Vorvorgestern Abend ließ ich mir an Deck des Fischbratkutters Elke in Heikendorf die Sonne ins Gesicht scheinen und blieb vollkommen lässig, als Volko aus der Kombüse kam und mit seltsamen Lächeln etwas sagte wie „also, Duuuuu hättest da unten wahrscheinlich nichts bestellt“. Normalerweise bin ich mit Essen heikel – besonders mit Fisch. Aber wenn die Sonne scheint und die Förde glitzert und nichts zu hören ist als Möwenschreie und Taue, die gegen Fahnenmasten schlagen, dann mag ich mir wegen Detailfragen keine grauen Haare wachsen lassen. Ich trage derzeit lieber den Farbton sommerverwöhntes Aschblond.
Wir waren am späten Nachmittag endlich mal wieder in Kiel angekommen und hatten maximale Lust auf Abendsonne. Daher wählten wir unter den unendlichen Kieler Möglichkeiten den Heikendorfer Ortsteil Möltenort am Ostufer der Kieler Förde. Das Seebad gehört nicht zur Landeshauptstadt, ist aber mit der Kieler Schlepp- und Fährgesellschaft flugs von der City zu erreichen und bietet alles, was man für einen wunderbaren Feierabend so benötigt.
Gleich neben dem Fähranleger schmiegt sich ein kurtaxenfreier kleiner Strand an die Promenade und die Stimmung ist wunderbar relaxed. Ein bisschen wie in den späten 70er Jahren. (Das schreibe ich in Schleswig-Holstein sehr oft. Allmählich halte ich für möglich, dass ich da etwas verwechsle. Vielleicht ist das, was ich immer wieder als Zeitreise empfinde, einfach nur typisch Schleswig-Holstein?!)
Bekannt ist Möltenort vor allen Dingen wegen des U-Boot-Ehrenmals aus den 1930er Jahren; ein 5 m großer Seeadler auf 15 m hohem Sockel auf der Möltenorter Schanze direkt an der Förde.
Von der Promenade nicht einsehbar ist ein bogenförmiger Rundgang mit Bronzetafeln auf denen die Namen gefallener Marinesoldaten verewigt sind. Im 1. Weltkrieg wurden beinahe 5.000 Männer mitsamt der U-Boote ins Nirwana gebombt – im 2. exakt 30.003 (in Worten: dreißigtausendunddrei Menschen). Eine monströse Zahl, über die ich schon aus klaustrophobischen Gründen nicht nachdenken mag. Sollte man aber ab und zu mal. Sollte man.
Direkt um´s Eck liegt der Hauptbadestrand, eine perfekte kleine Bucht, die sofort verstehen lässt, warum sich in Heikendorf seit den 1920er Jahren jede Menge Künstler niederließen. Heute lässt der Strand vermutlich das Herz jeder Brigitte-Redakteurin hüpfen.
Hier ahnt man auch tatsächlich mal, dass man sich in direkter Nähe zu einer Großstadt befindet. Vom Eiswagen bis zum Kleinen Strandhaus gibt sich die Gastronomie lässig durchgestylt wie sonst nur im Magazin Landlust.
Allerdings ist auch jede Menge los. Zum Rumschlendern ist Heikendorf prima. Für´s Strandvergnügen mir persönlich zu voll. Und daher gingen wir eben über den herrlichen Uferweg zurück…
… zum herrlichen Strandweg, wo nichts frauenzeitschriftenmäßig inszeniert scheint. Schon gar nicht die Gastronomie. Und schon überhaupt gar nicht der Fischbratkutter Elke. Der ist mehr brand eins.
Allerdings: Wer auf Weltreisen am liebsten typische kleine Garküchen oder entlegene Tavernen aufsucht, ist auf der Möltenorter Elke gar nicht schlecht aufgehoben. Da muss man nur mal locals fragen. Etwa Käptn Muddi vom Blog Kiel am Nil. Oder selber ein typisches Kinderessen bestellen; wie Bratfisch.
Jedenfalls: Ich saß da auf dem Kutter sehr glücklich und zufrieden mit dem Fähranleger im Blick. Nähert sich die Fähre vom gegenüberliegenden Falckensteiner Strand, bleibt genügend Zeit, um zu zahlen und sich auf den Weg zu machen. Bis das Schiff anlegt, hat man sogar noch ein paar Minuten zum Nachdenken. Zum Beispiel darüber, wie Hans Christian Andersen wohl auf das Märchen vom hässlichen Entlein kam. Denn etwas Süßeres als Schwanenbabys kann es doch kaum geben.
Ist eben immer alles Geschmacksache. Unseren Geschmack trifft in Heikendorf übrigens der Ortsteil Kitzeberg sowas von auf den Punkt, dass wir uns kaum einkriegen konnten. Aber das haben wir erst vorgestern entdeckt. Davon dann demnächst mal mehr.
Heikendorf finde ich auch so schön! Sehr entspanntimanti ist auch ein aperol spritz im Strandkorb vom Strandhotel Seeblick genossen. Desgleichen die wunderschönen Zimmer dort, mit, wie der Name schon sagt, Seeblick ?
Ach, war das da, wo Ihr den Fleischsalat beim Frühstück extra zahlen musstet und er in einem Gefäss „kleiner als ein Fingerhut; und zwar wesentlich kleiner“ (O-Ton Tamara) serviert wurde?
Das hatte ich längst vergessen, woran Du Dich immer alles erinnern kannst???Aber das war zwar in Heikendorf, aber nicht im Strandhotel wenn ich mich richtig erinnere?
In Heikendorf sind wir dieses Frühjahr gewesen und haben Freunde besucht, die das Glück haben, dort zu wohnen. Und damit nicht genug: ihr Schiff liegt auch noch direkt vor der Tür, im Hafen Möltenort. Mehr geht nicht. Genau wie Ihr haben uns sehr wohlgefühlt.
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende, Martina
Das ist allerdings ein Kracher. Da zu leben, könnte ich mir auch vorstellen (wenn es St. Pauli nicht gäbe ;-))
Es gibt nur sehr wenige Blogs, denen ich folge. Deiner ist einer der wenigen. Warum? Du hast die seltene Gabe, die zauberhaftesten Ecken Schleswig Holsteins aufzuspüren und so treffend zu beschreiben. In Kombination mit der Auswahl Deiner wirklich gelungenen Fotos vermittelst Du Stimmungen, die einen neugierig machen, die von Dir beschriebenen Orte so bald wie möglich aufzusuchen und das Beschriebene selbst zu erleben. Danke. Weiter so.
Hallo Moin-Moin, das ist aber ein schönes Kompliment. Herzlichen Dank! Und liebe Grüße, Stefanie
Bratfisch ist kein Kinderessen. Pffff. 😉
Ich mag deinen Blick auf unsere Orte, du entdeckst überall die besten Seiten scheint mir.
LG Oli
[…] Fall folgen, sondern das Rad lieber ein kurzes Stück schieben und das Marine-Ehrenmal besichtigen, von dem ich neulich ja schon berichtet hatte. Genau wie von dem folgenden Strand in […]
[…] einen Lieblingsstrand zu suchen, kann in Kiel eine stressige Sache sein. Mal mindestens sollte man Heikendorf, Laboe, Falckenstein und Strande in die engere Auswahl nehmen. Aber da wären ja auch noch so viele […]