Neulich besuchten wir die Landesgartenschau Eutin. Wir hatten meine Eltern dazu eingeladen, im Juni schon. Und seitdem nach einem Termin gesucht, der allen passte plus gutes Wetter prognostizierte. Unnötig zu sagen, dass es schwierig wurde. Es ist ja generell so, dass Ausflugsgeschenke die Gefahr in sich tragen, ewig aufgeschoben zu werden und am Ende nicht stattzufinden.
Also schraubten wir Mitte August unsere Ansprüche hinsichtlich der einzigen Variablen herunter. Dem Wetter. Wir enterten die Landesgartenschau Eutin bei grauem Himmel in der Hoffnung, die Wolkendecke würde noch aufreißen. Was sie nicht tat. Im Gegenteil. Doch sanfter Landregen passt auch irgendwie zum superromantischen Gelände. Und zum Ausgleich hatten wir ordentlich Platz für uns.
Meine Mutter, die jede Pflanze mit deutschem und lateinischen Namen kennt, begrüßte die Blumen wie alte Bekannte. (Gern auch mitten im Gespräch: Aaaah, da drüben ist Gaura Lindheimerii. Die mag ich so. Und schon hirscht sie davon). Der Rest von uns genoss eher das Zusammensein in wunderbarer Umgebung. So jedenfalls mein Eindruck.
Und ich glaube, zum Teil mag ich Gartenschauen gerade, weil sie mich nicht wirklich interessieren. Also nicht so im Detail. Ich will da nichts Bestimmtes. Ich trudle einfach nur durch die Schönheit. Und eins erkenne ich bei aller Unwissenheit dann doch: dass Landschaftsgärtner echt was drauf haben in Bezug auf Ästhetik.
Landesgartenschau Eutin: Und was das alles kostet
Man kann es natürlich nicht allen recht machen. Bei Google kritisieren Besucher den Eintrittspreis (16 Euro), Parkgebühren (5 Euro), die Kosten für die Elektro-Fähre über den See (3 Euro) und mehrfach den Kurs für Currywurst mit Pommes (9,80). Kleiner Tipp: Man kann auch außerhalb des Geländes parken (kostenlos) oder essen (sogar was anderes als C-Wurst.) Die Elektrofähre sollte man sich aber gönnen. (Vor allem, wenn man einen Regenschauer überbrücken möchte.)
Die Fähre tuckerte an einem Protestplakat vorbei. Landesgartenschau das Millionengrab. Wir Bürger zahlen die Zeche. Und ich dachte: Naja, logisch. Denn jede Rechnung geht generell auf uns Bürger. Auf wen auch sonst? Manches zahlt man gern (sagen wir Schulen), manches notgedrungen (etwa den Straßenbau) und manches bis man schwarz wird (beispielsweise Atommüllendlager).
Im Fall der Landesgartenschau Eutin sind es 20 Mio, erfahre ich im Podcast des NDR. Davon trägt die Stadt Eutin 7 Mio. Es gäbe dringendere Investitionen, meint der Bund der Steuerzahler. Wobei es Einstellungssache ist, was man für dringlich hält und was nicht. Ich persönlich habe nichts dagegen, wenn Geld für Kultur ausgegeben wird.
Am Beispiel der Fasaneninsel im Großen Eutiner See wird deutlich, dass Sparbrötchen-Mentalität auch nicht immer das Wahre ist. Ich hole kurz aus: Im 9. Jahrhundert stand auf der Fasaneninsel die Burg „Utin“, die Fasaneninsel ist also so etwas wie die Wiege der Stadt; kulturell von großer Bedeutung.
Über Generationen befand sich die Insel in wechselndem Privatbesitz. 2014 ging sie samt Reetdacht-Bauernhaus und Nebengebäuden in die Zwangsversteigerung. Die Stadt Eutin bot 310.000 Euro. Mag sein, man dachte, das sei genug für eine Privatinsel mitten in der Stadtbucht mit historischen Gebäuden und großer kulturelle Bedeutung. (Wobei man sich das als Hamburgerin nur sehr schwer vorstellen kann.)
