Ist man erst einmal über die Existenz des Kreises Steinburg informiert, fallen einem immer mehr Steinburger Sachen ein, die das Leben bereichern. Vor der Bloggerei glaubte ich, nordwestlich von Hamburg befände sich a) Pinneberg , b) nichts und c) die Autobahn durchs Nichts nach St. Peter Ording.
Inzwischen bin ja schlauer. Und da liege ich nun im Kreis Steinburg. In der Stunde, in der die Vögel zu singen beginnen. Begleitet vom Wassergeplätscher vorm Fenster. Kühle Luft strömt ins Zimmer. Volko atmet kaum hörbar. Ich ziehe die Bettdecke zur Nase. Himmel, ist das herrlich.
Wir sind wieder in der Bokel-Mühle am See. Ein Familienfest dieses Mal. Ohne dies (ein Hoch auf die Jubilarin) wären wir garantiert nicht gekommen. Hätten uns die Zeit nicht genommen. Zu viel zu tun derzeit. Ärgerlich viel zu tun. Ich bin gestern abend direkt aus Magdeburg angereist. Mit dem Kopf noch halb beim Job. Volko brummte derselbe. Zu lange auf Zahlenkolonnen gestarrt. Beide gestresst. Und dann: der erste Atemzug Landluft. Willkommenskultur vom Feinsten.
Was habe ich auf der Zugfahrt von Magdeburg nach Hamburg gehofft, der Frühling möge in Schleswig-Holstein noch nicht so weit sein wie in Mitteldeutschland, wo alles schon nach Sommer aussieht.
Ist er nicht. Das habe ich gestern noch registriert. Als wir unser Zimmer mit Seeblick bezogen.
Danach war alles Champagner und Bratkartoffeln und Gesprächsfäden, die wieder aufgenommen werden wollten, wo sie vor Wochen oder Monaten abgelegt wurden. Familienfest eben. Sollte man öfter machen. Ich schätze sie mittlerweile so hoch – meine kleine, laute Familie. Aber die Morgenstille vorm Fenster schätze ich auch.
Leise, leise in die Dusche tappsen. Leise, leise anziehen. Ich will raus in den Tag ohne Verpflichtungen. Auf der Liste meiner Lieblingsgefühle ganz weit oben.
Dass man den Frühling beim Einziehen beobachten kann, habe ich auch erst durchs Bloggen erfahren. Es gibt diese 3, 4 Tage, an denen sich alles, alles ändert. Heute ist einer davon. Die Sonne hat Kraft.
Die Sommerzeit ist meine Komplizin. Im Winter ist es mitunter lästig, hat ein anderer Frühaufsteher aus meiner Familie gesagt. Was soll man in den dunkeln Stunden schon anfangen? Aber im Sommer ist es herrlich, hellwach zu sein, während andere noch schnarchen. Ich gehe. Ich atme. Sollte man öfter machen.
Man sollte auch öfter mit der Familie frühstücken. Meine hat genau die richtige Größe für die Bibliothek. Schön still sind sie heute morgen alle. Schön entspannt. Gleich werden sie sternenförmig abreisen. Nach Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Berlin. Verabredungen fliegen über den Tisch. Bis nächste Woche, Ihr. Und wir zwei sehen uns dann im Mai. Alle anderen: Bis zum nächsten Mal. War schön. War richtig schön. Und niemand musste putzen, einkaufen oder kochen.
Und wir machen jetzt, was Udo Lindenburg neulich in der Zeit empfahl: Alter Trick: die Sonne abholen. Das hilft immer: losfahren, rumstreunen, Perspektive wechseln, in andere Welten gehen, sich treiben lassen und die Antennen neu justieren.
Das sind jetzt die Tage, wo wir lieber im Landesinneren sind als an der Küste. Schleswig-Holstein verwandelt sich ins Auenland. Knallblau und neongrün.
Die Luft so klar, als hätte einer den Himmel geputzt, Felder wie frisch aufgeschüttelte Bettdecken, aufgeräumte Bauerngärten. Der Landkreis Steinburg ist ausgesprochen ordentlich. Und am allerordentlichsten ist es in Waaaaaacken, das sich heute als ruhigster Ort im Universum präsentiert. Aber so viel ist zu sehen: In Wacken gibt es keine Probleme mit der Demographie, keine leeren Ladenlokale oder verlassenen Wohnhäuser. Wacken wirkt wohlhabend und gut genährt. Freu Dich, Du bist in Wacken.
