Zu den (zugegeben überschaubaren) Hamburger Februarfreuden gehören zart- bis knallblaue Tage, an denen die Dampfer nach Finkenwerder ausnahmsweise mal nicht vor Ausflugsreisenden überquellen.
So ist das wochentags um 10.00 Uhr, wenn alle Hamburger bereits arbeiten, während alle Gäste noch im Hotel beim Frühstück sitzen.
Von den Landungsbrücken nach Finkenwerder
Der Stadtteil Finkenwerder liegt auf der südlichen Elbseite. Rüber gehts mit den Hadag-Schiffen der Linie 62. Exakt eine halbe Stunde dauert das ab der Landungsbrücke 3. Da Hafenfähren zu den Öffis gehören, ist die Passage nur ein HVV-Ticket teuer.
Der Dampfer hält an den Stationen Fischmarkt, Dockland und Neumühlen. Hamburgbesucher können dabei schon mal einen Blick auf den weiteren Sightseeing-Verlauf werfen, denn das sind die klassischen must-sees an der Elbe.
Hamburger befassen sich spätens ab Oevelgönne mit der Frage: Wieso mache ich das eigentlich nicht häufiger?
An wundervollen Orten frage ich mich oft, wie es sich wohl anfühlt, dort zu leben. Für St. Pauli kann ich sagen: schon schön, aber natürlich auch ganz normal.
Auch wer in der Nähe der Landungsbrücken lebt, füllt seinen Tag mit total banalen Dingen und nimmt viel zu selten den Dampfer, um in Finkenwerder spazieren zu gehen. Jedenfalls ich.
Ankunft in Finkenwerder
Kennst Du das:
Diese Tage, an denen man um die Schule drum rum kam, weil man seinen Eltern erfolgreich eine schwere Erkrankung vorschwindeln konnte (obwohl es einem doch eigentlich ganz gut ging)?! Und wenn man dann raus ging und die eigene Straße einem vollkommen ungewohnt vorkam. So still und ganz ohne Kinder.
So in etwa ist Finkenwerder: Rotklinker und Vogelgezwitscher und ein Gefühl von Kleinstadtkindheit.
Hält man sich am Anleger rechts, gelangt man nach kurzen Schlenker über den Fockweg in den Gorch-Fock-Park. Bei Hamburgs schönstem Schwimmbad mit Elbblick beginnt ein Spazierweg, der 6 km an der Wasserkante entlangführt.
Überhaupt der Elbblick: Der ist in Finkerwerder besser als der an der Elbchaussee. Denn man schaut ja auf die Elbhöhen und die Villen und Parks von Othmarschen bis Nienstedten. Außerdem läuft man weitab der Straßen. D.h. man hört keine Autos. Nur Schiffsmotoren.
Am Steendiekkanal
Am Steendiekkanal mit seinen ausgemusterten Passagierschiffen, Fischerbooten und Ausflugsdampfern füttert ein alter Mann Möwen mit Brot. Die gut gefüllte Plastiktüte sieht aus wie 1.000 Mal verwendet. Er tippt sich an die Prinz-Heinrich-Mütze, als ich zu ihm auf den Ponton komme. Ganz Hanseat.
Auf der anderen Seite des Kanals liegt – direkt neben dem Airbus-Gelände – der Rüschpark. An der gleichnamigen Anlegestelle hält die Linie 63, die zwischen Finkenwerder und Teufelsbrück pendelt. Falls man nicht scharf auf Spaziergänge ist oder mit Kinder unterwegs, eine gute Variante.
Früher befand sich auf dem Gelände die Deutsche Werft. Ein klassisches Kriegsgewinnler-Unternehmen, das für den U-Bootbau Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge einsetzte.
Seit 1996 befinden sich Gedenkstätten auf dem ehemaligen Werksgelände. Dort erfährt man zum Beispiel, dass die Rotklinkerziegel aus denen ganz Finkenwerder zu bestehen scheint, von Inhaftierten des KZ-Neuengamme gebrannt wurden (von denen mindestens 50.000 starben).
