Schon zigmal habe ich mir auf der Bahnfahrt von oder nach Berlin vorgenommen, irgendwann einmal in Ludwigslust auszusteigen. Und schwups – nur zehn oder zwanzig Jahre später – waren wir nun da. Wie immer in Mecklenburg-Vorpommern fährt man ewig durch dünn besiedelte Landschaften, bis man völlig unvermutet auf die allerschönste Schönheit trifft.
Ganz Ludwigslust ist aus einer Laune heraus entstanden und war gute 80 Jahre Hauptresidenz mecklenburgischer Herzöge. Heute gilt die Innenstadt als einmaliges barockes Flächendenkmal. Sie hat sich diesen leicht verschlafenen Charme erhalten, der Mecklenburg-Vorpommern ganz klar von Schleswig-Holstein unterscheidet – jedenfalls im Landesinneren. Die Atmosphäre passt herrlich zu einem Spaziergang durch den Schlosspark.
In der Touristeninformation erhielten wir einen Lageplan und den Tipp, Räder zu leihen. Es handelt sich nämlich bei der Anlage um den größten Landschaftspark Mecklenburg-Vorpommerns. 130 wundervolle Hektar.
Ausgezeichnet: der Schlosspark Ludwigslust
2016 belegte der Park den zweiten Platz des Europäische Gartenpreises. In der Kategorie „beste Weiterentwicklung eines historischen Parks“ konnten es nur noch die Hestercombe Gardens in Somerset mit Ludwigslust aufnehmen.
Während ein Besuch der Hestercombe Gardens – ganz üblich für England – elf Pfund fünfzig kostet, ist der Eintritt in den Schlosspark Ludwigslust frei. Man könnte das eingesparte Geld also locker in Rädermiete investieren, wie von der Dame der Touristeninformation vorgeschlagen. Aber uns persönlich schien Radfahren zu schnell. Über eine „Hofdamenallee“ und unter uralten Baumriesen möchte man ja eher wandeln als rasen.
Montage eignen sich hervorragend für den Besuch. Dann hat nämlich das Schloss geschlossen und „wenig los“ wäre die Untertreibung des Jahrhunderts.
Wie in barocken Gärten üblich, spielen Sichtachsen und Wasser eine große Rolle.
Ein Kanalsystem sorgt mit natürlichem Gefälle dafür, dass alle Wasserspiele ohne Pumpen auskommen. Die Wallanlagen wurden 2014 so erneuert, wie es auf alten Stichen überliefert ist.
Der Weg am Kanal nutzt die Trasse des ehemaligen Jagdweges und kam mir relativ unendlich vor. Was natürlich wunderbar war im Schatten der Bäume. Fontänen und kleine Wasserfälle sorgen im Kanon mit Vogelgezwitscher für die harmonischste aller Geräuschkulissen.
Etwa ab der Hälfte, bei den „24 Wassersprüngen“, wird die Natur sich selbst überlassen. Urwaldartig führt der Pfad weiter zum Jagdstern mit seinen „14 Alleen“.
Überhaupt symbolisiert der Park die damalige Sehnsucht nach Ländlichkeit. Nicht so richtig natürlich. Sondern in schick. Wie etwa der Sommersitz der Herzogin; das Schweizerhaus (hier vom Louisenteich gesehen).
Ob wir das Schweizerhaus ohne Lageplan gefunden hätten, bin ich nicht sicher. Es versteckt sich abseits der Hauptwege sowieso jede Menge Sehenswertes, das einem ohne Plan durch die Lappen gehen könnte. Das verwunschene Helenen-Paulownen Mausoleum etwa oder die Erholungshalle zum Vergnügen der Bediensteten.
Von einigen Gestaltungselementen hatte ich noch nie zuvor gehört (was nichts zu bedeuten hat; ich kenne mich mit Gärten auch gar nicht aus). Oben: der Kaisersaal, ein Gartenkabinett. Unten: die Grotte, eine künstliche Ruine, die als Kulisse für Feste diente.
Fazit: Da ich kein Gartenspezialist bin, kann ich den Park schlecht charakterisieren sondern nur feststellen, wie er sich für mich anfühlte, nämlich: wie ein wundervolles Freiluftmuseum. Möchte man sich den gesamten Park anschauen, sollte man 4 Stunden Zeit mitbringen.
