit.

Wir hatten den Kniepsand natürlich auch schon zuvor bewundert. Schließlich erstreckt sich die Sandbank über die gesamte Insellänge. Aber das waren bloß die »schmalen« Abschnitte gewesen. Die, die immer noch breiter sind als so gut wie jeder andere Strand in Deutschland.

 

Kniepsand

 

Bei Wittdün ist der Kniepsand am Mächtigsten. Manche Flächen werden noch bei Flut überspült. Andere sind ganz Puderzucker-Sand. Ich kann mir schwer vorstellen, dass hier je Ölsardinen-Feeling herrscht. Im September aber ist so viel Platz, dass selbst Einsiedler sich wohlfühlen müssten. Vor allem aber auch ich. Und so hatten wir in unserer letzten Stunde auf Amrum schon wieder drei Gründe gefunden, warum wir noch einmal wiederkommen müssen.

 

Kniepsand Wittduen

 

Denn als wir uns an der Seehundsbar wiedertrafen und einander zu und zu gern gezeigt hätten – nicht auf Fotos sondern live – was wir gerade gesehen hatten, wären wir auch ebenso gern ebendort sitzen geblieben. Am liebsten bis in alle Ewigkeit. Oder jedenfalls bis zum Sonnenuntergang.

 

Wittdün für Schnelle: … und sei´s auch nur ein Tagesausflug

 

Der Kniepsandhaken, der sich unterhalb der Wandelbahn von Wittdün um die Südspitze Amrums zieht, ist das erste und das letzte Bild, das Reisende sich von der Insel machen. Mit ihm nimmt Amrum wirklich Gestalt an, wenn die Fähre sich nähert – oder löst sich in Erinnerung auf, wenn man die Insel verlässt. Der Blick lohnt beinahe allein schon die etwas aufwändige Anreise. Selbst, wenn man nur für einen Tag kommt.

 

Kniepsand

 

Der Kniepsandhaken ist vom Fähranleger nur einen Katzensprung entfernt. Eine Führung ist die einzig (erlaubte) Möglichkeit, den Hochwasserrastplatz für Seevögel zu betreten. Jenseits des Sandhakens und der anschließenden Bucht darf man dann aber mitten in die Dünenlandschaft hinstiefeln. Das gibt es in diesem Ausmaß nicht noch einmal in Deutschland. Die Wandelbahn führt direkt dorthin. Beziehungsweise zur Seehundsbar.

 

Kniepsandhaken

 

Herzlichen Dank an AmrumTouristik für die Übernahme unserer Anreise und Unterkunft auf der Insel, für Programmvorschläge und die Unterstützung unserer Recherche. Und für den SUP-Kurs an Wittdüns Wattseite… der ist dann leider ins Wasser gefallen… Noch ein Grund also, um der Insel einen weiteren Besuch abzustatten. Und was wir sonst so erlebt haben, erzähle ich nächstes Mal

9 Kommentare

  1. kokkinos vrachos sagt
  2. Sandra S. sagt

    Wir waren da… Auch vor dem Regen geflohen in die Bar auf einen Kaffee. Saßen am Tisch neben dem Brautpaar.
    Zufälle gibt’s….
    Liebe Grüße aus Niederbayern

  3. Originalsonnenblume sagt

    Meine allerliebste Lieblingsinsel ?⚓️☀️ und jedes Wort ist so wahr und reicht doch niemals aus den Zauber zu beschreiben…

  4. […] Inselsüden lockt der Bohlenweg zum Dünensee, den ich hier schon einmal beschrieben habe. Dort schließt sich ein Dünenpfad an, was die Runde zu einer wahren Traumwanderung macht. Mein […]

  5. […] Der Koresand ist die größte Sandbank im Wattenmeer. Er ist der Insel vorgelagert und recht schnell zu erreichen. Bis zur Südspitze aber, wo eine Robbenkolonie lebt, nimmt man lieber den Traktorbus. (Zum Vergleich: mit 20 Quadratkilometern ist der Koresand doppelt so groß wie der Amrumer Kniepsand.) […]

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