Als die Deutsche Werft 1973 geschlossen wurde, wurden die Anlagen in den neu angelegten Rüschpark miteinbezogen. Die ehemaligen Schiffsbauplätze etwa ragen wie Aussichtsplattformen in die Elbe hinein.
Fink II war der Tarnname des U-Boot-Bunkers, der 2006 zu einem Mahnmal umgestaltet wurde.
Abgesehen von Airbus-Mitarbeitern, die zielgerichtet vom Anleger zum Arbeitsplatz marschieren, ist vormittags nicht besonders viel los im Rüschpark. Lediglich ein paar Männer mit Monster-Objektiven betreiben synchrones Plane- and Ship-Spotting.
Bisschen seltsam wirkt das Hotel Rilano. Obwohl es wahrscheinlich gar nicht seltsam ist. Sondern supergut gelegen, falls man einen Geschäftstermin bei Airbus hat. Wie man sieht, nimmt das Hotel dem hauseigenen Beach-Club am Vormittag die Sonne. Im Sommer stehen hier Strandkörbe – aber leider ist der Beach-Club nur am Wochenende geöffnet.
Den Abschluss der Rüschhalbinsel bildet der Aussichtsturm, auf den man logischerweise rauf muss.
Wenn der Blick von Blankenese nach St. Pauli wandert, fragt man sich zum 1.000sten Mal, wieso man sowas eigentlich nicht öfter macht. Praktischerweise sieht man von hier auch, wann die Fähre in Teufelsbrück ablegt. Dann bleibt exakt genügend Zeit, um sie am Anleger Rüschpark zu erwischen.
Was ich ziemich interessant fand: Dreieinhalb Stunden nachdem ich an diesem Morgen aufgebrochen war, saß ich wieder am Schreibtisch. Da mir nun die Zeit zum Prokastinieren fehlte, arbeitete ich einfach effektiv – und habe genauso viel geschafft wie üblicherweise.
So, so. Was Du heute kannst besorgen, prokastiniere nicht auf morgen. Again what learned today.
Never too late to teach an old dog new tricks.
Danke für diesen wundervollen Spaziergang samt der tollen Fotos und Erklärungen. Ich weiß schon, weshalb Hamburg und Umgebung, die für mich schönste Gegend ist.
LG Gaby
Ich freue mich, Gaby. Danke für das Kompliment. Liebe Grüße aus Deiner Lieblingsgegend, Stefanie
Moin Stefanie,
ha ha… schmunzel… das haben wir auch schon gemacht und es war einfach cool. 😉
Liebe Grüße,
Claudia
Huch, jetzt habe ich Dir und Kati gerade per e-Mail geantwortet. Eigentlich wollte ich ja hier geschrieben haben, dass mir schon klar war, dass das da drüben Eure Sache ist 🙂
Liebe Stefanie, vielen Dank für den kleinen Ausflug und die wunderschönen Bilder. Die Strecke nach Finkenwerder mit der fähre ist auch meine Liebkingsroute, und du hast recht: Warum macht man das eigentlich nicht viel öfter? 😉 Liebe Grüße Kati
Und auch für Dich noch einmal hier (statt per Mail): Hamburger müssen spontan sein (das sollten alle Arbeitgeber unterstützen) 🙂
Danke, dass Du uns auf diesen wundervollen Spaziergang mitgenommen hast. Nicht umsonst möchten die meisten Menschen in Hamburg leben. Ich liebe Hamburg und komme so oft es geht mal in die Stadt. Als wir eine Hafenrundfahrt machten im letzten Jahr, sagte man uns, wir sollten beim nächsten Mal unbedingt mal mit der Fähre nach Finkenwerder – das steht nun auf unserem Plan fürs Frühjahr. Danke, dass wir schon einmal einen kleinen Ein- und Ausblick bekamen <3
Mensch, ich bin tüddelig heute. Hab ja wohl auch Dir gemailt? (Das kommt, weil ich gleich Richtung Lübeck fahre…). Liebe Grüße
Ein schöner Reisebericht, geradezu einladend!
