Zu einer Syltreise gehört ein Ausflug zum Ellenbogen. Der obere Haken der Insel, den man ja zumindest der Form nach von Autoaufklebern kennt, ist der nördlichste Fleck Deutschlands. Für uns ist er auch der Schönste. Aber das ist natürlich Geschmacksache.
Dieses Jahr hat uns das Wetter echt umgehauen. Dass man an einem Tag vier Jahreszeiten erleben kann, wussten wir. Aber Sylt kriegt es auch im Viertelstundentakt hin. Darum der Hinweis – die Fotos sind nicht bearbeitet. Es sah wirklich genau so (unterschiedlich) aus.
Um 11.00 Uhr kann sich der Tag noch immer nicht entscheiden, ob er der strahlendste oder düsterste unseres Urlaubs werden will. Also ist er einfach beides. Zur gleichen Zeit.
Wir entscheiden uns, ausnahmsweise mit dem Auto zum Ellenbogen zu fahren. Das Wetter ist einfach unberechenbar heute und am Ellenbogen gibts keine Einkehrmöglichkeit.
(Kleiner Exkurs: Eigentlich ist es schöner, den Ellenbogen zu Fuß zu umrunden. Die meisten Wanderführer empfehlen, in List zu starten. Aus dramaturgischen Gründen gehen wir allerdings lieber am Weststand los. Parken kann man an der Weststrandhalle, direkt beim Ellenbogenberg. Von dort hat man auch schon mal einen guten Überblick, was einen so auf der (ich schätze jetzt) 16 km langen Strecke erwartet.)
Autofahrer müssen für die Panoramastraße 5 Euro Maut zahlen. Es handelt sich nämlich um eine Privatstraße. Fahrradfahrer dürfen sie umsonst nutzen. Fußgänger sowieso. (Wir auch – trotz Auto. Es ist eben keine Saison. Beinahe alles auf der Insel ist geschlossen. So auch das Kassenhäuschen am Ellenbogen).
Auf der gesamten Halbinsel gilt für Hunde Leinenzwang. Der Ellenbogen ist Vogel- und Naturschutzgebiet und ganzjährig fest in der Hand den Hufen der freilebenden Schafe.
Auf dem Ellenbogen befinden sich gleich zwei Leuchtfeuer: Der kleinere Leuchtturm List West …
… und 3 km weiter der größere Leuchtturm List Ost. Wo ja bekanntlich die Sonne aufgeht.
Von dort aus ist es nicht mehr weit bis zum Parkplatz am Ellenbogenende. Hinter dieser Dünenwiese liegt der nördlichste Punkt Deutschlands.
Sylt kommt ohne viele Zäune und Verbote aus. Hier muss man ausnahmsweise außen herum gehen. Ist sowieso cooler.
Habt Ihr schon vom Seesternsterben gelesen? Aus irgendeinem Grund – die Stürme, ein Virus, keiner weiß es genau – werden zur Zeit tausende toter Seesterne auf Sylt angeschwemmt. Die Möwen freut´s.
Ein bizarrer Anblick. Es wirkt wie inszeniert. Man vergisst beinahe (aber eben nur beinahe) dass es Lebewesen sind. Dazu noch der Himmel, der jetzt auf ganz großes Kino macht. Es ist irreal schön.
Wir sind mal wieder vollkommen allein. Wir könnten uns genauso gut auf einem fremden Planeten befinden. Oder in einer anderen Zeit.
Die Errichtung der Buhnen am Ellenbogen war keine so gute Idee. Durch Korrosion und Sandschliff wurden sie erst brüchig, verschoben sich dann und sorgten so für die typisch Sägezahn-Optik des Strandes. Verlieren Buhnen erst einmal die Verbindung zum Strand, beschleunigen sie den Sandabtrag.
Die Strömung ist gewaltig. Ich weiß gar nicht, ob es stimmt – aber es gibt so einen bestimmten Strudel an der Ellenbogenspitze, den ich für den nördlichsten Punkt Deutschlands halte.
Ich liebe diese Stelle. Genau wie Seevögel und Seehunde sie lieben. Die kann man hier oft dabei beobachten, wie sie sich vom Strudel tragen lassen… als würden sie Karussell fahren.
Auch immer ein guter Augenblick: Die Fähre nach Rømø passiert den Ellenbogen.
Wenn man richtig viel Glück hat, sieht man die Fähre und spielende Seehunde gleichzeitig.
Heute sehen wir 4 Seehunde.
Wir beobachten sie so lange, bis dis dunkelsten Wolken über uns hinweg gezogen sind – dann laufen wir den Oststrand hinunter zum Königshafen.
Der Königshafen ist eigentlich eine Bucht, in der sich früher einmal ein Hafen befand. Er wurde aufgegeben, als die Bucht Mitte des 18. Jahrhunderts zu versanden begann. Heute fällt bei Ebbe etwa 3/4 des Königshafens trocken. Auf relativ engem Raum finden sich viele geschützte Lebensgemeinschaften des Wattenmeers (Pflanzen, Vögel, Seehunde etc.). Mit Ausnahme eines begrenzten Surfergebiets darf der Königshafen auch bei Ebbe nicht betreten werden.
Die Stimmung am Königshafen hat etwas sehr Friedliches nach der stürmischen Brandungsseite. Es ist windstill und die Sonne wärmt. Es duftet nach Gras und Algen. Verzeinzelt hören wir Seevögel rufen.
Wie wir am Horizont sehen, regnet es gerade bei unserem Ferienhaus.
Also bleiben wir noch eine Weile. Wir können sowieso nicht genug kriegen vom Ellenbogen.
PS.: In dem Haus ganz rechts liegen die nördlichsten Ferienwohnungen des Landes. Irgendwann wollen wir da mal hin.
Das weiß ich nicht, ob ich das erlauben kann!
Ist ja immer wieder interessant Deinen Blog zu lesen, ich bildete mir immer ein, ganz schön viel von Sylt zu wissen, und bin dann immer wieder erstaunt, dass Du immer wieder was Neues für mich hast.
Liebe Grüße
Mari
Machen wir natürlich nur, wenn Ihr auch auf der Insel seid. Dann laden wir Euch zum Grillen in die Wildnis ein.
so schön.
Ich glaube, ich habe Sylt diesen Facetten-Reichtum gar nicht zugetraut. Scheint eine Reise wert!
Aber unbedingt. Vielleicht beim nächsten Geburtstag mit ein bisschen mehr Vorlauf zur Planung?! 😉
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Toll!
🙂
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