Ein fetter Mercedes mit Kölner Kennzeichen steht vor dem Store. Der Fahrer sieht nach guter Gehaltsklasse aus. Die Hose hat er auf die Art hochgegürtet, die vermuten läßt, dass er ein, zwei Dutzend Metall-Scheiben besitzt. Andächtiges Shooting. Gelobtes Land für Menschen, die kreischende Gitarren lieben.
Dass wir den Löwenanteil unseres Lebens nichts über die Existenz Steinburgs oder die genaue Lage Wackens wussten, ist so typisch hamburgisch. Großstädter halten sich ja gern für den Nabel der Welt. Dabei ist Hamburg international gesehen nicht besonders bedeutend. Man kennt das: Gibt man sich außerhalb Europas als Hamburger zu erkennen, erntet man oft Schulterzucken und noch öfter den guten, alten Cheeseburger-Witz. Wacken hingegen, wo im Sommer 85.000 Metaller das größte Heavy-Metal-Festival der Welt feiern, ist auf jedem Kontinent bekannt.
Noch was im Kreis Steinburg mit internationaler Bedeutung: Der Nord-Ostsee-Kanal. Von Wacken aus ist man in ungefähr 10 Minuten da.
Der Nord-Ostsee-Kanal ist die meistbefahrene Wasserstraße der Welt. Er macht die Gegend wunderbar langsam; grad mal 75 km von Hamburg entfernt. Am Anleger halten, auf die nächste Fähre warten, übersetzen. Das kostet übrigens nichts. Nicht mal Zeit. Denn jede Minute, die man am Kanal verbringt, ist bestens investiert. Auch das haben wir erst vor etwa drei Jahren entdeckt. Davor haben wir höchstens mal von den Hochbrücken runtergeguckt.
Es ist toll da unten am Kanal. Ein Welt für sich. Spazieren kann man stundenlang. An vielen Fährstellen gibt’s die Möglichkeit zur Einkehr. Von ganz einfach bis ganz schick. Eine gute Mischung findet man im Kanal 33 bei Hohenhörn.
Sonne im Gesicht. Galloway-Bratwurst auf dem Teller. Schiffe vor der Nase. Wollen wir noch weiter? Nö. Hier bleiben wir sitzen. Und gucken rüber nach Steinburg. Feines Plätzchen. Gutes Leben. Sollte man öfter machen.
Nee, wat war das schön mit unserer kleinen, lauten Familie. Die Fotos sind mal wieder galaktisch. Bewerbt Euch doch mal bei der Landlust!
Ich sags ja: Ein Hoch auf die Jubilarin!
Wenn die kleine laute Familie sich an so einem Ort der Ruhe trifft, passt ja alles.
Da wird man ja automatisch still.
Ich fand es großartig und mein Gatte auch. Und wir wohnen so nah dran, daß wir
gut mal zum Kaffeetrinken hinfahren können. Freue mich schon auf das nächste Mal.
Ich finde die Bokel-Mühle auch ideal mit Hund. Schön um den See und dann draußen Kaffee. Grüß mal; Steffi
Du sprichst mir häufig aus der Seele, liebe Stefanie. Und die Aufnahmen sind wieder mal traumhaft. Diese Farben, diese Atmosphäre… Am allerschönsten finde ich das Foto mit dem landenden Schwan. Oder das mit dem Schiff, das durch den Biergarten fährt? Ich kann mich einfach nicht entscheiden!
Schönes Wochenende!
Martina
Vielen Dank, Martina. Der Schwan war echt ein Glückstreffer. Für das Schiff im Biergarten braucht man hingegen nur Zeit. (Man wird vermutlich auch nicht ärgerlich, wenn es ein-zwei Stunden dauert mit dem Bild). Liebe Grüße, liebe Grüße.
Liebe Stefanie,
wie schön du meine alte Nachbar-Heimat (Brunsbüttel gehört ja schon zu Dithmarschen und nicht mehr zu Steinburg) präsentierst und wie liebevoll du sie beschreibst = schön, wie immer! 🙂
Und ich oute mich: ich war noch nie in Wacken – weder zum Festival noch mal einfach nur so.
Das Foto mit dem Schiff, das durch den Biergarten fährt, erinnert mich an das früher so alltägliche Bild für mich, wenn die Schiffe in Brunsbüttel über die Koogstraße fahren (= wenn ein großes Schiff vom Kanal in die Schleusen fährt, sieht es so aus, als würde das Schiff über die Koogstraße fahren :-))
Ein schönes Wochenende für euch.