(Musste ich gleich auf meiner fb-Seite veröffentlichen.)
Hej, das ist ja nett! Vielen Dank.
Naja auf Finkenwerder zu wohnen ist schon toll. Aber auch irgendwie normal. Ich hab es schon sehr geliebt, weisst Du ja. Toll ist auch die Nähe zum Alten Land. Und dass die Leute da tatsächlich noch Platt schnacken. Also zumindest die älteren…Nächstes Mal musst Du mal rüber auf die Lüneburger Siet, am besten wenn die Obstbäume blühen. Weg kann ich Dir beschreiben…LG!
Ehrlich gesagt, hoffe ich auf einen Insider-Blogbeitrag über Finkenwerder…(Stöckchen)
Einfach nur schön, schön, schön! Super Fotos. Und dieser blaue Himmel! Wird wohl langsam Zeit, dass wir zurückkommen, die Sehnsucht nach Hamburg wächst. Auf Gran Canaria ist heute übrigens Schietwetter.
Liebe Grüße, Martina
In Hamburg gestern auch 🙂 Und vorgestern. Und die Prognose für die nächsten 7 Tage sieht auch nicht so toll aus. Insofern brauchst Du keine Eile zu haben. Liebe Grüße.
Das sind ja traumhaft schöne Bilder und aus Erfahrung kann ich sagen, dass das Rilano Hotel tatsächlich nicht seltsam ist – zumindest, wenn man auf der Elbseite residiert, die Zimmer mit Blick auf den Parkplatz ist eher schnöde. Außerdem muss man muss auch gar nicht zu Airbus, ein Termin beim Elbtunnel Südportal ist auch ein ausreichender Grund 🙂
Interessant. Wahrscheinlich wäre es auch gar nicht schlecht für Touristen…. Liebe Grüße, Stefanie
Moin Stefanie, ich habe mich über Deine Geschichte mit Finkenwerder so gefreut, daß ich mir beinahe ein Ticket gekauft hätte, um vom Niederrhein ‚auf Finkwarder‘ zu fahren. Nun selbst ein Quitscher, schaue ich immer wieder gerne mal in meiner alten Heimat vorbei. Ich wünsche Dir einen schönen Sonntag. Liebe Grüße Erdi.
Lieber Erdi, auf das Kompliment bin ich stolz. Grüße in den wilden Westen; Stefanie
Hallo Stefanie,
diese 3,5 Std. haben mir sehr gut gefallen. Das ist mal ein komplett anderer Weg durch HH. Vielleicht habe ich im Herbst die Zeit dazu, wenn ich evtl. beruflich wieder in Hamburg bin. Der Artikel und die Bilder haben mir so gut gefallen, dass ich sie bei FB gepostet habe 🙂
LG
Iris
Vielen Dank, Iris, darüber freuen wir uns sehr. Hoffen wir auf einen goldenen Herbsttag, wenn Du den Spaziergang antrittst (er tut bestimmt gut nach einem anstrengenden Arbeitstag). Liebe Grüße, Stefanie
[…] 62. Womit ich nichts gegen den HVV sagen will. Im Gegenteil. Es lohnt sich absolut, die Fähre nach Finkenwerder zu nehmen, um zum Rüschpark zu […]
[…] Grüne Ring endet mit einem kleinen Sahnestückchen. Dicht an der Elbe geht es über den Gorch-Fock-Park zum Rüschpark; definitiv ein empfehlenswerter Spaziergang. Er lohnt sich auch für diejenigen, die sich nicht in den Kopf gesetzt haben, einmal um Hamburg […]
[…] überfordert ist und dann doch nur wieder mit der Herde um die Alster latscht. Ich kann wärmstens Finkenwerder und Wilhelmsburg […]
Moin Stefanie, beim NDR gibt´ ne schöne und interessante Doku über den Stadtteil Fnkenwerder: https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/die_nordstory/Zwischen-Hafenindustrie-und-Naturparadies,sendung815860.html