Jedenfalls kriegte die Stadt das Ganze für diesen Preis natürlich nicht. Den Zuschlag erhielt Karl-Heinz Schulenburg aus Griebel für 485.000 Euro. Was ja eigentlich immer noch geht, wenn man sich Grundstücks- und Immobilienpreise so ansieht. Eutins Glück: Der damals 88-Jährige wollte das denkmalgeschützte Eiland in das Programm seiner Stiftung für Umwelt- und Naturschutz aufnehmen und öffentlich zugänglich machen. Eutins Pech: Dazu kam es nicht.
Die bisherige Besitzerin verweigert (offenbar bis heute) den Zutritt und zettelt verschiedene, seltsame Rechtsstreitigkeiten an. Am 30. Juli 2016 starb Karl-Heinz Schulenburg, ohne je einen Fuß auf die Fasaneninsel gesetzt zu haben. Die aktuellste Meldung, die ich in diesem Zusammenhang im Netz finde, ist aus dem März diesen Jahres. Die Stadt Eutin prüft erneut, ob man die Fasaneninsel kaufen wird. Es ist ihre Pflicht, würde ich meinen. Aber das ist – wie alles im Leben – Ansichtssache.
Lohnt sich die Landesgartenschau Eutin?
Gartenschauen auf internationaler, Bundes- oder Landesebene sind keine besonders teuren Freizeitparks für ältere Leute (wie ich früher immer dachte), sondern dienen der Strukturförderung und Städteplanung. Sie sollen dem Austragungsort zu größerer und bleibender Attraktivität verhelfen. Laut Eutins Bürgermeister Schultz habe man sich aus einem Mangel heraus um die Landesgartenschau beworben. Die Stadt habe mit Leerstand und zurücktretendem Tourismus zu kämpfen.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten sind die Besucherzahlen inzwischen recht ordentlich. Doch das ist nicht der eigentliche Punkt. Wichtig sind die langfristigen Auswirkungen. Mehr als die Hälfte der LGS-Gäste gab in einer Umfrage an, Eutin ein weiteres Mal besuchen zu wollen. Das ist meiner Meinung nach ein ganz natürlicher Reflex, weil Eutin einfach total süß ist. Wie viele es dann auch wirklich in die Tat umsetzen, ist eine andere Frage. Und daran wird sich der Erfolg der Landesgartenschau Eutin letztlich messen.
Bei uns ist es quasi gesetzt, dass wir wiederkommen. Erstens sind wir ohnehin der Welt größte Holsteinische Schweiz-Fans. Zweitens hab ich hier einen Teil meiner Kindheit verbracht und wichtige Kompetenzen erlangt (Gleitschuhlaufen, Seepferdchenabzeichen etc.) So was verbindet. Und drittens möchten wir noch mal rund um den Großen Eutiner See laufen und das Schloss besichtigen. Das ist im Eintrittpreis übrigens enthalten, hat bei uns aber zeitlich nicht mehr hingehauen. Und auch wenn wir nicht so tolles Wetter wie Eva hatten, schließen wir uns ihrer Empfehlung an: Hin da!
Die Landesgartenschau Eutin läuft noch bis zum 3. Oktober 2016.
Gau r a lindheimerii heißt die Schöne. Und ich liebe sie, weil sie zart und schmetterlingsgleich auf langen dünnen Stängeln über allem anderen schwebt. Ihr deutscher Name ist Prachtkerze und ich habe sie auch immer im Garten. Ja, schön war’s in Eutin und auf der LGS.
🙂
Ein schöner und nachklingender Bericht. Und eine Art, Eutin, wo wir zur Zeit wohnen, aus einer neuen Perspektive zu sehen. Uns persönlich ist die Gartenschau zu teuer, wir werden aber versuchen, einmal dorthin zu gehen. Ansonsten freuen wir uns, wenn die Zäune endlich fallen. Denn seit einem Jahr ist uns von Fissau aus der direkte Zugang zum Zentrum durch die Gartenschau verwehrt. Zudem kann unser Hund nicht mit, weil es unverständlicherweise zu allen Zeiten verboten ist. Die Innenstadt profitiert aktuell leider nicht von diesem Event, da die Besucher keine Zeit im Stadtzentrum verbringen. Ansonsten denke ich, solche Veranstaltungen sollen nicht in erster Linie unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit stehen sondern unter der ersten Frage, ob ein solches Event die Menschen glücklich macht. Ein Manager hat einmal den Satz gebracht: „Wer ohne Geld nichts macht, macht auch mit Geld nichts…“ Ansonsten glaube ich, hat Eutin sehr viel Potential und wie beliebt die Ferienregion ist, zeigt sich an meinem Nachbarn, der seine wunderschöne Ferienwohnung durchgehend ausgebucht hat.
