Freitag bin ich auf Hafenrundfahrt gegangen. Es geschah quasi vor Schreck darüber, dass doch tatsächlich die Sonne schien. Ich wusste so schnell nichts Originelleres mit mir anzufangen, als an die Landungsbrücken runterzulaufen (bei denen es sich abgesehen von meinem Balkon um den wärmsten Punkt von Hamburg handelt). Und als ich auf die übliche Weise getriggert wurde („Na, und, willst Du nicht noch mal mit auf Große Fahrt?“), antwortete ich zu meiner eigenen Verblüffung: „Ja“.
Die Große Hafenrundfahrt dauert 60 Minunten und kostet 20 Euro. Ganz schön heftig, finde ich. Doch was soll´s. Ich leiste es mir schließlich nicht gerade ständig. Bei meiner letzten lag der Kurs noch bei 14 – und zwar Mark.
Der Conferencier machte seine Sache super, das muss ich sagen. Schon als sein erster Satz aus dem Lautsprecher schepperte, hatte ich die 20 Euro vergessen. „So, Leute, denn lecht Euch mal in die Sessel und entspannt, wir gehen auf Große Fahrt und kommen braungebrannt zurück.“
Ich glaubte, unter dem Hamburger Schnack einen leichten nordrhein-westfälischen Zugenschlag auszumachen. Was gut war. Denn wie man weiß, reden Nordrhein-Westfalen mehr und netter als alle anderen im Land.
Hafenrundfahrt: Alles dreht sich um Enscheeniiering und Globalisation (O-Ton)
Weil mir ein gewisser Schlag Nordrhein-Wesfalen manchmal aber auch zu viel redet (was ich echt nicht böse meine), habe ich mir angewöhnt, ihren Redefluss über mich hinwegplätschert zu lassen und nur punktuell reinzuhören.
So habe ich es auch mit unserem Conferencier gehalten und dabei doch tatsächlich ein paar Sachen aufgeschnappt, die ich nicht wusste. Hätte ich nicht gedacht.
Unterm Strich ist die Großen Hafenrundfahrt eben doch was anderes als die Linie 62. Womit ich nichts gegen den HVV sagen will. Im Gegenteil. Es lohnt sich absolut, die Fähre nach Finkenwerder zu nehmen, um zum Rüschpark zu spazieren.
Genauso empfehlenswert ist es, am Bubendey Ufer von Bord zu gehen. Der Weg zu den Leuchttürmen von Waltershof ist kurz und lauschig; der Blick auf den Eurokai toll.
In den Eurokai reinzuschippern ist aber noch mal eine andere Hausnummer. Es entspricht in etwa dem Gefühl, wenn man nach längerer Abwesenheit mit dem ICE nach Hamburg zurückkommt.
Das ist mal ein Tipp für Ortsfremde, die es sich nicht mit Hamburgern verscherzen wollen: Sprecht nie einen Einheimischen an, sobald der ICE die Elbbrücken passiert. Hamburger fühlen sich persönlich beleidigt, wenn Ihr nicht vor Ehrfurcht erstarrt.
Übrigens befand ich mich auf der Lousiana Star, diesem Disneydampfer, den ich eigentlich maximal bescheuert finde. Aber wenn schon Touri, dann richtig. Da das alberne Schaufelrad keine weitere Funktion zu haben scheint, als das Heck unter Wasser zu setzen, war ich auf weiten Teilen ganz allein da hinten.
Insofern war ich ganz zufrieden mit der Lousiana Star. Auch gut: Ihr Deck ist hoch genug, dass es fast immer in der Sonne liegt. Im Gegensatz zu Barkassen, die schon im Schatten liegen, wenn ein Schlepper sich nähert.
Was ist besser: Barkasse oder Dampfer?
Für die Barkassen spricht, dass man ein besseres Gefühl für die Größe der Containerriesen bekommt. Auf Barkassen ist es meiner Meinung nach auch lustiger; besonders auf der Hedi, falls man mal das Tanzbein schwingen möchte.
