Heute reicht es bei mir zeitlich nur für einen kleinen Spaziergang zwischendurch. Er führt auf die Halbinsel Holnis, die sich 20 Kilometer nördlich von Flensburg lang und schmal in die Förde streckt. So wird ein Rundweg möglich, der meistenteils am Strand entlangläuft. Dabei nähert man sich der dänischen Küste auf 1.700 Meter. Man glaubt, nach Broager rüberspucken zu können.
Um die Spitze von Holnis führt der „Theodor-Fontane-Wanderweg“; Fontane war in der Gegend als Kriegsberichterstatter unterwegs und erwähnt Holnis in seinem Roman „Unwiederbringlich“.
Man muss dem Theodor-Fontane-Weg aber nicht in seiner gesamten Länge folgen. Das Naturschutzgebiet Holnis ist von Wegen und Trampelpfaden durchzogen, so dass man den Spaziergang seinen Möglichkeiten anpassen kann. Denn das ist ja – neben vielen anderen Vorteilen – das Gute am Spazieren: Man bestimmt Anfang und Ende und das Dazwischen selbst.
Und auch wenn man sich manchmal aufraffen muss, klopft man sich hinterher meistens auf die Schulter. Oder ist zumindest zufrieden. Jedenfalls sagt selten mal jemand: „Ich bereue, dass ich heute einen Spaziergang gemacht habe.“ Und schon der Philosoph Michel de Montaigne wusste: „Mein Geist geht nicht voran, wenn ihn nicht meine Beine in Bewegung setzen.“
Die Kunst des Spazierens
In einigen Ländern gilt Spazieren als Zeitverschwendung. In anderen quasi als Kulturgut. In Deutschland etwa reicht die Tradition des Spazierens bis ins 18. Jahrhundert zurück. Das Bildungsbürgertum ahmte damit zunächst den Adel und dessen Promenieren in Lustgärten nach, begann dann aber bald selbst die Natur zu genießen, wahrzunehmen – und das spiegelte sich in der Kunst wieder.
Der passionierte Wanderer und Dichter Johann Gottfried Seume formulierte in seinem Spaziergang nach Syrakus : „Wer geht, sieht im Durchschnitt anthropologisch und kosmisch mehr, als wer fährt.“
„Kosmisch sehen“ ist ja auch so eine Formulierung über die man lange nachdenken kann. Was beim Spazieren bestens funktioniert. Ich habe leider nie den Bogen rausgekriegt, wie man meditiert. Selbst nicht als ich mal in einem Ashram in Indien war. Doch vielleicht ist Spazieren eine europäische Variante?!
Ich funktioniere da wie Pawlows Hund. Sobald ich gehe, gehen auch meine Gedanken. Im Gegensatz zum Rumsitzen, bei dem ich eher zum Grübeln neige. Besser sagt es der Schriftsteller Jean-Jacques Rousseau: „Im Wandern liegt etwas meine Gedanken Anfeuerndes und Belebendes, mein Körper muss in Bewegung sein, wenn es mein Geist sein soll.“
Spaziergänger befinden sich in guter Gesellschaft
Für viele große Künstler stellt das Zu-Fuß-Gehen ein wichtiges Ritual dar. Friedrich Nietzsche etwa galt als ausdauernder Spaziergänger. Ludwig van Beethoven pflegte immer nach dem Mittagessen einen längeren Spaziergang zu unternehmen, zu dem er auch Papier und Stift mitnahm. Charles Dickens wanderte am Nachmittag regelmäßig bis zu drei Stunden an der frischen Luft. Sören Kierkegaard kehrte von seinen Spaziergängen derart beseelt zurück, dass er sich gleich mit Hut, Spazierstock und Regenschirm an den Schreibtisch setzte und los schrieb.
Nebenbei bemerkt finde ich Spazieren im Nieselregen besser als in Gluthitze. So gesehen ist der Sommer 2015 bisher ein hervorragender Sommer. Ist eben immer alles eine Sache der Perspektive. Und zum Perspektivwechsel eignet sich kaum etwas so gut wie ein Spaziergang.
Na, denn man to: Wegbeschreibungen
Also, ich kann mich sehr gut an einen Spaziergang auf Hiddensee erinnern, den zumindest drei von uns vieren bereut haben,,,remember?
