Der November in Norddeutschland ist besser als sein Ruf, dachte ich neulich, als wir jenseits des Eidersperrwerks die erste Abzweigung nahmen, um eine neue Badestelle zu entdecken. Allein dass wir – trotz Himmelsblau und Windstille und ganz kurz von St. Peter Ording – einen Umweg ins Unbekannte wagten, war schon mal bemerkenswert.
Im Sommer bin ich immer unruhig. Ich will so schnell wie möglich zum besten Strandkorb am besten Strand. Und ich checke während der Anfahrt permanent den Horizont, aus lauter Panik dort könnte eine Wolke auftauchen. Doch dafür gibt es ab sofort gar keinen Grund mehr. Mit dem November kommt die Ruhe. Sie nahm uns sofort gefangen, als wir in Vollerwiek den Deich erreichten.
Der schlechte Ruf unterscheidet den November vom März. Dabei ist der März unwirtlicher als der November. Vermutlich wirkt im Frühling das Prinzip Hoffnung. Auch bin ich ja nicht die Einzige, die uralte Vorurteile verinnerlicht hat. Die Vorstellungen gleichen kindlichen Bastelkalendern. Da wird der März mit hellen Farben, evtl. ersten, bunten Blüten visualisiert, in manchen Jahren auch Ostereiern oder jedenfalls ja einem, der die Rösslein anspannt. Es geht los, sagt das. Und der November ist immer nur ein Regenschirm oder das Tor zur Ödnis und Dunkelheit.
Besser als sein Ruf: November in Norddeutschland
Seit es diesen Blog gibt, weiß ich es besser. Nicht, dass der November eine Trockenperiode wäre – aber es regnet eben auch nicht mehr als im Juli oder Januar. 12 Tage im Schnitt. D.h. an 18 Tagen regnet es nicht. Das Glas ist zu Dreiviertel voll. Gute Sache.
Die Ruhe ist vielleicht das Beste am November in Norddeutschland. Stichwort: innere Einkehr. Dachte ich so, als ich zum Watt runterspazierte. Im Herbst wollen hier einfach nicht so viele sein. Und mit den Blättern fallen die Preise. Selbst für Krabben, habe ich neulich gelesen. Die Herbststürme brachten die Wende. Die Netze sind wieder voll. Und schon kann man sich ein Krabbenbrötchen leisten. Sowie eben auch: Unterkünfte.
Ganz Norddeutschland ist im November toll. In den Wäldern von Niedersachsen darf man berechtigter Weise auf einen Indian Summer hoffen, etwa im Wendland. Aber auch die November-Stürme auf den nordfriesischen Inseln in Schleswig-Holstein, z.B. auf Sylt sind eine Kurzreise wert. Oder die Einsamkeit an der Ostseeküste von Mecklenburg-Vorpommern; sogar auf dem beliebten Darß wird es jetzt still.
Immer einen Ausflug wert: November in Norddeutschland
Hamburg geht ja sowieso immer – auch im November; sehr gut sogar, weil sich hier viele Outdoor-Locations mit Indoor-Freuden verbinden lassen. Meine persönlichen Top-3-Novembervergnügen:
- Der Jenisch-Park ist perfekt in jeder Hinsicht. Das Wichtigste: An- und Abreise in den englischen Landschaftsgarten mit wundervollem Baumbestand erfolgen mit dem Dampfer. Außerdem warten mit dem Jenisch-Haus und dem Ernst-Barlach-Haus gleich zwei wirklich sehenswerte Museen.
- Auch nicht schlecht: Pilgern im Stadtpark – und anschließend ab ins Planetarium. Wenigstens die Innenräume und die Aussichtsplattform sollte man mal gesehen haben. Aber besser ist natürlich ein Ticket für das modernste Sternentheater Deutschlands.
- Normalerweise bleibe ich ganz gern in der Zeit und schlage daher um Spekulatius und Weihnachtsmärkte im November noch einen Bogen. Aber für die Skandinavischen Weihnachtsmärkte im Portugiesen-Viertel mache ich gern eine Ausnahme. Die sind nämlich gar nicht wirklich weihnachtlich sondern schön skandinavisch schräg. Dieses Jahr öffnen die Seemannskirchen der Dänen, Norweger, Schweden und Finnen ihre Pforten vom 16. – 18.11. und vom 23. – 25.11.