Dann fehlt natürlich immer noch das Schloss. Und Ludwigslust selbst. Alles ist m.E. unbedingt einen Ausflug wert – an einem Tag aber unmöglich zu entdecken (oder Stress).
Der EC von HH nach Ludwigslust braucht übrigens nur 49 Minuten. Mit Meck-Pomm-Ticket für den Regionalverkehr (23 Euro, 4 Personen) dauert die Fahrt eine halbe Stunde länger.
Sehr zu empfehlen ist das „Kleine Fest im großen Park“.
siehe http://www.kleines-fest.de/2017/Lulu_index0.html
Hej, vielen Dank für den Tipp!!!
Habt Ihr Euch ein schönes Ziel ausgesucht. Und eigentlich eines, was gar nicht so im Focus steht. Meck Pom hat so viel zu bieten, Lulu ist bestes Beispiel dafür. Aber ich hab auch ewig gebraucht, auf dem Weg in meine Geburtsstadt Berlin in Ludwigslust halt zu machen. Und irgendwann werde ich es wieder tun.
Lulu – das habe ich auch irgendwo aufgeschnappt. Finde ich einen superniedlichen Spitznamen für die eigene Stadt
Diese unglaublich vielen unterschiedlichen Grüntöne im Schlossgarten sind Balsam für Augen und Seele. Tut richtig gut, die schönen Fotos anzuschauen.
Starte gut in die kurze Woche! LG Martina
Schön, freut mich, dass Dir das gefällt. Mir auch. Obwohl ich ja eigentlich mehr auf Blau stehe. Aber so als Abwechslung ist das Grüne herrlich.
Macht unbedingt eine Schlossbesichtigung, um Euch die Fake-Marmorsäulen aus Pappmache aus nächster Nähe anzuschauen. Es ist wirklich beeindruckend, was der Bauherr auf die Beine gestellt hat, um trotz leerer Kassen Eindruck zu machen…
Geld ist Silber. Ideen sind Gold. 🙂 Danke für Deinen Kommentar und liebe Grüße
Das Kleine Fest wollte ich auch empfehlen – aber das hast du ja oben schon. Dann bleibt mir nur zu sagen: Schöne Bilder hast du da eingefangen. Danke fürs Mitnehmen
Danke, Andrea.
Das letzte Bild in Deinem Bericht birgt ein kleines Geheimnis: Wenn man nämlich vom Schlossplatz auf jene Wasserfläche schaut, sieht man einen sehr breiten Wasserfall, der von dem eigens dorthin verlegten Kanal gespeist wird. Wir waren jedenfalls sehr beeindruckt, auf welche Weise der Schlossherr es verstand, ohne Pumpen und Elektrizität einen solchen Hingucker zu konstruieren. Toll.
Das hat mich auch sehr beeindruckt. Überhaupt habe ich mich in den Kanal verliebt. So was Schönes!
Hallo Stefanie , ich lese Deine Texte extrem gern . Zusammen mit den Photos entsteht bei mir nicht nur ein erster Gesamteindruck , sondern es wird auch ein Gefühl transportiert und bei mir realisiert . Das ist toll , weil ich kaum noch selbst hinfahren muss. Habe aber auch die Möglichkeit nicht , da ich mit 17 tierischen Seelen zusammen lebe.?
Lieber Rolf,
das zu lesen freut mich extrem 🙂
17 tierische Seelen – ja, das kann ich mir vorstellen, dass Du da örtlich recht gebunden bist. Für uns waren selbst zwei schon ein Grund, größere Urlaube gegen kürze Trips und Ausflüge zu tauschen. (Aber man kriegt ja bei allem Verzicht auch so viel zurück).
Liebe Grüße an Euch 18, Stefanie
Das ist ein schöner Tipp für mich! Ich überlege, ob ich den Fahrplan Berlin-Hannover viell. ändere! Eine schöne Woche wünsche ich Dir!
Grins. (Ich würde an Deiner Stelle lieber extra fahren. Sobald irgendwie Berlin ins Spiel kommt, sind die Verspätungen ja kaum auszuhalten.)