Liebe Grüße aus Eutin. Und Ihr wisst ja, wenn Ihr noch mal in der Ecke seid, meldet Euch gerne.
Kai
Hallo Kai, der Satz ist klasse. Merk ich mir. Dass Ihr von Fissau jetzt „außen rum“ müsst, ist bestimmt nervig. Ich habe mich ohnehin gefragt, warum es nur diese zwei Eingänge gibt. Am liebsten wäre ich von der Schimmhalle aus gestartet. Rein dramaturgisch wäre das auch die schönste Art durch die LGS zu laufen. Insgesamt erstaunt mich immer wieder, dass eine Menge Menschen lieber in der knackevollen Lübecker Bucht was buchen statt ein paar Kilometer ins Land hinein enstpanntere, schönere und günstigere Unterkünfte zu beziehen. Ich würde im Hochsommer immer die Holsteinische Schweiz vorziehen. Aber vielleicht muss man das erst mal gesehen haben. Ich hoffe, Ihr hattet in Skandinavien besseres Wetter als wir in Eutin?! Liebe Grüße, Stefanie
Hallo, Stefanie. Ich glaube, Schleswig-Holstein könnte vom Marketing für das Inland viel von Skandinaien lernen. Das Wetter dort war vielfältig, empfundenes schlechtes Wetter ist ja immer ein individueller Spiegel der eigenen Wahrnehmung:-) Bei der Landesgartenschau sind denke ich einige handwerkliche Fehler gemacht worden. So gab es nur ein Plakat- und Anzeigenmotiv, also wurde nur ein Klientel angesprochen. Es gab keine Familienkarten und eben kein Zugang mit Hunden. Vielen war nicht klar, was im Eintrittsgeld enthalten war. Abe es wird sich lohnen, Eutin auch nach der Gartenschau zu besuchen. Die Stadt hat eine so spannende Geschichte und selbst die hat mit Blumen, mit Rosen zu tun.
„Vielfältiges“ Wetter. Grins. Grins.
Hallo Stefanie, wie schön, dass ihr euch Eutin und die LGS angesehen habt!
Man kann, wie fast immer im Leben, geteilter Meinung sein, ob die LGS sinnvoll ist oder nicht! Uns gefällt die LGS sehr, weil sie Eutin besonders in der Stadtbucht und im Seepark schöner gemacht hat. Wir waren auch (weil Tochter in Tübingen studiert und Urlaub) auf den Landesgartenschauen in Öhringen und Bayreuth. Diese waren schon prächtiger und hatten bessere Besucherzahlen! Ich finde es wäre toll gewesen, wenn die Bürger im Kreis Ostholstein wenigstens die LGS besucht hätten, um das Städtebau Konzept zu würdigen und zu unterstützen, aber es gibt halt viele Gegner und Verweigerst, schade! Liebe Grüße und kommt bald mal wieder in unsere kleine Stadt! Ingrid
Liebe Ingrid, Baden-Würtemberg und Bayern haben ja offenbar eine längere Tradition mit Gartenschauen als wir hier oben. Eutin ist erst die dritte in Schleswig-Holstein – und ich finde sie eigentlich gerade so schön, weil sie nicht überdimensioniert ist. Man kann in Ruhe von Bucht zu Bucht flanieren, sich die Audio-Kommentare der Eutiner anhören, auf den See schauen … das finde ich schon sehr besonders. (Trotzdem ist sie ja immer noch groß genug, dass man kaum alles an einem Tag sehen kann. Hätte ich gewusst, dass die Eintrittskarte die Schlossbesichtigung beinhaltet, wäre gleich ganz früh morgens da gewesen. Da haben uns zwei entscheidende Stunden gefehlt.) Vielen Dank für Deinen Kommentar und liebe Grüße, Stefanie
Liebe Stefanie, wieder ein erfrischender und zugleich kritischer Beitrag ganz nach meinen Geschmack! Ich bin was Gartenschauen angeht ziemlich zweigeteilt. Als Landschaftsplanerin begrüße ich derartige Aktivitäten, da sie über die Ästhetik der Natur deren Wert erhöhen können. Auf der anderen Seite wirken sie auf mich oft so dermaßen künstlich und überfrachtet, was meinem ästhetischen Empfindungen dann wieder abträglich ist. Wenn solche Veranstaltungen auf Dauer für die Stadt werbewirksam bleiben sollen, muss das Konzept sehr gut durchdacht sein u.v.a. auch die Bevölkerung mitnehmen. Und daran scheitert es dann. Insofern kann ich diese Protestplakate durchaus verstehen! Sehr schade für eine große Chance!