Wer Freistil bevorzugt, geht einfach an die Elbe, irgendwo zwischen den Landungsbrücken und Wedel. Durch die Hänge wirkt das Hamburger Ufer wie ein Südbalkon. Das hat die Elbe mit den besten Nordseedeichen und Ostseesteilküsten gemeinsam.
Wie ich in den letzten Jahren festgestellt habe, muss ich im November nicht frieren. Bis kurz vor Silvester ist mein Wohlbefinden eine Frage der richtigen Jacke. (In Norddeutschland wird es nämlich erst nach Weihnachten kalt; alle 10 Jahre schneit es sogar mal. Aber das ist ein anderes Thema.) Natürlich gibt es diese 12 Regentage im November, wo selbst ich nicht raus mag. Aber das ist ja ganz herrlich. Denn dann kann man es sich endlich gemütlich machen.
Novembertrilogie: Sessel, Leselampe und ein Buch
Wie kaum ein Monat eignet sich der November zum Lesen. Noch ist Gemütlichkeit ja etwas Besonderes und ein düsterer Nachmittag im Lesesessel willkommen. U.a. mit diesen Tea-Table-Bänden:
- Vom Glück am Meer zu sein: Wenn man nicht ans Meer kann, kann man ja jedenfalls davon träumen. Ich will´s mal nicht mit Eigenwerbung übertreiben – wer´s noch nicht mitbekommen hat, findet mehr zum Bildband Meeresrauschen hier.
- Vom Glück auf Møn zu sein: Carmen Wedeland lebt auf einer dänischen Insel – ist also voll im Thema was Handmade Hygge betrift. Super für alle, die gern was mit ihren Händen machen, skandinavische Lebensart schätzen genau wie den entsprechenden Look und/ oder vielleicht in diesem Jahr mal wirklich frühzeitig an Weihnachtsgeschenke denken wollen.
- Vom Glück auf einem Markt zu sein: Der Eine braucht zur inneren Einkehr Einsamkeit, der Andere findet am besten mit geliebten Menschen und gutem Essen zu sich. Für den Bildband „It´s Market Day“ sind ein paar St. Paulianer kreuz und quer durch Europa gedüst, um tolle Geschichten, Rezepte und wundervolle Fotos von den aufregendsten Märkten mitzubringen.
Apropos Essen: neulich habe ich irgendwo aufgeschnappt, dass Süddeutsche keinen Grünkohl essen?! Das wundert mich total, denn eigentlich haben die sonnigen Gemüter ja die bessere Küche. Aber ein Herbst ohne Grühkohl scheint mir nicht besonders erstrebenswert.
Kohl gehört in Schleswig-Holstein zum November wie Helmut zu den 80er Jahren. Besonders in Dithmarschen, wo der Kohl sogar gefeiert wird. Die Kohltage Ende September liegen für mich immer etwas zu früh (da bin ich nämlich noch im Sommermodus). Es braucht m.E. einen Herbsttag, um im falunroten Mahre am Katinger Watt einzukehren. Das taten wir nach unserem Spaziergang in Vollerwiek. Die Mini-Speisenkarte gab auf den ersten Blick nicht recht was her. Doch da köchelte noch was nebenbei in den Töpfen der polnischen Köchin. Nämlich grandioses Bigos und Kohlrouladen. Und falls Ihr mal in der Gegend seid: Fragt bloß nach dem Kohl-of-the-day.
Noch was, das super ist am November: Endlich dürfen wieder alle (auch Hunde) umsonst an den Strand. Selbst die unverschämtesten Kurtaxeneintreiber lassen es jetzt gut sein. Sogar in St. Peter-Ording. Aber das ist auch schon wieder eine ganz andere Geschichte… (davon hier mehr … und für heute nur noch: kommt gut in den November allerseits!
Ein vierfaches Hurra für diesen Blogeintrag, liebe Stefanie!
Erstens, weil du den November in Norddeutschland würdigst. Ich gebe dir vollkommen Recht, der Monat bietet viel zu viele sonnige, schöne, stille Tage, als dass man ihn aus seinem Leben streichen sollte!