Schade, schade: Die Zeiten in denen Schiffe per se schön waren, sind längst vorbei. Gerade die Containerschiffe sind hässlich wie die Nacht. Eins davon – Hamburger erinnern sich – geriet am 1. September in Brand und konnte erst nach 3 Tagen gelöscht werden. Seitdem liegt die CCNI Arauco mit bestem Panormablick im Dock.
Es hätte echt böse ausgehen können, schreibt die Zeit, aber zum Glück sei es gerade noch mal gutgegangen. Wobei Glück ja eine relative Sache ist. Im Bauch der CCNI Arauco gluckert ein hochtoxisches Gemisch aus Löschwasser und Chemikalien. Niemand weiß jetzt so recht, wohin mit den 5.000 Tonnen Sondermüll.
Was die richtigen Touristen an Bord am meisten beeindruckte, war das Wort „Tüdelkram“ (alle so: kicher, kicher) und die Wohnung von Frau Fischer in der Hafencity. (Es ist die dritthöchste Wohnung des Marco Polo Towers; also die mit den größten Fenstern.)
Was mich am meisten beeindruckte war der Massenansturm auf der Aussichtsterrasse der Elbphilharmonie. Fast hätte ich da übrigens auch gedrängelt. Ich war froh, stattdessen die Hafenrundfahrt gemacht zu haben. Und ohne jetzt als Menschenfeindin gelten zu wollen: Ich war auch froh, dass ich ganz allein unterwegs war.
Gibt so Sachen, die schocken einfach mehr, wenn man sie nicht teilt. Meine Empfehlung daher für diejenigen, die seit ewigen Zeiten nicht mehr auf großer Hafenrundfahrt waren: Nicht auf den nächsten Verwandtenbesuch warten. Sondern auf den nächsten freien Wochentag mit Sonnenschein.
Ich habe Deine Hafenrundfahrt echt genossen! Ein weiterer guter Tipp, ich sammle ja gerade für den nächsten H-Besuch! Häfen – auch wenn sie nicht gerade die aboluten Landschaftsästheten sind, faszinieren mich doch überaus. Und das mit dem vielen Gebrabbel händle ich im übrigen genauso 🙂
Ist eine gute Eigenschaft, um mit Vielrednern klarzukommen (sie meinens ja gut). Freue mich schon auf Deinen Beitrag zum Hamburgbesuch. Ich finde das immer total spannend, wie Besucher Hamburg sehen.
Danke für diesen schönen Beitrag und die traumhaften Fotos! Große Hafenrundfahrt steht hiermit auf der Urlaubsliste. Liebe Grüße von der Insel, Carmen
Liebe Grüße zurück, liebe Carmen, ich hoffe, die Tastatur klappert ordentlich!?
Vielen Dank für die wie immer gelungene Beschreibung. Ich empfehle aber immer die HVV Fähren: ich finde es so schön, was für schöne Fahrten man für den Preis einer Tageskarte geboten bekommt.
Hab ich bisher auch so gehalten. Alle 20 Jahre oder so gefällt mir aber auch eine echte Hafenrundfahrt. Danke für Deinen Kommentar und liebe Grüße, Stefanie
Traumhafte Fotos!! — warum komme ich nie auf so gute Ideen, wenn wochentags die Sonne scheint?!
Liebe Sonntagsgrüße! Eva
Kommst Du doch, Eva! (Sei mal nicht so streng mit Dir). Und hab einen schönen Sonntag, Stefanie
Liebe Stefanie.