Und die zarte Gaura l. gehört in den Rabatten ebenfalls zu meinen Favoriten 🙂
LG Simone
Das spricht also die Fachfrau. Ist ja interessant. Warst Du schon in Eutin oder sprichst Du ganz allgemein? Mir kam´s nämlich gerade nicht künstlich und überfrachtet vor. (Aber ich hab auch echt keine Ahnung :-)). Danke für Deinen Kommentar und liebe Grüße, Stefanie
Nein, in Eutin war ich noch nicht. Und natürlich kann ich hier auch kein allgemeingültiges Urteil abgeben. Dazu habe ich viel zu wenig Gartenschauen besucht. Ist halt mein persönliches Empfinden und das von Gleichgesinnten. Der Anteil von Flächen, die sich harmonisch in das Konzept Gartenschau und Stadt einfügen, erscheint mir oftmals zu gering. Aber vielleicht ist das Konzept in Eutin ja gut gelungen und ob es für die Stadt nachhaltig ist, wird sich – wie Du ja schon sagst – erst noch zeigen. Jedenfalls werde ich sicher immer wieder mal die Gartenschauen besuchen. Eine Bloggerin hat mir gerade heute Geschmack auf die IGA Berlin 2017 gemacht. Da werde ich sicher hin, denn das Konzept finde ich nach derzeitiger Informationslage ziemlich gut und Berlin geht ja immer. Hier der Link http://www.iga-berlin-2017.de/
LG noch nach Norden und genieße den wolkenlosen Himmel! 🙂
Klingt gut, mit der IGA Berlin. Die Gärten der Welt in Marzahn finden wir eh klasse. Ein toller Ausgangspunkt. Danke für den Link! Das Konzept in Eutin ist ein Ähnliches: es wurden vorhandene Parkanlagen neu gestaltet und barrierefrei verbunden. Mir gefällt das Konzept wirklich gut. Schönen Tag (ich hab heute ausnahmsweise bei gutem Wetter frei – und will mal gleich ab an die Ostsee), lg, Stefanie
Na dann viel Spaß! 🙂
Liebe Stefanie,
schade, dass ihr so ein Pech mit dem Wetter hattet!
Aber das muss man dir lassen: du machst auch aus schlechtem Wetter noch was Schönes! 🙂
Ich stimme dir zu: ich finde die Landesgartenschau in Eutin auch überhaupt nicht künstlich und überfrachtet – ich finde sie sehr gut in die Landschaft integriert und recht natürlich!
Dass man so ganz aus der Innenstadt von Eutin ‚weggehalten‘ wird, ist sicherlich für die Eutiner Kaufleute sehr unglücklich gelöst und man hätte mehr für die Stadt Eutin und deren Zukunft tun können, wenn man das anders gelöst hätte.
Kaum einer wird durch die ganze Landesgartenschau laufen und sich alles ansehen und sich dann noch die Innenstadt von Eutin ansehen, wenn das Auto so außerhalb steht.
Es ist schön für mich die Landesgartenschau noch ein zweites Mal gesehen zu haben – mit deinen Augen! 🙂
Liebe Grüße
Eva
Moin Eva, das Wetter war eigentlich nur fotografisch gesehen nicht so toll. Zum Rumschlendern hats uns ganz gut gefallen. Das war so eine Zauberstimmung. (Aber gegen den blauen Himmel heute vorm Fenster hab ich auch nichts 🙂 In diesem Sinne: einen schönen Tag und liebe Grüße.)
[…] wenige kleinere Städte halten dagegen an. Etwa Eutin. Die Rosenstadt verwandelt sich in der Weihnachtszeit traditionell zur Lichterstadt. Dann […]