Liebe Grüße
Eva
He He He. Wir sind auch keine Metalheads. Man muss auch nicht unbedingt nach Wacken 🙂 Ist ein ganz normales Dorf. Plus der Wacken-Store. Ich fand´s trotzdem witzig, mir vor Ort vorzustellen, was beim W:O:A abgeht. Eigentlich zu skurill, um wahr zu sein. Schönes Wochenende auch für Euch, Stefanie
Wow, wieder mal ein super schöner Bericht der große Lust auf mehr macht! Das Hotel habe ich mir jedenfalls gleich abgespeichert, vielleicht lässt sich da ja mal was zum Hochzeitstag machen! 😉
Einen Ausflug zum Kanal steht eh schon lange auf meiner Wunschliste, vielen Dank für den tollen Bericht und die wahnsinnig schönen Fotos!!
Liebe Grüße
Ingrid
Hallo Ingrid; für den Hochzeitstag finde ich die Bokel-Mühle auf jeden Fall richtig. Es ist nicht nur sehr schön da; sondern auch sehr entspannt. Man fühlt sich einfach wohl. Liebe Grüße in die Rosenstadt, Stefanie
Liebe Stefanie, im Westen der Südinsel Neuseelands am Cape Foulwind steht ein Wegweiser-Schild mit gaaaanz vielen Städtenamen. Und weißt Du welches dabei ist? Hamburg 18.123 km!! 🙂 Das Bild gehört zu dem Satz, den ich gerade entwickle.Noch ein sonniges WE. LG Simone
Ach was?! Vermutlich eine Skurilität 🙂
Ne, die Kiwis lieben solche Hinweisschilder mit Ortsnamen. Die stehen bevorzugt an exponierten Stellen wie am südlichsten oder nördlichsten Punkt der Inseln. Zwar war Hannover nicht dabei , aber ich freute mich sehr als ich Hamburg entdeckte.
Liebe Steffi,
dank Deiner Texte und wunderschönen Aufnahmen haben wir uns den heutigen wettermäßig
miserablen Sonntag so richtig schön gemacht. Dieser Rückblick auf die schönen Tage in
Bokel, noch dazu mit lieben Menschen, ist so wohltuend. Wir freuen uns sooo auf das
nächste Treffen im April 2017!! Same date, same place, same people.
Danke, liebe Reni und natürlich DANKE, liebe Steffi, für die traumhaften Fotos.
Anke und Jupp
Den blog vom August 2015 haben wir uns auch gleich einverleibt!
Miserabel, Du sagst es, Anke. In Hamburg hat´s geschneit. Bodenlose Frechenheit. Was hatten wir für ein Glück mit dem Wetter in Bokel. Kommt gut in die Woche, Ihr 2. Und liebe Grüße zurück, Steffi
Dein Bericht übermittelt wirklich wunderbare Eindrücke vom Einzug des Frühlings dort im Kreis Steinburg und der überaus entspannten Atmosphäre an Bokel-Mühle und See.Traumhafte Fotos dazu, ich bin hin und weg!
Wir hatten dort vor Jahren auch einmal eine Familienfeier mitten im Sommer, ich weiß noch, dass wir es uns dort auch alle sehr gutgehen lassen haben. Etwas anders ist es in meiner Erinnerung haften geblieben, vermutlich hat sich danach an der Gestaltung draußen ein bisschen geändert. Oder mein Gedächtnis lässt mich gerade im Stich. ^^ Die Zimmer gefallen mir sehr. Die Einrichtung dort kannte ich gar nicht, da wir damals nicht übernachteten, also keine Hotelgäste waren.
Danke für den herrlichen Beitrag! Ich bin auch schwer beeindruckt von der Aufnahme deines landenden Schwans!
LG Michèle
Liebe Michèle, Deine Erinnerungen sind bestimmt richtig. Die Bokel-Mühle wird seit einiger Zeit so nach und nach zu einem kleinen Diamanten poliert. Es ist wohl einiges passiert; auf ganz behutsame Weise. Vielen Dank für´s Vorbeischauen. Und einen lieben Gruß, Stefanie
Glückwunsch zu Eurem Glückstreffer. Das Foto vom landenden Schwan ist wirklich traumhaft schön. Ulrike
Danke 🙂
Hach, ist das wieder schön…