HaHaHa. Also, da hast Du natürlich Recht 🙂
In Wirklichkeit möchte niemand diesen wunderbaren Spaziergang am Wasser missen.
In Kappeln wurde der Film „Unwiederbringlich“ gedreht. Unsere Mutter hatte leider nicht die Hauptrolle, aber sie war als Statistin mit dabei. Ich glaube, davon gibt es auch noch Fotos mit Alexander Kerat in der Hauptrolle.
Hatte ich alles vergessen, das ist nun durch diesen Artikel wieder hochgekommen.
Nun kann ich mir Holnis vorstellen, da muß ich auch noch hin.
Kuss Mari
„Mein Geist geht nicht voran, wenn ihn nicht meine Beine in Bewegung setzen.“
Oder um es weniger philosophisch, ja schlichter zu formulieren: „Wer rastet, der rostet.“ Aber in so philosophischen Worten klingt das natürlich viel schöner. 🙂
Den Satz merke ich mir!
Liebe Grüße,
Nicole
Den Sazt hat er sicher beim Gehen gefunden. :-9
Bestimmt! 😀 Da hat man ja oftmals die besten Ideen.
Der Darsteller hieß Alexander Kerst, das interessiert wahrscheinlich niemanden
Ja, wenn man Alexander Kerst kennen würde…
Ich hätte da noch einen Klassiker:
Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen.
(Johann der Wolfgang vom Goethe)
Das ist auch was Wahres dran, finde ich. Man nimmt einfach mehr wahr. Alle Verkehrsmittel – selbst das Fahrrad – sind für die kleinen Dinge zu schnell.
Das mit dem Fahrrad wollte ich auch schon schreiben. Ich sehe das hier auf dem Saaleradweg. Das ist manchmal geradezu rasende Ignoranz.
Doch Tamara, mich interessiert es, denn mir kam doch dieser Titel so bekannt vor. Nun hast du mich daran erinnert, daß Mutti ja damals im schwarzen Reifrock mit Haube neben Alexander Kerst stand und ein gute Figur in dem Film machte. Das ist aber so lange her, daß bestimmt keiner mehr diesen Schauspieler kennt.
Reni, es kann einem jeder wunderschöne Spaziergang vermiest werden, wenn man die falschen Schuhe anhat auf einem sehr steinigen Weg. Ansonsten könnte man ihn durchaus weiterempfehlen, aber der Geist kam auch dadurch einfach nicht zur Ruhe.
Meditieren finde ich auch schwierig. Ich hab’s mal in der Türkei versucht, war aber immer abgelenkt. Und die Umgebung zu schön! Der Mensch ist halt ein Lauftier. Sag mal, Stefanie, ich suche hier gerade deine Email und finde sie nicht, daher auf diesem Wege: Hast du einen Lieblingsplatz am Meer? Liebe Grüße, Elke
Hej Elke; schwere Frage. Meinst Du in Deutschland oder weltweit? Darüber könnte ich den ganzen Tag meditieren 🙂 Bei uns im Dreh würde ich spontan den Weststrand von Sylt nennen; konkret an der Strandsauna Listland. Und Du? Bist ja sicher gerade am Meer! Grüße dahin, Stefanie (post@indernaehebleiben.de)
[…] indernaehebleiben: von der kunst des spazierens auf der halbinsel holnis […]
[…] noch herrlicher. Ursprünglicher. Und ich wusste ja, dass jenseits von Schausende die wunderbare Halbinsel Holnis […]
[…] ich das letzte Mal über Holnis streifte, habe ich sehr häufig gelesen, auf der Halbinsel sei viel zu viel los. Ich hatte schon […]
[…] der Fontane-Wanderweg hat es mir angetan. Wie überall an der Flensburger Förde kann man ganz easy der Ausschilderung […]
[…] so gut wie alle meine Lieblingsorte regelmäßig von Ostseehochwassern betroffen sein. Etwa Holnis, Habernis, die Geltinger Birk, Maasholm und natürlich […]
Danke für die schönen Zitate zum Spazierengehen!
Danke für´s Vorbeischlendern 😉