Zweitens, weil du mir gerade Tipps gegeben hast, was ich Mitte November in Hamburg machen kann. Ich bin vom 18. bis zum 21. anlässlich einer Familienfeier dort. Hast du Lust, am 19. gemeinsam mit mir die skandinavischen Weihnachtsmärkte zu besuchen? Das klingt für mich als Wahl-Dänin fast nach Pflichtprogramm 🙂
Drittens, weil du mein Hygge-Buch empfiehlst. Vielen lieben Dank dafür! Ja, an Schmuddeltagen gibt es doch nichts Schöneres als Schmökern und Stricken. (Wenn man stricken kann.)
Last but not least, weil dein Buch „Meeresrauschen“ erschienen ist! Woohoo! Gratuliere! Das war doch glatt an mir vorbeigegangen. Ich möchte bitte mit in die Lostrommel 🙂 Habe gerade gelesen, dass du noch weitere Werke in der Pipeline hast. Bloggerpower, Schreiberfolge! Herzlichen Glückwunsch, ich bin gespannt.
Liebe Grüße von noch etwas nördlicher – und einen wunderschönen November.
Carmen Wedeland
Vielen Dank, liebe Carmen. Und die Idee mit dem Weihnachtsmarkt ist schön – aber ich bin leider nicht in Hamburg. (Und ich dachte eigentlich, Du bist an den Schreibtisch gekettet, wegen des November-Schreibprojekts?). Ganz liebe Grüße und Losglück; Stefanie
Schade – dann muss ich mir den Weihnachtsmarkt allein ansehen. (Soweit man in einer Großstadt allein sein kann 😉 ) Aber vielleicht klappt es ja ein andermal. Ich kette mich die übrigen Novembertage natürlich extra fest an den Schreibtisch, um die „verlorene“ Zeit aufzuholen! Nochmals viele Grüße von der Insel!
Oh wie wunderbar!! Macht Lust auf lange Spaziergänge und Ruhe am Strand oder im Park. Ich war letztes Wochenende in der Fischbeker Heide an einem grau verbelten Herbsttag und fand’s grandios. So viel Ruhe im raschelnden Herbstlaub 🙂
Würde mich sehr über das Buch freuen!! Für neue Reiseinspirationen und Wegträumen, wenn‘s dann doch mal reicht mit grau und nebligtrüb.
Liebe Isi, Heide ist überhaupt auch eine tolle Idee für den November. Mehr Mystik geht ja gar nicht… (Das Buch ist ja übrigens in mittelmeer-türkis gehalten… ein toller Kontrast zum Nebel).
Hey,
Am besten gefällt mir an deinem Beitrag das Schaf, das in die Kamera guckt. Sorry, aber so ist es nun mal. Schafe sind so gechillt. Vielleicht ist es darum. So viel Ruhe und Gelassenheit möchte ich mal haben.
November ist für mich auch so ein ruhiger Monat. Sommer ist nicht mehr und das hektische Weihnachten ist noch nicht. Klasse.
Und danke für die Tipps. In eine Seemanbskirche im Portugiesischen Viertel wollte ich schon immer mal.
Schönen Reformationstag
LG Marianne
www. Alleinereisenjetzt.wordpress.com
http://www.bis-ins-kleinste-detail.de
Oh, Du hast einen neuen Blog… gleich mal gucken….
Was für ein schöner Beitrag. Ich liebe den November sehr und finde auch, dass er viel besser ist als der März. Schöne Eindrücke hast du mitgebracht und dass die Krabbenpreise fallen, hat auch etwas für sich. Dass du aber an diesem wunderbaren Buch mitgewirkt hast, ist komplett an mir vorbeigegangen bislang. Da freue ich mich aber. Und klar will ich in die Lostrommel.
Ganz liebe Grüße
Andrea
http://indigo-blau.de/
Ja, da sind ja so viele dabei, da kann man schon mal jemanden übersehen 🙂 Aber ich freue mich, dass Dir das Buch gefällt – und pack Dein Los in die Lostrommel (aka Blumenvase). Liebe Grüße zurück, Stefanie
Ist noch Platz in der Lostrommel? Ich will da auch mit rein.
Na, logisch. Danke fürs Mitmachen.
Ich will den Mann immer vom November-Urlaub an der Nordsee überzeugen. Jetzt habe ich alle Argumente in einem. 🙂 Danke für diesen schönen Artikel, der so richtig Lust macht auf „Nordvember“!
Über das Buch würde ich mich auch sehr freuen.