Hamburg und Hafen, das ist unzertrennlich. Zu meinen Hamburger Zeiten habe ich fast eimal in der Woche das HVV Ticket gebucht und mich treiben lassen, ganz ohne nordrhein-westfälische Dialekte:-) Aber ganz besonders in Erinnerung geblieben ist mir eine Nachtfahrt, den Hafen sieht man dann in einem ganz anderen Licht (wörtlich gemeint). Ein kleiner Hinweis auf den Containerumschlag. 25.000 Container Umschlag, das ist schon gigantisch für einen Monat. Aber in der Tat, es handelt sich um den täglichen Containerumschlag. Leider werden immer mehr Hafenbecken zugekippt, um Stellfläche zu bekommen. Aber den Reiz hat der Hafen nicht verloren, und den häßlichen Containerriesen, die ja nun auch mal von unserem Wohlstandsmüll leben, zum Trotz gibt es noch die zahlreichen und schönen Museumsschiffe. Und bald bekommt diese Sammlung ja eine beeindruckende Attraktivität mehr.
Wir waren letzte Woche erst wieder in Altona bei Freunden.
Liebe Grüße nach Hamburch – meine Stadt. Der Hafen ist mir sozusagen förmlich in die Wiege gelegt, deswegen verbinde ich mit diesem Hafen und den Anlegern eine tiefe emotionale Bindung.
Vielen Dank für den Hinweis, Kai. Es ist zwar nur ein unwesentlicher Unterschied (grad mal 725.000 Container) – aber ich hab´s trotzdem mal im Text geändert 😉
Ich musste schon wieder „gefällt mir“ klicken.
Leider kommt Dein Vorschaubild auf meinem Blog seit einiger Zeit nicht mehr an. Nur das hässliche Platzhalter-Pictogramm …
Huch; was ist das wieder? Und welches Vorschaubild meinst Du? (Nicht, dass ich selbst was dran drehen könnte… Doch dann wüsste ich zumindest, was ich googlen sollte.) Danke für die Info übrigens. Und liebe Grüße, Stefanie
Ich habe das Glück, immer mal wieder auf einer ausgemusterten Polizeibarkasse über Norder- und Süderelbe mitschippern zu dürfen und war deshalb schon lange nicht mehr auf „Großer Fahrt“ mit den professionellen Sabbelbüdeln. Deinem wunderbar blauen Report bin ich trotzdem mit großem Vergnügen gefolgt. Liebe Grüße an die Waterkant!
Danke, Maren – Norder- und Süderelbe sind bei uns klar unterrepräsentiert (was sich ändern muss). Grüße zurück und ein schönen Wochenende.
Was für eine Frage. Eine Hafenrundfahrt lohnt sich immer, auch ohne auswärtigen Besuch! Wir fahren gern mit der Barkasse, auf jeden Fall müssen die Speicherstadt und die Containerterminals auf der Tour mit dabei sein. Zum Piepen ist dann immer dieser Spruch des Barkassenkapitäns:
„Tscha, Kinners – dat is Hamburch: Auf dem Fischmarkt gibt es keinen Fisch, auf dem Gänsemarkt keine Gänse und auf dem Jungfernstieg keine Parkplätze“.
Liebe Grüße, Martina
Grins. Die Speicherstadt ist leider zu klein für die Missisippi-Dampfer. Ich hab aber auch schon gedacht, dass ich die demnächst mal wieder „von unten“ sehen sollte. Danke also für die Bestätigung. Und: Ahoi!
[…] runter zu springen, um an den Landungsbrücken ein (9) Fischbrötchen zu schnappen, eine (10) Hafenrundfahrt zu unternehmen, z.B. auf einem Ausflugsdampfer oder mit besserer Musik auf (11) der Barkasse Hedi. […]
[…] sind immer etwas Besonderes. Gerade für Hamburger und Hamburg-Freunde. Selbst eine Hafenrundfahrt lohnt sich und auch die kürzesten Fährverbindungen können zum Abenteuerchen werden, wenn man […]
[…] HVV-Dampfer zwischen den Landungsbrücken und Finkenwerder (Obwohl eine Fahrt mit der Fähre keine Hafenrundfahrt ersetzt. Aber das ist ein anderes […]