Herzliche Grüße,
Nicole
Schönes Wortspiel; Nicole. Im Buch sind auch ein paar Schietwedder-Fotos von uns… vielleicht hast Du dann ja gleich Anschauungsmaterial für Deinen Mann. Ich drück die Daumen, Stefanie
Du sprichst mir aus der Seele! Ich bin ein großer Fan vom Küstenherbst – eben gerade wegen der inneren Einkehr. Nirgends komme ich so gut und vor allem so schnell zur Ruhe wie in den Monaten mit dem schlechten Ruf an der Küste.
Ein Katalysator, ach, was sag ich, ein Flugskompensator, nech?!
Wie immer zum Wegträumen…….. auch wenn wir gerade erst aus der TGoskana wiedergekommen sind. Und das Buch hätte ich auch gerne.
Bettina
Danke, Bettina (Toskana-bunt klingt nicht schlecht, wenn ich grad so auf die Nebelwand vorm Fenster schaue)…. mal gucken, was Du für Eindrücke mitgebracht hast….
Wow, was für ein Beitrag, mir ist vor lauter Input und tollen Fotos noch immer ganz duselig. Lieben Dank auch für den schönen Tipp mit den schrägen skandinavischen Weihnachtsmärkten in HH, da gucken wir bestimmt mal vorbei.
LG Martina
PS: ich möchte bitte mit in die Lostrommel! ??
Alles klar – bist drin 🙂 (und ich bin gespannt, wie Ihr es in der Dänischen Seemannskirche findet).
Solange die Schafe noch Locken haben, sprechen wir hier oben doch gar nicht von Sturm, sondern von „büschen Wind“. Hahahaha. Aber obwohl dieser Beitrag wunderschön ist, bin ich im Herbst und Winter eher der Couchpotatoe mit einem Gläschen Tee und einen schönen Buch….und einer Decke….trotz Heizung. <3
Und einer Katze auf Deinen Beinen, nehme ich an.
Hallo Steffi,
Gefühlt befinde ich mich schon seit Wochen im November. 12 Regentage sagst du? Ich wette wir haben mehr… aber irgendwie leben wir wohl an der Wetterschneise. Wobei Niedersachsen für mich auch eher Süddeutschland ist. Deshalb freue ich mich umso mehr auf den Winter in Schleswig-Holstein. Ofen an. Auf dem Herd köchelt ein leckerer Eintopf . Auf dem Couchtisch Meeresrauschen, für mich allerdings eindeutig ein Coffe Table- und kein Tea Table Book.
Ich will wohl als einzige nicht in die Lostrommel, hab das Buch schon dreimal gekauft und es werden noch mehr Exemplare werden, ist immer ein superschönes Geschenk.
Grüße aus dem Sprühregen!
Reni
Ich kann nur jedem Kleinverleger raten, mich als Autorin ins Auge zu fassen. Meine Tante kauft die Auflage dann schon auf. 🙂
November an der Nordsee – ist ganz und gar meine Wellenlänge !
die Koffer sind bereits gepackt-ab Freitag bin ich wieder für eine Woche an der Küste,zuerst in Husum,ab Montag auf Hallig Lüttmoor.
Mal wieder so richtig komplett entschleunigen,Ruhe und frische Seeluft tanken,ich kann´s wirklich absolut empfehlen,zu dieser Jahreszeit mal an die Küste zu fahren.
schöner Bericht übrigens-wie immer !!
5 Tage auf so einer kleiner Hallig! Das ist ja toll. Und mit der Lorenbahn würde ich ja auch zu und zu gerne mal fahren… Danke für Deinen Kommentar und liebe Grüße, Stefanie
Du hast ihn ganz wunderbar beschrieben, den schönen November. Ich liebe ihn, denn dann sind die letzten Betten abgezogen und die Strände wieder leer und kostenfrei. Im November haben wir die Nordsee wieder (fast) für uns. Bis Ostern 🙂 ! Lustig auch, dass Du gerade in Vollerwiek und im Mahre warst, unsere Wege kreuzen sich schon wieder (Kunststück). Ich will auch nicht in die Lostrommel, das Meeresrauschen liegt schon auf meinem Sofa (Ehrensache)! Liebe Grüße, Ulrike
[…] einen ja automatisch hinaus. Der November hingegen ist nicht immer und überall die reinste Wonne. Zwar hat er seine Momente. Durststrecken allerdings auch. Andererseits naht Weihnachten, traditionell eine gute Zeit, um […]